»Dann aber sage ich Ew. Hochwürden von vornherein, daß die Kandidatur des Fürsten Michael mir sehr gefällt, denn ich habe seinen Vater gekannt und geliebt und habe mich unter seiner Führung samt meinen Freunden geschlagen, die auch aufjubeln werden bei dem Gedanken, daß sie dem Sohne die Liebe werden erzeigen können, die sie gegen den großen Vater hatten. Darum erfasse ich mit beiden Händen die Kandidatur; noch heute werde ich mit dem Herrn Unterkämmerer Krschyzki sprechen, mit dem ich nahe bekannt und befreundet bin, und der große Achtung beim Adel genießt, denn es ist wahrlich schwer, ihn nicht zu lieben. Wir werden dann beide tun, was in unseren Kräften steht, und gebe Gott, daß wir etwas erwirken!«
»Mögen Euch die Engel geleiten!« versetzte der Priester, »wenn dem so ist, so sind wir fertig.«
»Mit Erlaubnis, Hochwürden, noch sind wir nicht ganz fertig. Ich möchte nicht, daß Ew. Hochwürden denken: Ich habe ihm meine eigenen desiderata eingeredet, ich habe ihm eingeredet, daß er aus eigenem Verstande des Fürsten Michael Kandidatur erfunden hat; mit einem Worte, ich habe den Narren in meiner Hand geknetet, als ob es Wachs wäre … Hochwürden, ich werde den Fürsten Michael darum aufstellen, weil ich ihn liebe – da liegt's. Daß er Euer Hochwürden, wie ich sehe, auch gefällt – desto besser … Ich werde ihn aufstellen, der Fürstenwitwe zuliebe, meinen Freunden zuliebe, dem Vertrauen zuliebe, das ich zu dem Verstande habe« – hier verneigte sich Sagloba – »aus welchem diese Minerva entsprungen ist, aber nicht etwa deshalb, weil ich mir wie ein kleines Kind hätte einreden lassen, es wäre meine Invention; nicht deshalb endlich, weil ich ein Narr bin, sondern deshalb, weil der alte Sagloba, wenn ihm ein kluger Mann etwas Kluges sagt, einschlägt und Topp! ruft.«
Hier verneigte sich der Edelmann noch einmal und verstummte. Der Priester war anfänglich stark verwirrt, aber da er die gute Laune des Edelmannes sah, und da die Sache den gewünschten Verlauf nahm, so lachte er aus vollem Halse, faßte sich an den Kopf und wiederholte:
»Ulysses, Ulysses, beim Himmel, ein wahrer Ulysses! Mein lieber Freund und Bruder, wer was Gutes schaffen will, muß die Menschen verschieden zu nehmen wissen; aber mit Euch, sehe ich, muß man geradezu ins Schwarze. Ihr habt mir vortrefflich gefallen!«
»Ganz wie Fürst Michael mir.«
»Schenke Euch Gott Gesundheit. Ja, ich bin geschlagen, aber ich freue mich darüber! Ihr habt wohl Grütze im Kopf … Und dieser Siegelring, wenn er sich zum Andenken an unsere Begegnung eignet …«
Sagloba fiel ihm ins Wort: »… Und dieser Siegelring bleibe an seinem Platze.«
»Tut es schon für mich!«
»Das kann nimmer sein; vielleicht ein andermal … später einmal, nach der Wahl.«
Der Priester-Unterkanzler hatte begriffen und drängte nicht länger; aber er ging mit strahlendem Gesicht hinaus.
Sagloba begleitete ihn bis vor das Tor und brummte, als er zurückkam:
»Ha! Ich habe ihm eine Lehre gegeben, in mir hat er seinesgleichen gefunden … Aber die Ehre! Hier werden die Würdenträger vor dem Tore Auffahrt halten, um einander zuvorzukommen … bin doch neugierig, was die Frauen dort denken werden.«
Die Frauen waren in der Tat voll Bewunderung, und Sagloba wuchs bis zur Decke, besonders in den Augen der Frau Makowiezka. Sie rief ihm auch, kaum daß er sich zeigte, mit großem Feuer entgegen:
»Ihr habt den weisen Salomo übertroffen!«
Und er war sehr aufgeräumt.
»Wen habe ich übertroffen? Wartet nur, meine Gnädige, Ihr werdet hier die Hetmane und die Bischöfe und die Senatoren sehen, man wird sie kaum noch loswerden können, wir werden uns noch vor ihnen verstecken müssen.«
Das weitere Gespräch unterbrach das Eintreten Ketlings.
»Ketling, willst du eine Beförderung?« rief ihm Sagloba, noch ganz von seiner eigenen Bedeutung berauscht, entgegen.
»Nein,« erwiderte der Ritter traurig, »denn ich werde wieder auf lange Zeit fort müssen.«
Sagloba sah ihn aufmerksamer an.
»Warum bist du so niedergeschlagen?«
»Eben weil ich fort muß.«
»Wohin?«
»Ich habe Briefe aus Schottland empfangen von den alten Freunden meines Vaters und den meinigen. Meine Angelegenheiten erfordern durchaus, daß ich hinkomme, vielleicht auf lange … Es tut mir leid, von Euch zu scheiden, aber – ich muß!«
Sagloba trat in die Mitte des Zimmers, blickte bald Frau Makowiezka, bald die Mädchen an und fragte:
»Habt ihr's gehört? Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!«
Obwohl Sagloba die Nachricht von Ketlings Reise mit Erstaunen aufnahm, kamen ihm doch keine Vermutungen, denn man konnte leicht annehmen, daß Karl II. der Dienste gedachte, welche die Familie Ketling in den Tagen des Sturmes dem Throne erwiesen, und daß er dem letzten Abkömmling dieser Familie seine Dankbarkeit bezeigen wollte. Es konnte sogar auffällig erscheinen, wenn es anders gewesen wäre. Ketling hatte überdies Herrn Sagloba »überseeische Briefe« gezeigt und ihn schließlich ganz überzeugt. Andererseits aber drohte gerade die Reise alle Pläne des alten Edelmannes zu zerstören, und darum dachte er mit Sorge an das, was kommen würde. Wolodyjowski konnte, wie sein Brief merken ließ, jede Stunde eintreffen.
»Und die Winde haben ihm in der Steppe den letzten Rest der Trauer fortgeweht,« dachte Sagloba, »er wird froher wieder heimkehren, als er fortgereist ist; und da ihn zu Christine der Teufel weiß was hinzieht, so wird er ihr womöglich bald seine Erklärung machen … und dann … dann wird Christine ihr Einverständnis aussprechen, denn wie sollte sie einem solchen Manne, überdies dem Bruder der Frau Makowiezka, Nein sagen, und der arme, allerliebste kleine Heiducke bleibt auf dem Trockenen sitzen.«
Sagloba aber hatte sich mit dem Starrsinn, der alten Leuten eigen zu sein pflegt, durchaus in den Kopf gesetzt, Bärbchen mit dem kleinen Ritter zu vereinigen.
Da halfen weder die Überredungskünste Skrzetuskis noch die Einwände, die er sich selbst von Zeit zu Zeit machte; oft gab er sich das Wort, sich in nichts mehr zu mischen, dann aber kehrte er mit um so größerer Hartnäckigkeit zu dem Gedanken zurück, dieses Paar zu vereinigen. Ganze Tage überlegte er, wie man es anfangen könne, machte er Pläne, überdachte er kleine Kriegslisten, und er war so ganz davon erfüllt, daß er, wenn er glaubte, den richtigen Weg gefunden zu haben, laut aufschrie, wie nach einer glücklich vollbrachten Handlung:
»Gebe Euch Gott seinen Segen!«
Und in diesem Augenblick sah er den Zusammensturz aller seiner Wünsche vor sich. Es blieb nichts übrig, als alle Bemühungen aufzugeben und die Zukunft in Gottes Hand zu legen, denn jeder Schatten einer Hoffnung, daß Ketling vor seiner Abreise irgend einen entscheidenden Schritt Christine gegenüber tun würde, konnte in Saglobas Kopf nicht lange bestehen. In seinem Leid und aus Neugier beschloß er also, den jungen Ritter auszuforschen, sowohl über den Zeitpunkt wie über das, was er vor dem Verlassen der Republik zu tun gedenke.
Er bat ihn zu einem Gespräch und sagte mit sorgenvoller Miene:
»Es ist schlimm, ein jeder weiß am besten selbst, was er tun soll, ich will Euch also nicht zureden, zu bleiben, aber ich möchte gern etwas über Eure Rückkehr wissen.«
»Kann ich es ahnen, was meiner dort harrt,« antwortete Ketling, »welche Angelegenheiten, welche Abenteuer? Ich werde einmal zurückkehren, wenn ich es können werde; ich werde ewig dort bleiben, wenn ich müssen werde.«
»Du wirst sehen, das Herz wird dich zu uns ziehen.«
»O, wäre mein Grab nirgends anders als in diesem Lande, das mir alles gab, was es mir geben konnte.«
»Siehst du, in anderen Landen bleibt der Fremde bis an seinen Tod ein Stiefkind; unsere Mutter aber streckt dir gleich die Arme entgegen und drückt dich an ihre Brust wie das eigene Kind.«
»Wahr, sehr wahr, ach! Wenn ich nur könnte!.. Denn alles kann ich im alten Vaterland finden, nur das Glück finde ich nicht.«
»Ha,