Es war eigenartig, das stimmt, aber nicht auf diese Art eigenartig.
„Gute Nacht!“, sagte der Mitbewohner als er sein Schweigen vernahm.
„ Buenas noches!“, antwortete José, dessen Gedanken woanders waren.
„ Sie sind nett und hilfsbereit“, hatte Jacopo gesagt, „nicht alle, um ehrlich zu sein.“
Hermosa.
Sein Verstand rief erneut dieses unpassende Adjektiv auf, während er an Nonnen dachte, vor allem an eine Nonne.
Ja, sie war die Netteste von allen. Ihr einfaches Lächeln zeigte wie liebenswert und entzückend sie ist, sowie hermosa und bildhübsch.
Er schüttelte den Kopf, um den dummen Gedanken zu vertreiben und drehte sich zur Wand, um zu schlafen.
Während José einschlief und an das Gesicht von Chiara dachte, war die junge Ordensschwester nach dem Abendgebet in der Gruppe in ihr Zimmer zurückgekehrt.
Sie zog sich ihr Nonnengewand aus und ein züchtiges Nachthemd an. Dann löste sie den Zopf, der ihre schulterlangen Haare zusammenband und legte sich in ihr weißes Bett.
Sie schaute an die steinerne, kahle Decke und dachte, wie sonderbar dieser Tag gewesen war, obwohl nichts Unübliches geschehen war. Warum fühlte sie sich derart emotionsvoll?
‚ Wegen was?‘, fragte sich Chiara. ‚ Im Grunde haben ich die gleichen Dinge wie alle anderen Tage auch getan. Nichts mehr und nichts weniger.‘
Es musste der Frühling sein. Sie liebte diese Saison und fühlte sich immer ausgezeichnet. Dies erklärt sicher diese seltsame Euphorie.
„ ¿Son perfumadas?”, die Stimme des jungen Spaniers hallte noch im Kopf von Chiara und ertappte sie unvorbereitet bei der Intensität dieser Erinnerung.
Chiara stand abrupt auf, ging zum kleinen Spiegel an der Wand und betrachtete ihr Gesicht, das ihr pochte und glühte.
‚ Sicherlich habe ich Fieber‘, dachte sie sich. Sie nahm den Krug, der auf der Kommode unter dem Spiegel stand. Am Waschbecken befeuchtete sie ihre Hände und legte sie auf ihr Gesicht. Sie waren angenehm und erfrischend. Ihre Wangen nahmen allmählich ihre natürliche Farbe an.
Sie ging zurück ins Bett, drehte sich auf die Seite und rollte sich unter die dünne Decke. Mit großen Augen starrte sie in die Dunkelheit des Zimmers und betrachtete jeden Schatten.
An diesem Abend atmete Chiara zum ersten Mal mit neuer Zuversicht und andersartig, was für die junge Nonne noch schwer zu verstehen war.
siete
„Chiara, es ist spät!“
„O, du meine Güte!“ sagte sie erschrocken als sie aufwachte.
„Wie spät ist es, Claudia?“
„Es ist kurz vor sechs!“ Die dicke Holztür dämpfte die Stimme ihrer Freundin, die hektischer als gewöhnlich war.
„Schläfst du noch? Beeile dich, sie warten mit den Morgengebeten auf uns!“
Chiara stieg eilig aus dem Bett. Sie hastete zum kleinen Ankleideraum, der mit dem Zimmer verbunden war und in dem sich das Nötige befand, um sich zu waschen und zu kämmen. Schließlich beeilte sie sich, ihr Nonnengewand anzuziehen.
Sie eilte hinaus und steuerte auf die angrenzende Kapelle zu. Wieder hielt sie sich wie gewohnt mit der Hand an den Kopf, damit das Kopftuch beim Rennen nicht wegrutschte.
Zum Glück bemerkte keine Ordensschwester ihre Beinahe-Verspätung und das Murmeln der Litaneien dämpfte das keuchende Atmen der jungen Nonne.
An diesem Morgen bemerkte Chiara ihr Nicht -Beten: Zum ersten Mal waren ihre Gedanken woanders, während sie die liturgischen Worte auswendig vor sich hin murmelte. Zum Vater-Unser und zum Ave Maria fantasierten die Gedanken von Chiara über das, was sie an diesem Tag machen wird.
Zuerst wird sie mit Claudia hinter die Kirche gehen, um den Gemüsegarten zu bearbeiten (die größeren Felder bewirtschafteten die Helfer). Anschließend würde sie in der Schule eine Stunde Geschichte und Erdkunde in zwei Klassen unterrichten.
Anschließend wird zum Angelusgebet geläutet: Danach wird sie in die Kantine gehen, um den Schülern, Armen und Arbeitern das Mittagessen zu servieren. Im Anschluss wird sie mit den anderen Ordensschwestern essen und sich mit ihnen zum Gebet vereinen.
Am Nachmittag wird sie ins Waisenhaus des Dorfes gehen, um den anderen Nonnen zu helfen und dann ... Das war es, was sie an diesem Mai-Morgen neugierig machte.
Nach dem Waisenhaus, von vier bis fünf Uhr, würde sie sich, wie es ihr die Äbtissin aufgetragen hatte, zur südlichen Bibliothek begeben, um José Velasco in Italienisch zu unterrichten.
Chiara war froh über diese Aufgabe: Es ist schön, Menschen in Not zu helfen, wiederholte sie sich. Es müsse schrecklich sein, sich in einem neuen Land zu befinden, allein und vor allem ohne die Sprache zu beherrschen. Um ehrlich zu sein, benötigte dieser junge Mann im Italienischen nicht viel Hilfe.
‚ Ja, aus diesem Grund habe ich mich entschieden, einen religiösen Weg zu gehen: um anderen zu helfen und das bereitet mir Freude.‘
Irgendetwas in ihr sagte ihr aber, dass die Freude in diesem Fall nicht nur aus Nächstenliebe sondern aus persönlicher Vorliebe bestand.
Wie dem auch sei, eine Nonne durfte nicht an das Eigeninteresse denken.
An diesem Morgen war es für José schwieriger als gewöhnlich, aus dem Bett aufzustehen.
Nicht, dass er es nicht gewohnt war, früh aufzustehen: Auf den Schiffen war er anstrengende Schichten gewohnt. Er hatte gehofft, sich während der Reise auszuruhen, stattdessen musste er hier arbeiten.
Er stand somit widerwillig auf und nach der Dusche ging er zur Kantine, um zu frühstücken und suchte vergebens den Blick der freundlichen Schwester Chiara. Offenbar gehörte es nicht zu ihren Aufgaben, den Armen das Frühstück zu servieren. Aber das machte nichts, er würde sie am Nachmittag sehen.
Es freute ihn, sie zu treffen. Sie war die Sympathischste sowie Schönste im Kloster. Es reizte ihn, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Es machte aber keinen Sinn: Sie war eine Nonne. No-n-ne.
Mon-ja. No-n-ne.
Nach dem Frühstück folgte er den anderen Arbeitern und arbeitete auf den Feldern im kirchlichen Eigentum im Tausch gegen eine Mahlzeit und ein Dach über dem Kopf. Den Boden zu bearbeiten war anstrengend. Es konnte aber auch entspannend sein und Spannungen abbauen. Dabei macht er sich Gedanken zu den Nachforschungen, die er durchführen musste, und wie sein Vorgehen aussah. Da er nahe am Ziel war, nahm er sich vor, keine Fehler zu machen.
Um zwölf Uhr wurde zum Angelusgebet geläutet und er setzte sich mit seinen Gefährten in den Schatten einiger Bäume. Sie aßen das von einer Gruppe Frauen gebrachte Mittagessen.
José war ein charmanter, junger Mann und befand sich somit im Rampenlicht. Die Frauen betrachteten ihn mit hingebungsvollen Augen, fasziniert von diesen hübschen, jungen, gebräunten Mann, dieses Detail machte ihn noch attraktiver.
Er fand sie hingegen berechenbar, langweilig und einfach. José war sich seiner Attraktivität bewusst, die er auf viele Frauen hatte. Er versuchte diese Eigenschaft mit einem kumpelhaften Lächeln zu maskieren, um sie sich zu seinem Gunsten zu bewahren, falls er sie später für einen Gefallen brauchte.
„Mein lieber Mann, bist du der neue Liebesgott?“, machte sich Jacopo über ihn lustig. Er setzte sich neben ihn, während