Anders würde es in einem Lande stehen, wo die für den Unterhalt der Arbeit bestimmten Fonds eine merkliche Abnahme erlitten. Da würde die Nachfrage nach Dienern und Arbeitern in allen Arten der Beschäftigung mit jedem Jahre geringer werden. Viele, die in den höheren Klassen aufgezogen waren, würden in ihrem eigentlichen Gewerbe keine Beschäftigung mehr finden und sie gern in dem niedrigsten suchen. Da nun aber die niedrigste Klasse nicht nur mit ihren eigenen Arbeitern, sondern auch mit den aus allen anderen Klassen einströmenden überfüllt wäre, so würde die Konkurrenz um Arbeit in ihr so groß werden, dass der Arbeitslohn auf den elendesten und kärglichsten Unterhalt des Arbeiters herabgedrückt würde. Selbst unter diesen harten Bedingungen würden viele keine Beschäftigung finden können, sondern entweder verhungern müssen oder sich genötigt sehen, durch Betteln oder durch Frevel der schlimmsten Art ihr Leben zu fristen. Mangel, Hunger und Sterblichkeit würde in dieser Klasse sofort um sich greifen und sich von da über alle höheren Klassen verbreiten, bis die Zahl der Einwohner so weit verringert wäre, um von dem Einkommen und Kapital, welches im Lande geblieben, und der Tyrannei oder dem Unglück, wodurch das Übrige zerstört wurde, entgangen ist, leicht erhalten werden könnte. Dies ist vielleicht so ziemlich der gegenwärtige Zustand Bengalens und einiger anderer Niederlassungen der Engländer in Ostindien. In einem fruchtbaren Lande, das zuvor sehr entvölkert gewesen war, wo mithin der Unterhalt nicht schwierig sein sollte, und wo dessen ungeachtet in einem Jahre drei bis viermal hunderttausend Menschen Hungers sterben, befinden sich, wie wir mit Sicherheit annehmen können, die für den Unterhalt der arbeitenden Armen bestimmten Fonds sehr in Abnahme. Der Unterschied zwischen dem Geiste der britischen Staatsverfassung, welche Nordamerika schützt und regiert, und demjenigen der Handelsgesellschaft, die Ostindien unterdrückt und beherrscht, kann vielleicht durch nichts besser ins Licht gestellt werden als durch den verschiedenen Zustand dieser Länder.
Der reichliche Lohn der Arbeit ist demnach ebenso wohl die notwendige Wirkung, wie das natürliche Merkmal wachsenden Nationalreichtums. Der kärgliche Unterhalt der arbeitenden Armen andererseits ist das natürliche Merkmal, dass die Dinge im Stillstand, und ihre Not, dass sie gewaltig im Rückschritt begriffen sind.
In Großbritannien scheint gegenwärtig der Arbeitslohn offenbar höher zu sein als gerade nötig ist, um eine Familie zu erhalten. Um uns über diesen Punkt zu vergewissern, wird es nicht nötig sein, eine weitläufige und zweifelhafte Berechnung der niedrigsten Summe, womit dies möglicherweise geschehen kann, anzustellen. Es sind viele klare Merkmale dafür vorhanden, dass der Arbeitslohn in diesem Lande nirgends nach seinem niedrigsten Satze, der sich mit gewöhnlicher Menschlichkeit verträgt, geregelt wird.
Erstens besteht in fast allen Teilen Großbritanniens, selbst in den niedrigsten Arten der Arbeit, ein Unterschied zwischen dem Sommer- und Winterlohn. Im Sommer ist der Lohn immer am höchsten. Allein wegen der außerordentlichen Ausgabe für Brennmaterial ist der Unterhalt einer Familie im Winter am kostspieligsten. Da nun der Arbeitslohn am höchsten ist, wenn diese Ausgabe am niedrigsten, so scheint es klar, dass er sich nicht nach dem, was zu dieser Ausgabe erforderlich ist, sondern nach der Menge und dem mutmaßlichen Werte der Arbeit richtet. Ein Arbeiter sollte allerdings einen Teil seines Sommerlohnes sparen, um seine Winterausgaben damit zu bestreiten und man kann sagen, dass sein Lohn des ganzen Jahres nicht mehr als gerade hinlänglich sei, um seine Familie während des ganzen Jahres zu unterhalten. Ein Sklave hingegen oder ein in seinem Unterhalt von uns durchaus abhängiger Mensch würde nicht so behandelt werden. Seine täglichen Lebensmittel würden ihm nach seinem täglichen Bedarf zugemessen werden.
Zweitens schwankt in Großbritannien der Arbeitslohn nicht zugleich mit dem Preise der Nahrungsmittel. Dieser ändert sich überall von Jahr zu Jahr, oft von Monat zu Monat. An vielen Orten hingegen bleibt der Geldpreis der Arbeit bisweilen ein halbes Jahrhundert hindurch sich gleich. Wenn daher der arbeitende Arme an diesen Orten seine Familie in teuren Jahren ernähren kann, so muss er in Zeiten mäßiger Fülle bequem und in Zeiten außerordentlicher Wohlfeilheit reichlich zu leben haben. Der hohe Preis der Lebensmittel während der letzten zehn Jahre war nur in wenigen Teilen des Königreichs von einer merklichen Steigerung des Geldpreises der Arbeit begleitet. In einigen Teilen war es allerdings der Fall, wahrscheinlich mehr infolge der wachsenden Nachfrage nach Arbeit als des teureren Preises der Lebensmittel.
Drittens wechselt der Preis der Lebensmittel mehr als der Arbeitslohn von Jahr zu Jahr und andererseits wechselt der Arbeitslohn mehr als der Preis der Lebensmittel von Ort zu Ort. Die Brot- und Fleischpreise sind im größten Teile des vereinigten Königreichs so ziemlich die nämlichen. Diese und die meisten anderen Dinge, welche im Kleinen verkauft werden (die Art wie der arbeitende Arme alles kauft), sind gewöhnlich in großen Städten ebenso wohlfeil oder noch wohlfeiler als in abgelegenen Gegenden, aus Gründen, die ich später zu entwickeln Gelegenheit haben werde. Dagegen ist der Arbeitslohn in einer großen Stadt und ihrer Umgegend oft um ein Viertel oder ein Fünftel, zwanzig oder fünfundzwanzig Prozent höher als wenige Meilen davon. Achtzehn Pence täglich kann als gewöhnlicher Preis der Arbeit in London und seiner Umgegend angesehen werden, wenige Meilen davon fällt er auf vierzehn und fünfzehn Pence. Zehn Pence kann als ihr Preis in Edinburgh und Umgegend gerechnet werden. Wenige Meilen davon fällt er auf acht Pence, den gewöhnlichen Preis gemeiner Arbeit im größten Teile des schottischen Tieflands, wo er viel weniger wechselt als in England. Solch ein Unterschied der Preise, der anscheinend nicht immer hinreicht, um einen Menschen aus einem Kirchspiel in das andere zu überführen, würde notwendig eine so starke Versendung der massigsten Waren nicht nur von einem Kirchspiel ins andere, sondern von einem Ende des Königreichs zum anderen, ja beinahe von einem Ende der Welt zum anderen bewirken, dass die Preise bald ins Gleichgewicht kommen würden. Trotz allem, was von dem Leichtsinn und der Unbeständigkeit der menschlichen Natur gesagt worden ist, geht doch deutlich aus der Erfahrung hervor, dass keine Last so schwer von der Stelle zu bringen ist als der Mensch. Wenn also der arbeitende Arme seine Familie in den Teilen des Königreichs, in denen der Arbeitspreis am niedrigsten steht, ernähren kann, so muss er da, wo er am höchsten ist, reichlich leben können.
Viertens entsprechen die Veränderungen im Preise der Arbeit nicht nur denen im Preise der Lebensmittel nicht, sei es im Ort oder in der Zeit, sondern sie sind oft durchaus entgegengesetzt.
Das Korn, die Nahrung des gemeinen Volkes, ist in Schottland teurer als in England, woher Schottland fast alle Jahre sehr bedeutende Zufuhren erhält. Aber englisches Korn muss in Schottland, wohin es gebracht wird, teurer bezahlt werden als in England, woher es kommt; und im Verhältnis zu seiner Güte kann es in Schottland nicht teurer verkauft werden als das schottische Korn, welches mit ihm auf demselben Markte in Wettbewerb tritt. Die Güte des Korns hängt besonders von der Mehlmenge ab, die es auf der Mühle liefert, und in dieser Beziehung ist englisches Korn dem schottischen so überlegen, dass es, obwohl anscheinend oder im Verhältnis seines Maßes oft teurer, doch in Wirklichkeit oder im Verhältnis zu seiner Beschaffenheit, ja sogar zu seinem Gewicht gewöhnlich wohlfeiler ist. Der Preis der Arbeit ist hingegen in England teurer als in Schottland. Wenn demnach der arbeitende Arme in dem einen Teile des vereinigten Königreichs seine Familie ernähren kann, so muss er in dem anderen reichlich leben. Allerdings macht für die gemeinen Leute in Schottland Hafermehl den größten und besten Teil ihrer Nahrung aus, die überhaupt weit schlechter ist als die ihrer Nachbarn gleichen Standes in England. Doch ist dieser Unterschied in der Art ihres Lebensunterhalts nicht die Ursache, sondern die Wirkung des Unterschiedes in ihren Löhnen, obwohl ich ihn, durch ein befremdliches Missverständnis, oft als die Ursache habe angeben hören. Nicht deshalb, weil sich der eine Kutsche hält, während sein Nachbar zu Fuße geht, ist jener reich und dieser arm, sondern weil jener reich ist, darum hält er sich eine Kutsche, und weil der andere arm ist, darum geht er zu Fuße.
Im Laufe des vorigen Jahrhunderts war, ein Jahr ins andere gerechnet, das Korn in beiden Teilen des vereinigten Königreichs teurer als in dem gegenwärtigen. Dies ist eine Tatsache, die sich vernünftiger Weise nicht bezweifeln lässt, und für die der Beweis hinsichtlich Schottlands womöglich noch entscheidender ist als hinsichtlich