Die Kühnheit des Plans gefiel dem Monarchen aus dem Hause Romanow. Da kamen von den Strömen Obi, Lena, Jenisei, von den Seen Aral, Telegul, Baikal, von den Altanischen und Sajanischen Gebirgen streitbare Krieger. Turalinzen, Kirgisen, Teleuten, Abinzen, Tschulimische und Werchotomekische Tatarn strömten über den Kaukasus, Hülfsvölker aus den stolzen Spaniern, den ehrgeizigen Franken, den markigten Germanen, den feurigen Polen, den schlauen Italiern und andern Nationen zusammen gebracht, drangen über die Meerenge von Constantinopel vor oder landeten an den Küsten von Sirien.
Tapfer vertheidigten sich die Anhänger der Religion Muhameds. Doch Uneinigkeit theilte ihre Kraft, sie waren der überlegenen Kunst nicht gewachsen. Zwar kostete es Jahre, mühevoller Anstrengung und das Leben von Hunderttausenden, endlich aber wurden bis zu Mesopotamien hin alle alt-türkischen Besitzungen überschwemmt. Der Schach von Persien kam den Glaubensverwandten zu Hülfe, ward so in die Kriege verflochten und erlag am Ende des neunzehnten Jahrhunderts auch.
Nun ward Ispahan des neuen ungeheuren Staates Mittelpunkt. Man bemühte sich mit Weisheit die Völker zu gewinnen, indem ihnen nach und nach die Wohlthaten der Kultur einleuchtend gemacht, und die verschiedenen Religionen in einen, von Wahn gereinigten, und durch allgemeine Moral veredelten, Kultus vereint wurden.
Bald aber sahe man sich genöthigt neue Kriege im Ost zu beginnen. Die Albionen in Indien waren mächtig geworden. Sie trieben nicht nur in allen Gewässern zwischen Madagaskar und Japan ihr altes Spiel, sondern hatten auch zu Lande ihre Herrschaft bis über Tibet hinaus verbreitet, befehdeten den Khan von Sina, und gaben den Neu-Persern (so nannten sich jetzt die vormaligen Moskowier) zu vielen Klagen Anlaß. Die Waffen mußten entscheiden, ein hartnäckiger Kampf durch mehrere Jahrzehende folgte. Doch ein Monarch, Cirus Alexander genannt, drang zuletzt an den Ganges vor, nahm Calcutta ein und die Albionen sahen sich abermal gezwungen ihr Reich übers Meer zu verlegen. Sie wählten Neu-Holland, da Cirus Alexander ihnen auch die Inselgruppe von Borneo wegnahm. Doch jenes große Eiland, das nunmehr den Namen Süd-Brittania empfing, sammt vielen andern und manchen neu entdeckten am Pol, bildet jetzt ihr stattlich Reich und die kunstfleißige und üppige Hauptstadt Botani-Bai ist zu der Bevölkerung einer Million herangewachsen. Zu Calcutta, das sie eilig räumen mußten, fand man eine Abtei voll Grabmähler und Denkbilder großer Seehelden und Gelehrten. Denn dies Volk war von uralten Zeiten her ungemein dankbar gegen Verdienste um das Vaterland, und darum ist es ihm auch wohl gelungen mit anfänglich geringen Hülfsmitteln bewundernswerthe Dinge zu vollziehn.
Nachdem das Neu-Persische Reich gestiftet und befestigt war, genoß das abendländische Kaiserthum einer langen glückseligen Ruhe. Der Kaiser Marcus Aurelius II. berief zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Fürsten und Weisen aus allen Landen, um eine Verfassung zu gründen, wie das Bedürfniß der vorgerückten Zeiten sie verlangte.
Hier wurde nun vorerst angetragen, den Namen abendländisches Kaiserthum aufzugeben. Was dürfen wir Rom nachahmen? fragte man. Unser Reich ist an Umfang, Reichthum und Gewalt, bei weitem größer als das Reich der Quiriten in seiner üppigsten Blüthe. Haben wir allenfalls in Asien mächtigere Feinde zu fürchten als sie, so fehlt es uns nicht an Bundgenossen, mit denen vereint wir ihnen kräftigen Widerstand leisten können. Da auch die reinste Gemeinsache der Zweck dieses großen Landtags ist, so heiße das Reich künftig die Republik Europa.
Aurelius, weit entfernt, seine Rechte gekränkt zu finden, sahe hier nur seine Wünsche ausgesprochen.
Nur Gleichheit, sagte der weise Gekrönte, ist Verfassung des Rechts. Wenn Spaltung des Willens Ehedem die Republiken erschütterte, und sie zuletzt in Herrschaft der Willkühr untergehen ließ, so kam das daher, weil die Volksvernunft noch nicht hinlänglich gereift war, das Gute klar einzusehn. Man nannte die Tugend Stütze der Gemeinsache, Ehre die des Alleinregiments. Thörigter Irrwahn beide Begriffe zu scheiden. Heil der Zeit, welche endlich einsah, Ehre könne allein der Tugend Preis werden und Tugend sei durchaus nichts anderes als Huldigung der Vernunft.
Dann bedingt aber die Verfassung, durch sich selbst, Volkswillen und Alleinherrschaft so verbunden, daß der Mann auf der Spitze, jenen nachdrücklich ausspricht, und, wie er ihn von unten herauf vernahm, ihn von oben hinunter in Erfüllung gehen läßt.
Es gab Zeiten wo die Fürsten sich freuten, blindgehorsamen, vernunftarmen Sklaven zu gebieten. Jetzt, dem Himmel sei Dank, finden wir nur Ehre darin, freien, edlen, verständigen Bürgern vorzustehn. – So sprach dieser Monarch.
Du wirst auf deiner weitern Reise Gelegenheit finden, die Einrichtungen zu sehn, welche nun in der monarchischen Republik gegründet wurden, indem man unabläßig strebte, Tugend und Ehre zu gatten, und zugleich die Volksintelligenz und die Fürstenintelligenz erzog. Viel Hohes, Großes, Kräftiges, Entzückendes ist daraus hervorgegangen, wenn gleich freilich immer noch ein Grundsatz für die Tugend der Bürger mangelt, der ihre Tugend gewiß, ächt und als solche erkennbar macht. Ihn zu suchen ist das hohe Geschäft der Zeit, wiewohl man noch nicht glücklich darin war.
Vor der Hand merke aber so viel von jenen Anordnungen:
Alle Völker von Europa sollten zur Sitteneinheit erzogen werden.
Man führte darum Ueberall dasselbe Maaß in Schwere und Umfang, dasselbe Tauschmittel, dieselben Satzungen des Rechtes, ein.
Die allgemeine Sprache durch ganz Europa folgte.
Die Völker hatten ihre besonderen Fürsten, da Eine Obergewalt unmöglich das weite Ganze im Einzelnen überblicken konnte. Diesen Fürsten blieb die Würdeerblichkeit zugestanden, um den Uebeln der Ehrsucht, List, Bestechung auszuweichen, doch haftete sie nicht an dem erstgeborenen, sondern an dem edelsten Sohn. Hierüber mußte das große Rechtstribunal schlichten, welchem der Kaiser vorsaß und wo auch alle Streitigkeiten der Fürsten gehoben wurden, wodurch, wie das Staatswohl auch von selbst verlangte, ein immerwährender Friede in Europa bestand, ein wichtiger Triumph der Zeit, wogegen die Vorwelt, in den Reichen, die jetzt nur, trotz ihren erblichen Gebietern, als Provinzen betrachtet werden, traurige innere Kriege sah. So hatte unter andern einst Deutschland einen Föderalismus gestiftet, wo aber demungeachtet sich ein Fürst gegen den andern der Waffen bediente. Doch, damit die Erben von Thronen, sich ihres erhabenen Berufs würdig machten, mußten die Väter, des Gemeinwohls halber, das frohe häusliche Verhältniß aufgeben, sie um sich zu sehn. Zeitig wurden die Söhne fernen Erziehungsanstalten übergeben, wo sie, unerkannt und unter andern Pfleglingen, nach den Grundsätzen gebildet wurden, die die Weisheit für die besseren erkannte, und welche sie immerfort veredelten. Dann bekleideten sie Aemter mannichfacher Art und wurden in Lagen gebracht, wo ihre schon entwickelten Talente sich noch mehr kräftigten. Endlich, männlich gereift, an Leib und Geist prangend ausgestattet, erfuhren sie ihre hohe Bestimmung und traten sie, von Schmeichelei und Lüsten unverdorben, an. Dieser Gebrauch ging in der Folge sogar auf die Fürstentöchter über, und keineswegs dürfen die Kinder der Kaiser davon ausgenommen sein.
Was für die Religion, den Landbau, die Wissenschaften, Künste, Handwerke, die Ausrottung der Armuth, von Oben geschah, daß sie Unten desto freier gedeihen konnten, wird sich dir an seinem Orte verkünden.
Ungeachtet der beschloßenen und nach und nach durchgeführten Identität der Europäer, glaubte man dennoch, dieser oder jene Landstrich könne durch seine Natur, und allenfalls durch gewisse Uebertragungen vom Alterthum, sollte es auch nur das begeisternde Andenken sein, sich für gewisse Beschäftigungen vorzüglich eignen. So wurde den bildenden Künsten, deren schönen, sittlichen Einfluß man nicht verkannte, das alte Griechenland zum Wirkungskreis angewiesen, und dabei, auf allgemeine Kosten, der lieblich phantastische Plan ausgeführt, Athen wieder aufzubauen. Du wirst diese Stadt nun sehen und zwar möglichst genau nachgeahmt, so weit nur die Alterthumskunde dazu Hülfsmittel anbot. Du wirst dich in die Zeiten des Perikles zurück wähnen, in seine Mauern tretend. Keiner von den Tempeln, keins der ehmaligen öffentlichen Gebäude mangelt. Bildhauer und Maler treiben vorzüglich ihre Kunst, und wenn der Hauptanreiz vor Zeiten in dem großen vortheilhaften Absatz der Statuen und Gemälde bestand, welche der alte Politheismus aus der halben bekannten