Till Eulenspiegel. Hermann Bote. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hermann Bote
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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er mit Sankt Martin zu Abend. Also essen wir auch.«

      Die 6. Historie sagt, wie Eulenspiegel in der Stadt Staßfurt einen Brotbäcker um einen Sack voll Brot betrog und es seiner Mutter heimbrachte.

      Lieber Gott, hilf«, dachte Eulenspiegel, »wie soll ich die Mutter beruhigen? Wo soll ich Brot herbekommen für ihr Haus?« Und er ging aus dem Flecken, in dem seine Mutter wohnte, in die Stadt Staßfurt. Dort fand er eines reichen Brotbäckers Laden, ging hinein und fragte, ob der Bäcker seinem Herrn für zehn Schillinge Roggen- und Weißbrot schicken wolle. Er nannte den Namen eines Herren aus der Gegend und sagte, sein Herr sei hier zu Staßfurt, und benannte auch die Herberge, in der er sei. Der Bäcker solle einen Knaben mit in die Herberge zu seinem Herren schicken, dort wolle er ihm das Geld geben. Der Bäcker sagte: »ja.« Nun hatte Eulenspiegel einen Sack mit einem verborgenen Loch. In diesen Sack ließ er sich das Brot zählen. Und der Bäcker sandte einen Jungen mit Eulenspiegel, um das Geld zu empfangen. Als Eulenspiegel einen Armbrustschuß weit von des Brotbäckers Haus war, ließ er ein Weißbrot aus dem Loch in den Dreck der Straße fallen. Da setzte Eulenspiegel den Sack nieder und sprach zu dem Jungen: »Ach, das besudelte Brot darf ich nicht vor meinen Herrn bringen. Lauf rasch damit wieder nach Haus und bring mir ein anderes Brot dafür! Ich will hier auf dich warten.« Der Junge lief hin und holte ein anderes Brot. Inzwischen ging Eulenspiegel weiter in ein Haus in der Vorstadt. Dort stand ein Pferdekarren aus seinem Flecken. Darauf legte er seinen Sack und ging neben dem Kärrner her. So kam er heim ans Haus seiner Mutter.

      Als der Bäckerjunge mit dem Brot wiederkam, war Eulenspiegel mit den Broten verschwunden. Da rannte der Junge zurück und sagte das dem Bäcker. Der Brotbäcker lief sogleich zu der Herberge, die ihm Eulenspiegel genannt hatte. Doch dort fand er niemanden, sondern sah, daß er betrogen war.

      Eulenspiegel brachte seiner Mutter das Brot nach Hause und sagte: »Schau her und iß, dieweil du etwas hast, und faste mit Sankt Nikolaus, wenn du nichts hast.«

      Die 7. Historie sagt, wie Eulenspiegel das Weck- oder Semmelbrot mit anderen Jungen im Übermaß essen mußte und noch dazu geschlagen wurde.

      In dem Flecken, worin Eulenspiegel mit seiner Mutter wohnte, herrschte eine Sitte: wenn ein Hauswirt ein Schwein geschlachtet hatte, gingen die Nachbarskinder in das Haus und aßen dort eine Suppe oder einen Brei. Das nannte man das Weckbrot.

      Nun wohnte in demselben Flecken ein Gutspächter, der war geizig mit dem Essen und durfte doch den Kindern das Weckbrot nicht versagen. Da erdachte er eine List, mit der er ihnen das Weckbrot verleiden wollte. Er schnitt in eine große Milchschüssel harte Brotrinden. Als die Kinder kamen, Knaben und Mädchen – darunter auch Eulenspiegel -, ließ er sie ein, schloß die Tür zu und begoß das Brot mit Suppe. Der Brotbrocken waren aber viel mehr, als die Kinder essen konnten. Wenn nun eins satt war und davongehen wollte, kam der Hauswirt und schlug es mit einer Rute um die Lenden, so daß ein jedes im Übermaß essen mußte. Und der Hauswirt wußte wohl von Eulenspiegels Streichen, so daß er auf ihn besonders achtgab. Wenn er einen anderen um die Lenden hieb, so traf er Eulenspiegel noch besser. Das trieb er so lange, bis die Kinder alle Brocken des Weckbrotes aufgegessen hatten. Das bekam ihnen ebenso gut wie dem Hund das Gras.

      Danach wollte kein Kind mehr in des geizigen Mannes Haus gehen, um Weckbrot oder Metzelsuppe zu essen.

      Die 8. Historie sagt, wie Eulenspiegel es machte, daß sich die Hühner des geizigen Bauern um die Lockspeise zerrten.

      Als der Hauswirt am nächsten Tage ausging, begegnete er Eulenspiegel und fragte: »Lieber Eulenspiegel, wann willst du wieder zum Weckbrot zu mir kommen?« Eulenspiegel sagte: »Wenn sich deine Hühner um den Köder reißen, je vier um einen Bissen Brot.« Da sprach der Mann: »Dann willst du also lange nicht zu meinem Weckbrot kommen?« Eulenspiegel entgegnete: »Wenn ich aber doch eher käme, als die nächste Zeit für fette Metzelsuppe ist?« Und damit ging er seines Weges.

      Eulenspiegel wartete, bis es Zeit war, daß des Mannes Hühner auf der Gasse Futter suchten. Dann knüpfte er zwanzig Fäden oder mehr jeweils zwei und zwei in der Mitte zusammen und band an jedes Ende eines Fadens einen Bissen Brot. Er nahm die Fäden und legte sie verdeckt hin, die Brotstücke aber waren zu sehen. Die Hühner pickten und schluckten nun hier und dort die Brotbissen mit den Fadenenden in ihre Hälse. Aber sie konnten die Bissen nicht herunterschlucken, denn am anderen Ende des Fadens zog ein anderes Huhn, so daß je eins das andere zog. Kein Huhn konnte das Brot ganz hinunterschlucken oder es wieder aus dem Hals herausbekommen, da die Brotstücke zu groß waren. So standen mehr als zweihundert Hühner einander gegenüber und würgten und zerrten an der Lockspeise.

      Die 9. Historie sagt, wie Eulenspiegel in einen Bienenkorb kroch, zwei Diebe in der Nacht kamen und den Korb stehlen wollten und wie er es machte, daß die beiden sich rauften und den Bienenkorb fallen ließen.

      Einmal begab es sich, daß Eulenspiegel mit seiner Mutter in ein Dorf zur Kirchweih ging. Und Eulenspiegel trank, bis er betrunken wurde. Da suchte er einen Ort, wo er friedlich schlafen könne und ihm niemand etwas täte. Hinten in einem Hof fand er einen Haufen Bienenkörbe, und dabei lagen viele Immenstöcke, die leer waren. Er kroch in einen leeren Korb, der am nächsten bei den Bienen lag, und gedachte, ein wenig zu schlafen. Und er schlief von Mittag bis gegen Mitternacht. Seine Mutter meinte, er sei wieder nach Hause gegangen, da sie ihn nirgends sehen konnte.

      In derselben Nacht kamen zwei Diebe und wollten einen Bienenkorb stehlen. Und einer sprach zum anderen: »Ich habe immer gehört, der schwerste Immenkorb ist auch der beste.« Also hoben sie die Körbe und Stöcke einen nach dem anderen auf, und als sie zu dem Korb kamen, in dem Eulenspiegel lag, war das der schwerste. Da sagten sie: »Das ist der beste Immenstock«, nahmen ihn auf die Schultern und trugen ihn von dannen.

      Indessen erwachte Eulenspiegel und hörte ihre Pläne. Es war ganz finster, so daß einer den anderen kaum sehen konnte. Da griff Eulenspiegel aus dem Korb dem Vorderen ins Haar und riß ihn kräftig daran. Der wurde zornig auf den Hinteren und meinte, dieser hätte ihn am Haar gezogen, und er begann, ihn zu beschimpfen. Der Hintermann aber sprach: »Träumst du, oder gehst du im Schlaf? Wie sollte ich dich an den Haaren rupfen? Ich kann doch kaum den Immenstock mit meinen Händen halten!« Eulenspiegel lachte und dachte: das Spiel will gut werden! Er wartete, bis sie eine weitere Ackerlänge gegangen waren. Dann riß er den Hinteren auch kräftig am Haar, so daß dieser sein Gesicht schmerzlich verziehen mußte. Der Hintermann wurde noch zorniger und sprach: »Ich gehe und trage, daß mir der Hals kracht, und du sagst, ich ziehe dich beim Haar! Du ziehst mich beim Haar, daß mir die Schwarte kracht!« Der Vordere sprach: »Du lügst dir selbst den Hals voll! Wie sollte ich dich beim Haar ziehen, ich kann doch kaum den Weg vor mir sehen! Auch weiß ich genau, daß du mich beim Haar gezogen hast!«

      So gingen sie zankend mit dem Bienenkorb weiter und stritten miteinander. Nicht lange danach, als sie noch im größten Zanken waren, zog Eulenspiegel den Vorderen noch einmal am Haar, so daß sein Kopf gegen den Bienenkorb schlug. Da wurde der Mann so zornig, daß er den Immenstock fallen ließ und blindlings mit den Fäusten nach dem Kopf des Hintermannes schlug. Dieser ließ den Bienenkorb auch los und fiel dem Vorderen in die Haare. Sie taumelten übereinander, entfernten sich voneinander, und der eine wußte nicht, wo der andere blieb. Sie verloren sich zuletzt in der Finsternis und ließen den Immenstock liegen.

      Nun lugte Eulenspiegel aus dem Korbe, und als er sah, daß es noch finster war, schlüpfte er wieder hinein und blieb darin liegen, bis es heller Tag war. Dann kroch er aus dem Bienenkorb und wußte nicht, wo er war. Er folgte einem Weg nach, kam zu einer Burg und verdingte sich dort als Hofjunge.

      Die 10. Historie sagt, wie Eulenspiegel ein Hofjunge wurde und ihn sein Junker lehrte, wo er das Kraut »Henep« fände, solle er hineinscheißen; da schiß er in den Senf (»Senep«) und meinte, »Henep« und »Senep« sei ein Ding.

      Bald danach kam Eulenspiegel auf eine Burg zu einem Junker und gab sich als Hofjunge aus. Er mußte gleich mit seinem Junker über Land reiten. Am Weg stand Hanf; den nennt man im Lande Sachsen, aus dem Eulenspiegel stammte, »Henep«. Der Junker sprach zu Eulenspiegel, der die Lanze seines Herrn trug: »Siehst du das Kraut, das da steht? Es heißt Henep.« Eulenspiegel sagte: »ja, das sehe ich wohl.« Da sprach sein Junker: »Sooft du daran vorbeikommst,