Apostasie. Marie Albes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Albes
Издательство: Tektime S.r.l.s.
Серия:
Жанр произведения: Современные любовные романы
Год издания: 0
isbn: 9788873043539
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mit der Hand.

      

      

      Schwester Costanza war scharfsinnig und still. Die wenigen Male, die sie ein Wort sprach, machte sie kein einziges Kompliment, aber scharfsinnig war sie.

      Sie bemerkte etwas Ungewöhnliches im Verhalten von Chiara, der hübschen Schwester, wie der Spanier José Velasco alle sie nennen hörte. Ihr war nicht das leichte Zusammenfahren ihrer Schultern entgangen, als er sich zur Tür zurückdrehte.

      „ Tschüs“, seit wann verabschieden sich zwei Fremde mit „Tschüs“? Hinzu kommt dieser liebliche Ton voller Andeutungen ...

      Sie hatte sofort verstanden, dass sie sich nicht zum ersten Mal begegnet sind. Aber warum hatten sie vorgetäuscht, sich zum ersten Mal zu begegnen?

      „Waren sie bereits in Italien, Herr Velasco?“, fragte sie beim Laufen, ohne sich umzudrehen.

      „Nein, nunca... nie“, log José.

      „Sie sprechen aber bereits gut Italienisch.“

      ‚ ¿Es un interrogatorio?‘ und fühlte sich ausgefragt.

      „Das habe ich im Sprachkurs de los a ños gelernt , señora. Ich habe viele Italiener gennengelernt .“

      ‚ Señora‘ - Es war nicht nur unhöflich, sie derart unpassend für eine Nonne anzureden, zudem hatte er sie mit signora anstatt signorina angesprochen. Im Grunde hatten sie das gleiche Alter.

      „ Das gilt nicht nur für die Äbtissin.“

      „Was?“

      „ Sie sollen mich nicht señora nennen, sondern Schwester Costanza.“

      José antwortete nicht. Er wusste, wie auch immer er geantwortet hätte, seine Stimme hätte seine Abneigung durchscheinen lassen, die er mit einem Mal für diese neugierige und unbehagliche Monja verspürte . Beim Laufen kratzte er sich den Hals und blickte nach oben. Wie sehr hätte sich gewünscht, wenn Chiara ( Ordensschwester Chiara, er erinnerte sich an ihr Gelübde und korrigierte sich) ihn anstelle von Schwester Costanza begleitet hätte.

      „Hier sind wir“, erklärte sie und hielt vor der Tür der Wohnstätte für Arbeiter, die nahe der Klostermauer gelegen war, die das Kloster schützte. „Die Äbtissin hat sie über den Tagesablauf des Klosters informiert und somit verabschiede ich mich von Ihnen.“

      Steif nickte sie mit dem Kopf und drehte sich um.

      „ Gracias ... Schwester Costanza“, bedankte sich José und betrat die Schwelle zum Gebäude, dabei gelang es ihm nicht, seine gereizte Stimme zu unterdrücken.

      

      

      * * *

      

      

      Chiara wusch sich die Hände, ging in die Kantine und nahm ihren Platz hinter der Theke ein, um die Tischgäste zu bedienen.

      Als die Personen mit ihrem Tablett in der Hand erschienen, lud ihnen Chiara kleine Mengen der bescheidenen Gerichte auf, die das Menü des Abends umfassten.

      Auch José kam an die Reihe, setzte das Tablett sanft vor ihr ab und wartete bis sie seinen Teller gefüllt hatte.

      „ Gracias“, bedankte er sich höflich, aber Chiara antwortete ihm ausschließlich mit einem Lächeln.

      José lächelte ihr zurück und in diesem Augenblick entstand zwischen den beiden ein gewisses, geheimes Verständnis für einander, das sie nicht erwartet hatten.

      Die Äbtissin beobachtete ihn aus der Ferne und behielt alles im Auge. Sofort bemerkte sie den unruhigen Gesichtsausdruck in Chiaras Gesicht, sowie das offensichtliche Interesse von José. Sie besänftigte sich, dass kein Grund zur Unruhe bestände.

      Noch nicht.

      

      

      * * *

      

      

      Nach dem Essen stellte José den Teller auf den Wagen für das schmutzige Geschirr und ging auf sein Zimmer, das er mit zwei Obdachlosen teilte.

      Er ließ sich auf das Bett fallen. Mit den Händen im Nacken blickte er in den Sternenhimmel, den er durch ein kleines Fenster wie ein Bild in der Steinmauern über sich sah.

      Gewiss war es unmoralisch, ein Bett zu belegen, das für Personen bestimmt war, die obdachlos sind und keine Arbeit haben. Er hatte aber seine Gründe und machte seine Reise für ein wichtiges Vorhaben. Es gab somit keinen Anlass für Gewissensbisse.

      Selbstverständlich konnte er den Ordensschwestern nicht anvertrauen, dass wenn er gewollt hätte, es für ihn leicht gewesen wäre, eine Arbeit an Bord eines Schiffes zu finden. Seit mehr als zehn Jahren ist er Seemann gewesen.

      ‚ Nein ...‘, dachte er, ‚ wenn die das erfahren, würden sie mich wegschicken und ich könnte mit meinen Nachforschungen nicht weiterkommen.‘

      Nicht schlecht! Er kam bei seinem Anliegen weiter und es war richtig zu bleiben. Im Grunde war es nicht schlecht, eine Weile auf diesem friedvollen Land zu verbringen. Er hatte viele Jahre auf dem Meer und in den Häfen verbracht.

      „Es ist seltsam, nicht wahr?“

      José drehte sich um und sah einen Mann um die Dreißig. Dieser saß auf der unteren Matratze seines Etagenbettes und schaute ihn wohlwollend an.

      „Entschuldige bitte, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Jacopo“, er stand auf und reichte ihm die Hand.

      „José Velasco“, stellte er sich vor, während sich Jacopo erneut auf die Matratze setzte.

      José betrachtete zuerst ihn, dann den Mann auf der oberen Matratze des Etagenbettes, welcher offenbar tief schlief. Er überlegte einen Augenblick, ob er das Gespräch fortsetzen sollte, das den anderen Gast hätte stören können.

      Zumindest galt auf dem Schiff: Wenn ein Kollege schlief, durften die anderen im Zimmer keinen Lärm machen. Es gab andere Möglichkeiten für ausgelassene Gespräche.

      „Ah, mach dir keine Sorgen. Wenn Lorenzo schläft, hört er nichts, nicht einmal eine verstimmte Musikband.“

      „ Was empfindest du für seltsam?“, fragte José, um auf den Beginn des Gesprächs zu antworten.

      „Hier zu schlafen und zu leben. Am Anfang ist es immer seltsam.“

      „Ja, das stimmt. Dime, wie sind die monjas? Entschuldige, die Schwestern?“

      „Was meinst du damit: „Wie sie sind?“, fragte Jacopo mit einem amüsierten Ausdruck, den José sofort bemerkte.

      „Vom Charakter obviamente!“

      Jacopo kicherte. „Ja! War ein Scherz! Beruhige dich. Sie sind nicht besonders ... wie sagt man auf Spanisch? Bonita? Richtig?“

      „Ja, es heißt bonita, aber ich bevorzuge hermosa.

      „ Hermosa“, wiederholte er. „Sie sind nett und hilfsbereit. Nicht alle, um genau zu sein. Man kann sie sicher nicht als hübsch definieren!“

      José wollte ihm widersprechen, aber er dachte, es wäre unpassend. Es war Jacopo, der sich korrigierte.

      „Obwohl manche dieser Nonnen, genau genommen wenige, außerordentlich hübsch sind und ihr Gelübde bedauert. Aber wir sind nicht gekommen, um unsere Traumfrau zu finden, sondern aus Not und die Ordensschwestern können hilfsbereit und nett zu uns Armen sein. Aber wie ich dir sagte, ist es eigenartig hier im Kloster zu leben, zumindest am Anfang.“

      „Ja, extraño ...“

      José Velasco in einem Kloster. Er musste beinah lachen.