Doch Kerasenko war ein gewiegter Junge.
Seine Frau in die Spinnstube zu schicken, jetzt, wo der Adelige aus Rogačev im Dorfe sich befindet – er hatte ihn doch mit eigenen Augen bei der Pidnebesinaja gesehen und vor wenigen Augenblicken mit eigenen Ohren gehört, wie seine Frau jemanden küßte und ihm versprach ihn in die Hütte zu nehmen … – das schien ihm gar zu dumm.
„Nein, nein!“ sagte er, „da suche Dir nur einen anderen Dummkopf aus, nur nicht mich; es wird jedenfalls besser sein, ich sperre Dich ein und Du legst Dich schlafen … das wird Dir zuträglicher sein und ich werde unterdessen über Deine Hexerei ruhig nachdenken können.“
Als Kerasivna diese Antwort vernahm, da wurde sie vor Zorn blaß, denn zum erstenmale nach ihrer Verheiratung sprach ihr Mann mit ihr in einem eigenartigen Tone und sofort wurde es ihr klar, daß in ihrem ehelichen Leben ein Wendepunkt eingetreten ist, welcher zu ihren Gunsten entscheiden müsse, wenn sie nicht alles, was sie bis jetzt mit viel Scharfsinn, Geschicklichkeit, Stetigkeit, Festigkeit und Erfindungsgabe gewonnen, für immer verlieren solle.
Sie richtete sich in ihrer vollen Größe auf, gab dem Kasaken einen Schlag ins Gesicht und wollte auf die Gasse herausspringen, aber der Kasak erriet ihre Absicht, machte einen Sprung, schlug ihr die Tür vor der Nase zu, legte die Kette und das Vorhängeschloß an und sperrte dieses zu, den Schlüssel ließ er in seine unendlich tiefe Tasche verschwinden.
Er meinte nun ruhig:
„So, jetzt ist Dein Weg angewiesen, vom Ofen zur Tür und zurück …“
Durch diesen unerwarteten und unerwünschten Vorfall überrascht, wurde die Kerasivna so wütend, daß selbst Kerasenko darüber erschrak.
Christa stand ziemlich lange an einer und derselben Stelle, mitten in der Stube, sie zitterte wie im Fieber, wandte sich hin und her wie eine Schlange, ihre Hände schlossen sich krampfhaft, sie drohte mit ihnen dem Kasaken, in ihrem Gesichte zuckte es heftig, weiße und rote Flecken wurden abwechselnd sichtbar, ihre Augen erweiterten sich, glühten auf, wurden blutrot!
Da fing der Kasak sich doch zu fürchten an und rief:
„Daß Dich, Du verfluchte Hexe! …“
Unerwartet blies sie die Kerze aus, stampfte heftig mit dem Fuß und zischte:
„So! … jetzt sollst Du aber die Hexe kennen lernen!“
Mit einem Sprung, wie eine Katze, war sie oben auf dem Ofen, öffnete die Kamintür und schrie in den Schornstein hinein mit einer ganz eigenartigen Stimme:
„Uhu! – huhuhu! – Komm! erdrossele das Schwein!“
Siebentes Kapitel
Durch diesen Vorfall, sowie durch die Kühnheit, Unerschrockenheit, Mut, ja Hartnäckigkeit und Eigensinn seiner Frau wurde der Kasak so überrascht, daß er sein Weib, von der er jetzt überzeugt war, daß sie eine Hexe sei, ergriff, in die Höhe hob, ins Bett trug, sie dort niederlegte, selbst sich neben ihr niederlassend.
Zum allergrößten Erstaunen des Mannes leistete Christy keinen Widerstand – im Gegenteil, sie blieb vollständig ruhig wie ein kleines Kind, ja, was noch merkwürdiger war, sie schimpfte gar nicht.
Dieser Zustand seines Weibes war dem Kasaken sogar sehr genehm und erwünscht; mit der einen Hand, den Schlüssel in der Hosentasche festhaltend, hielt er mit der zweiten den Hemdärmel seiner Frau fest und – schlief ein.
Lange dauerte jedoch dieser glückselige Zustand nicht, denn kaum daß er in den Schlaf verfiel und überhaupt ganz und gar vergaß, was vorgefallen ist, ja sogar, daß er lebe, da spürte er plötzlich einen schmerzhaften Rippenstoß.
„Was soll das?“ fing der Kasak an zu denken, aber schon folgte ein zweiter, noch stärkerer Stoß, worauf er brummend meinte:
„Warum tust Du mich stoßen?“
„Warum? Hörst Du denn nicht, was auf dem Hofe vorgeht?“
„Und was geht dort vor?“
„So höre doch!“
Kerasenko hob den Kopf ein wenig in die Höhe und hörte ein fürchterliches Grunzen.
„Ehe! es scheint, als wenn ein Fremder auf dem Hofe wäre.“
„Das kann schon möglich sein! Lass’ mich schnell heraus, damit ich nachsehen kann, was dort geschieht, und ob das Tor geschlossen ist.“
„Dich soll ich gehen lassen? Hm … hm …“
„Nu, so gib doch rasch den Schlüssel her, sonst stehlen sie uns noch das Schwein und wir bleiben auf die Feiertage ohne Fleisch und Fett … Alle guten Leute werden Wurst und Speck essen und wir werden bloß zusehen … Oh! oh! oh! … so höre doch, es kommt mir gerade so vor, als wenn sie das Schwein schon aus dem Stalle ziehen würden … wie mir das arme Tier leid tut … das arme Schwein … wie es grunzt … Nu, so laß mich doch rasch heraus, damit ich den Dieben das Schwein abjagen kann …“
„Nu, ja! Dich werde ich wohl nicht schicken … Wer hat es je gesehen, daß sich ein Weib mit solchen Dingen befaßt hätte … ein Schwein den Dieben abjagen?“ antwortete der Kasak, „es wird wohl besser sein, ich stehe auf und schaue selbst nach, was vorgeht.“
Und obzwar er nicht gerade viel Lust verspürte, die warme Stube mit dem kalten Hofe zu vertauschen, so ermunterte er sich doch, um so mehr, als es ihm schwer fiel, ein Schwein zu verlieren.
Er stand also auf, zog den langen Rock an und verließ die Stube.
Jetzt aber geschah etwas, was er nicht vorbedacht hatte und was unzweifelhaft bewies, daß sein Weib, die Christy, eine wirkliche, wahre und wahrhaftige Hexe sei; von dieser Zeit an fürchteten sie alle, das Dorf und die Umgebung; es hütete sich jeder sie im eigenen Hause zu empfangen, um so weniger sie zur Taufpatin zu nehmen, wie dies Dukač sich vornahm zu tun.
Achtes Kapitel
Leise und vorsichtig schlich sich Kerasenko zum Stall, in welchem das beunruhigte Schwein fürchterlich grunzte und schrie, rasch riß er die Tür auf, aber plötzlich fiel, in der undurchdringlichen Finsternis der Nacht, etwas, ein einer Wagenplache ähnliches, aber dabei weiches Stück Leinwand über seinen Kopf, wobei er gleichzeitig einen so derben Stoß in den Rücken erhielt, daß er zu Boden fiel und sich nur äußerst schwierig von dem ihn bedeckenden Zeug befreien konnte.
Nachdem er sich von seinem Schrecken und der Überraschung etwas beruhigt und sich davon überzeugt hatte, daß das Schwein auf seiner gewohnten Stelle liege, schloß er den Stall fester als gewöhnlich und kehrte zur Hütte zurück.
Nun ereignete sich etwas ganz ungewöhnliches und unerwartetes: die Stubentür war fest zugesperrt.
Kerasenko drehte an der Klinke hin und her … wirklich zugesperrt.
Was ist das für eine Teufelei?
Er klopft … er trommelt mit der Faust auf die Tür … alles umsonst … er schreit …
„Weib! … Christy! … mach’ doch auf … mach’ schnell auf …“
Doch die Kerasivna gibt keinen Laut von sich.
„Daß Dich, Du Hexe … was ist Dir denn eingefallen, die Tür zuzusperren und einzuschlafen! … Christy … so höre doch … ei! … Weib! … mach’ auf …“
Aber Christy tat nichts dergleichen; es schien, als wenn das ganze Haus eingefroren wäre; sogar das Schwein ist still geworden und schlief.
„Das ist eine schöne Geschichte,“ meinte Kerasenko, „merkwürdig, wie sie so fest einschlafen konnte! –