In den ersten Jahren pflegte Dukač den Agap mit Fuhren nach Odessa zu schicken.
Als Agap einmal von einer solchen Odessaer Reise zurückkehrte, die Abrechnung pflegte und in der Rechnung den Ankauf einer neuen Mütze auswies, da wurde Dukač darüber, daß Agap, ohne seine Einwilligung eingeholt zu haben, eine Ausgabe machte, so wild, daß er den Agap über Kopf und Nacken so heftig schlug, daß dieser sehr lange nicht nur Schmerzen litt, sondern auch seit dieser Zeit den Kopf nach einer Seite geneigt trug; die Mütze nahm Dukač dem Agap ab, hängte sie auf einen Nagel in der Stube auf, bis sie die Motten zerfraßen.
Der schiefhalsig gewordene Agap ging ein ganzes Jahr lang ohne Mütze herum; alle Leute lachten ihn deswegen aus.
Während des Verlaufes dieses Jahres weinte Agap sehr oft und sehr lange; er hatte Zeit genug darüber nachzudenken, wie er sich in der Folge in einem solchen Falle zu benehmen hätte.
Durch die rohe Behandlung seines Onkels ist Agap selbst stumpf geworden; die Leute rieten ihm seinen Verwandten zu betrügen, aber dieser Betrug müsse so politisch sein, daß er, Agap, eine Mütze hätte, ohne daß Dukač dahinter kommen könnte, in welcher Art und Weise er, Agap, sich das Geld zum Ankauf verschafft habe, dieses sei jedoch nur dann möglich, wenn er, Agap, das für die Mütze verausgabte Geld in kleinen Beträgen auf die anderen Ausgaben verteile.
Sodann müsse er, Agap, behufs Sicherung, für alle Fälle, sich Hals und Nacken recht dick mit Tuch umwickeln, sobald er mit seinem Onkel Dukač die Abrechnung pflegen wird, denn wenn ihn dann Dukač schlagen sollte, so wird er, Agap, wenigstens keine Schmerzen empfinden.
Agap hat sich diese und ähnliche Ratschläge recht wohl gemerkt und als ihn Onkel Dukač das nächste Jahr wiederum nach Nižnij3 schickte, da kam Agap, der ohne Mütze vom Hause wegging, mit neuer Mütze zurück, die jedoch in der Rechnung nicht angeschrieben stand.
Dukač bemerkte gar nicht, daß Agap eine Mütze besitze, ja er belobte sogar seinen Neffen Agap und bemerkte, daß er diesesmal keine Ursache habe, ihn durchzuprügeln; die Angelegenheit wäre ganz friedlich verlaufen, wenn dem Agap der Teufel nicht geraten hätte dem Onkel zu zeigen, wie er „politisch“ sein und der Redlichkeit ein Schnippchen schlagen könne.
Vorerst jedoch betastete er vorsichtig Hals und Nacken, ob auch die Handtücher, die er vorsichtshalber umgewickelt hatte, fest säßen, und erst dann meinte Agap:
„Ah! Onkel! … gut … gut … für nichts zu schlagen nötig! … Redlichkeit gibt es doch auf der Welt.“
„Was für Redlichkeit?“
„Was für Redlichkeit? … Schaut her, Onkel,“ und er tippte mit dem Finger auf das Papier, auf welchem die Rechnung geschrieben war, „gibt es hier eine Mütze?“
„Nein, ist nicht,“ gab Dukač zur Antwort.
„Und ist die Mütze drin,“ belobte sich Agap selbst und setze diese schief aufs Ohr.
Dukač sah auf und sagte:
„Wirklich eine schöne Mütze – geb’ sie doch ’mal her, ich will sie anprobieren.“
Er setzte die Mütze auf und ging zu dem Spiegelscherben, welcher in einen Holzspan eingeklemmt war, schüttelte seinen grauen Kopf und meinte:
„Gewiß, eine sehr schöne Mütze, die ich selbst tragen werde.“
„Sie steht Euch sehr gut zu Gesichte, Onkel.“
„Ja, wo hast Du, Lump, die Mütze gestohlen?“
„Was Euch nicht einfällt, Onkel, ich stehle nie,“ gab Agap zur Antwort, „Gott soll mich bewahren, ich, und stehlen!“
„Also, woher hast Du die Mütze?“
Agap meinte, gestohlen habe er sie nicht, aber durch Politik sei er in den Besitz derselben gekommen.
Dem Dukač erschien dies alles so außerordentlich lächerlich und unglaublich, daß er tatsächlich zu lachen anfing und meinte:
„Ist es Dir nicht schwer vorgekommen Politik zu treiben?“
„Weshalb?“
„Also red’, wie hast Du das angestellt?“
„Politisch.“
Dukač drohte dem Agap mit dem Finger; doch dieser blieb bei seiner Behauptung die Mütze politisch erworben zu haben.
„Welcher Teufel hat Dir eingeredet, politisch zu sein?“ frug Dukač weiter, „wie kann es möglich sein, daß ein so dummer Junge, wie Du es bist, in Nižnij Politik treiben kann?“
Doch Agap blieb fest bei seiner Behauptung stehen.
Dukač befahl schließlich dem Agap sich zu setzen und ihm haarklein zu erzählen, in welcher Art und Weise er Politik getrieben habe. Dukač selbst goß sich einen kleinen Topf Pflaumenbranntwein ein, brannte seine Pfeife an und richtete sich gemächlich zu längerem Zuhören ein.
Doch die Erzählung war kurz.
Agap las nochmals die sämtlichen Posten der Rechnung vor, und meinte dann:
„Gibt es hier eine Mütze?“
„Nein, nicht,“ gab Dukač zur Antwort.
„Und sie ist doch drin!“
Und nun beichtete er, wo und in welchen Posten und wie viel bei jedem zugerechnet worden ist, und dieses alles erzählte er mit einer solchen Offenheit und Freude, als er sicher war, daß ein Überfall seines Onkels ihm keine großen Schmerzen bereiten könne, denn sein Hals und Nacken waren ja mit vielen Lagen von Handtüchern dicht umwickelt; aber es ereignete sich etwas anderes, ganz unerwartetes, unerwünschtes, worauf Agap ganz unvorbereitet war.
Anstatt seinen Verwandten zu prügeln, meinte Dukač:
„Sieh’! sieh’! wirklich, Du bist sehr politisch vorgegangen und hast die Ausgabe für die Mütze so gut verheimlicht, daß es mir nicht wehe tuet, ich aber werde Dich eine andere Politik lehren,“ und aufspringend riß er dem Agap nicht nur eine Handvoll Haare vom Kopfe, sondern auch gleichzeitig das Stück Haut mit, so daß an dieser Stelle seit dieser Zeit auch keine Haare mehr gewachsen sind.
In dieser Weise endete das politische Spiel des Neffen mit dem Onkel, und als dieser Vorfall im Dorfe bekannt wurde, da wuchs das Ansehen des Dukač noch mehr, als man zu der Überzeugung kam, daß man dem Dukač weder durch List noch Gradheit beikommen oder ihn betrügen könne.
Viertes Kapitel
Dukač blieb stets allen seinen Nachbaren fremd, er besuchte Niemanden und Niemand hatte den Wunsch mit ihm bekannt zu werden oder nähere Freundschaft zu schließen.
Dieses Verhältnis ließ Dukač kalt und völlig gleichgültig, es berührte ihn viel zu wenig, um sich darüber zu grämen.
Man muß sogar annehmen, daß ihm diese Absonderung sehr angenehm war, wenigstens hatte er, bei passender Gelegenheit, sich dahin geäußert, daß er, so lange er lebe, vor Niemandem sich gebeugt oder um etwas gebeten hätte und er hoffe, daß dies auch weiters der Fall sein werde.
Und weshalb sollte er Jemandes Wohlwollen suchen und wünschen?
Ochsen und anderen Gutes besaß er im Überflusse, und wenn ihn Gott dadurch strafen sollte, daß alle seine Ochsen verseuchen oder sein Haus abbrennen würde – so besaß er noch Land, Feld, Wiesen und Steppe – mehr als ihm nötig, die stets, wie es sich für einen tüchtigen Landwirt gebührt, in Ordnung gehalten und bearbeitet wurden, so daß sie, wenn nicht dieses, so doch die nächsten Jahre einen guten Ertrag geben würden, er war deshalb gegen alle Verluste gesichert.
Aber nicht genug daran, denn selbst dann, wenn sein Haus abbrennen, sein Vieh fallen, seine Felder nichts tragen sollten, so gab es im Walde eine Eiche, die dem Dukač nur allein bekannt war, unter deren Wurzeln, in der Erde vergraben ein nicht zu kleines Töpfchen sich befand, daß bis oben voll mit schönen gelben, großen runden Goldfüchsen gefüllt war, hinreichend genug, lange ein völlig sorgenloses Leben führen zu können.
Was waren