Am Jenseits. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Ja, denke dir, sie drohte mir, nach unserer Rückkehr ein Männerzelt, einen männlichen Harem zu bauen und mich da einzusperren, damit mich keine andere Frau betrachten dürfe. Dann sprach sie sogar von einer ganz armseligen Haremswirtschaft, welche eine große und ganz unverzeihliche Beleidigung aller Frauen sei!«

      »Da hat sie recht!«

      »Recht? Sihdi, willst du haben, daß Hanneh eine Revolution gegen mich unternimmt?«

      »Nein; ich gebe ihr nur recht; was sie macht, das ist ihre Sache.«

      »Ich wollte das, was sie eine Beleidigung aller Frauen nannte, nicht einsehen; da erklärte sie es mir.«

      »Und dann begriffst du es?«

      »Du scheinst wieder einmal alles vorherzuwissen, ehe ich es dir sage! Und es ist ja auch wahr: Hanneh, die schönste Blume im Garten meiner Glückseligkeit, hat eine ganz eigene, eine ganz besondere Weise des Erklärens; sie bringt nämlich keine anderen Gründe, als solche, denen man nicht widerstehen kann. So brachte sie mir auch jetzt zwei Beispiele, mit denen sie mich so überwältigte, daß ich wirklich nicht wußte, was ich weiter sagen sollte.«

      »Darf ich erfahren, was für Beispiele das waren? »

      »Es war die Rose und die Retschina fena (Teufelsdreck); denke dir!«

      Ich mußte über diesen kräftigen Vergleich der guten Hanneh unwillkürlich lachen; da fiel er schnell ein:

      »Warum lachst du da? Etwa über mich? Ich kann doch nichts dafür, daß Hanneh, die Wonne meiner Augen, grad auf diese stinkende Retschina fena gekommen ist! Sie fragte mich, ob man jemandem eine Rose zeigen dürfe, und ich mußte dies natürlich bejahen. Hierauf wollte sie wissen, ob es die Höflichkeit gestatte, jemandem ein Stück Retschina fena vor die Nase zu halten, und ich verneinte es. Kaum hatte ich das getan, so warf sie mir vor, daß sie von mir nicht wie eine duftende Rose, sondern wie stinkende Retschina fena behandelt werde. Sie behauptete, die Frauen des Orientes würden von ihren Männern genau so eingewickelt, wie man die Retschina fena einwickelt, damit keine Nase von ihr beleidigt werde; das sei die größte Kränkung, die es geben könne; das müsse anders werden, denn so eine Entwürdigung des weiblichen Geschlechtes könne unmöglich länger geduldet werden! Ich sage dir, sie verlangte in ihrem Zorne auch Eisenbahnen und auch Lokomotiven hierher zu uns; sie wolle sich nicht länger als Retschina fena behandeln lassen, sondern auch im Wagen sitzen wie die Frauen des Abendlandes, die keine Puppen, sondern Herrinnen seien und ganz dieselben Rechte wie ihre Männer hätten! Denke dir, Rechte! Meine Hanneh, die schönste, die ruhigste, die sanfteste, die geduldigste, die liebenswürdigste aller Liebenswürdigkeiten, sprach von Rechten, von denselben Rechten, wie die Männer haben! Ist das nicht unerhört?«

      »Nein.«

      »Nicht? Wie denn? »

      »Ich halte es für selbstverständlich, nicht für unerhört.«

      »Aber was soll daraus werden, wenn die Frauen nicht mehr so zurückgehalten werden, wie es jetzt geschieht!

      »Zurückhalten? Meinst du vielleicht, daß sie dann wie wilde Tiere über uns herfallen, um uns zu verschlingen?«

      »Nein; du mußt nicht gleich das Allerschlimmste sagen. Ich war aber der Ansicht, daß man ihnen sehr enge Grenzen ziehen muß.

      »Welche Grenzen zum Beispiel?«

      »Es muß ihnen verboten sein, auszugehen, sobald es dunkel ist!«

      »Gut; weiter!«

      »Sie müssen es vermeiden, mit einem Manne, der nicht ihr Mann ist, allein zu sein.«

      »Das verlangst du im vollen Ernste?«

      »Jawohl! In dieser Beziehung verstehe ich keinen Spaß. Gegen eine Frau, welche diese Gesetze übertritt, muß man sich genau so wie der Padischah gegen seinen Harem verhalten!«

      »Wie?«

      »Er läßt solche Frauen in einen Sack binden und in das tiefste Wasser werfen.«

      »Wirklich?«

      »Ja, das tut er, und ich sage, daß dies ganz richtig von ihm ist!«

      »Lieber Halef, hast du vielleicht einen Sack mit?

      »Ja, mehrere, für die Pferdedatteln.«

      »Sind sie groß genug, eine Frau hineinzustecken?«

      »Nein.«

      »Schade, jammerschade!«

      »Warum?«

      »Wir hätten deine Hanneh in einen solchen Sack gesteckt und in das erste Wasser geworfen, weiches wir antreffen.«

      »Meine Hanneb? Die allernotwendigste Notwendigkeit zum Glücke meines Erdenlebens?« fragte er erstaunt.

      »Leider!« nickte ich sehr ernst.

      »Sie in einen Sack stecken?«

      »Ja.«

      »Und in das Wasser werfen?«

      »In die tiefste Stelle sogar!«

      »Warum? Sag schnell, warum?«

      »Weil sie gegen die beiden Gesetze gehandelt hat, welche du vorhin aufstelltest.«

      »Du scherzest, Effendi, du scherzest!«

      »Nein. Ich bin Zeuge, daß sie es getan hat!«

      »Sihdi, mach mich nicht unglücklich! Meine Hanneh wäre mit einem Manne, der nicht ich war, allein gewesen?«

      »Ja; sogar in tiefer Dunkelheit, beim Neumonde, ganz hinter den Zeiten eures Lagers.«

      »Ich sterbe! Ja, ich sterbe vor Trauer, obgleich ich es für vollständig unmöglich halte, daß sie dieses größte aller Verbrechen begangen haben kann! Aber du sagst es, Effendi, du, der mein erster und bester Freund ist und mir so etwas nicht mitteilen wird, ohne es beweisen zu können!«

      »Ich habe dir schon gesagt, daß ich Zeuge bin, und ich teile dir jetzt mit, daß es noch einen zweiten Zeugen gibt.«

      »Noch einen? Der es gesehen hat?«

      »Ja.«

      »Wer ist das? Sag es! Heraus damit! Diesen Halunken bringe ich augenblicklich um, weil er es mir verschwiegen hat!«

      »Lieber Halef, das würde Selbstmord sein!«

      »Selbst – — – ? »

      »Ja, denn du selbst bist dieser zweite Zeuge.«

      »Ich – — – ich – — – ich selber!«

      »Ja. »

      »Effendi, du wirst mir immer unbegreiflicher!«

      »Du scheinst es vergessen zu haben; darum will ich deinem Gedächtnisse zu Hilfe kommen. Erinnerst du dich jener Neumondsnacht vor unserem Aufbruche nach dem Tigris, als wir unsere Reise nach Persien antraten?«

      »Ja. »

      »Da hat, nach Mitternacht sogar, deine Hanneh mit einem Manne, der nicht Hadschi Halef war, eine ziemlich lange Zeit hinter euern Zelten gesteckt.«

      Da warf er beide Arme freudig empor und rief, indem er tief und wie von einer großen Last befreit Atem holte, in frohem Tone aus:

      »Hamdulillah! Da wird mir ja das Herz gleich wieder leicht! 0 Sihdi, was für eine außerordentliche Bangigkeit hast du in meine Seele gelegt! Es war, als ob mir das ganze Glück meines Lebens zerrissen und zertrümmert werden solle. Hätte ein anderer so zu mir gesprochen wie du, gleich wäre ihm mein Messer in den Leib gefahren, zur Strafe dafür, daß er es wagte, Hanneh, das köstliche Ebenbild der reinen Sonne, mit seinen Verdächtigungen zu beschmutzen. Da du es aber warst, der also sprach, so konnten die Worte, welche mir so tiefen Schmerz bereiteten, doch keine Lüge sein; sie mußten Wahrheit enthalten. Darum fühlte ich mich niedergeschmettert wie ein kleiner Käfer, auf welchen ein großer Berg herabgefallen ist. Nun ich aber höre; daß du jene Nacht vor unserem Aufbruche meinst, ist dieser Berg wieder verschwunden, und der Käfer zappelt lustig weiter, denn ich weiß, daß du selbst der fremde Mann gewesen bist, der damals mit ihr gesprochen hat!«

      »Und das macht dich