Satan und Ischariot III. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Er würde, wenn er von oben herunterblickt, das Grab offen sehen und sofort seine Krieger rufen.«

      »Was schadet das! Wir haben sie nun nicht mehr zu fürchten!«

      »Doch noch. Wir müssen auch hinauf. Es giebt nur den einen Pfad, und wenn sie ihn besetzen, können wir nicht fort.«

      »So schießen wir sie nieder!«

      »Wenn sie sich hinter den Felsenecken verbergen, können wir sie nicht treffen, während aber ihre Kugeln uns erreichen.«

      Wir haben also mit vereinten Kräften den schweren Stein auf und lehnten ihn wieder an die Spalte; dann eilten wir an das Wasser, um unsere Sachen schnell an uns zu nehmen. Es fehlte nichts von allem, was man uns abgenommen hatte. Welche Wonne, als ich meine beiden Gewehre wieder hatte, und dazu die ganze Munition!

      »Nun aber fort!« rief Emery, indem er sich anschickte, zu den Pferden zu gehen.

      »Noch nicht!« sagte ich. »Wir müssen erst wissen, wie es da oben auf der Ebene steht.«

      »Das ist doch nicht notwendig! Die Roten können uns nichts anhaben! Kein Indsman darf es wagen, uns nahe zu kommen, da wir unsere Gewehre haben.«

      »Sobald wir uns im Freien befinden, ja. Jetzt aber stecken wir noch in diesem tiefen Thalkessel und wissen nicht, ob wir zu Pferde hinaufkommen können, ohne bemerkt zu werden. Wir müssen erst hinaufsteigen, um zu rekognoszieren.«

      »Uebertriebene Vorsicht! Ich halte das für ganz unnötig, will mich aber fügen.«

      Wir stiegen also den steilen Weg hinauf. Da der Häuptling jeden Augenblick zurückkehren konnte, vielleicht nicht allein, sondern in Begleitung von noch andern Roten, so nahmen wir den Gang möglichst vorsichtig vor. Wir eilten über offene Stellen so schnell wie möglich hinweg und blieben, wenn wir Deckung hatten, halten, um vorwärts zu lauschen, ob die Schritte eines Menschen oder Pferdes zu hören seien. Und das war gut! Denn eben befanden wir uns an einer neuen Krümmung des Weges und horchten um die Ecke, als wir Hufschlag hörten. Winnetou war voran. Er blickte vorsichtig um den Felsen und wendete sich dann zu uns zurück, um leise zu sagen:

      »Der Häuptling kommt.«

      »Allein?«

      »Ja.«

      Das Geräusch der Huftritte schwieg. Der Komantsche hielt an und sah in das Thal hinab. Hätten wir den Stein nicht wieder vor das Grab gelegt gehabt, so wäre ihm das unbedingt aufgefallen und er hätte sich sofort sagen müssen, daß wir noch unten im Thale seien. So aber schöpfte er keinen Verdacht und ritt weiter.

      »Was thun?« fragte Emery.

      »Ihn festnehmen,« antwortete ich. »Aber nicht hier. Der Ort paßt nicht dazu, und ein Hilferuf von ihm würde von seinen Leuten gehört werden. Kommt schnell wieder hinab!«

      Wir kehrten um und rannten zurück. Unten angekommen, blieben wir da, wo der Weg ins Thal mündete, halten. Da lag ein großes Felsstück, hinter welchem sich ein Mann verstecken konnte. Winnetou kauerte sich dort nieder und sagte:

      »Meine Brüder mögen vollends um die Ecke gehen, damit er sie nicht sieht. Ich lasse ihn vorüber, springe dann hinter ihm auf das Pferd und nehme ihn fest. Darauf mögen meine Brüder von vorn auf ihn eindringen.«

      Emery und ich gingen die zwanzig Schritte weiter, die wir noch bis zur Einmündung des Weges zu machen hatten, und postierten uns dort hinter die Ecke. Kurze Zeit später hörten wir den Häuptling kommen. Wir lauschten dem Hufschlage seines Pferdes. Jetzt mußte er beim Verstecke des Apatschen sein – jetzt an demselben vorüber – da blieb das Pferd stehen; ein unterdrückter Schrei ließ sich hören. Wir sprangen hinter der Ecke hervor. Da hielt das Pferd auf dem Wege; Winnetou kniete auf demselben hinter dem Komantschen und hatte ihn mit beiden Händen am Halse fest. Wir sprangen hinzu und zogen den vor Schreck ganz bewegungslosen Roten vom Pferde herunter, entwaffneten ihn und banden ihm mit seinem eigenen Lasso die Arme fest an den Leib. Darauf brachten wir ihn nach einer Stelle, wo wir mit ihm nicht von oben gesehen werden konnten, zogen ihn da nieder und banden ihm auch die Beine zusammen, so daß er nun wie ein Kind im Wickel vor uns lag.

      »Meine Brüder mögen hier bei ihm bleiben,« sagte Winnetou. »Ich steige schnell wieder nach oben, um zu sehen, was die Komantschen jetzt thun.«

      Er entfernte sich. Der »große Pfeil« lag zu unsern Füßen und betrachtete uns mit Augen, in denen sich eine unbeschreibliche Wut aussprach. Ein anderer an seiner Stelle hätte höchst wahrscheinlich geschwiegen; er hatte geglaubt, daß wir längst fort seien und brannte nun darauf, zu erfahren, wie es uns gelungen sei, ihn in die Falle zu bringen; darum fragte er:

      »Wo hat Old Shatterhand mit seinen Gefährten gesteckt, daß wir ihn nicht haben sehen können?«

      »Im Grab deines Vaters.«

      »Uff! Warum seid ihr nicht sofort geflohen?«

      »Weil wir nicht ohne unsere Pferde und Waffen fort wollten. Du siehst, daß wir sie uns geholt haben.«

      »Winnetou und Old Shatterhand sind sehr verwegene Krieger!« stieß er wütend hervor.

      »So siehst du also ein, daß die Krieger der Komantschen viel klüger sein müßten, wenn es ihnen gelingen sollte, uns festzuhalten. Ihr habt uns ergreifen können, weil ein böser Mensch uns euch verriet; zum zweitenmal bringt ihr das aber nicht fertig. Und uns gar in das Grab deines Vaters sperren, das war ein Gedanke, den nur ein so junger Krieger, wie du bist, haben konnte. Du siehst, daß wir deinen Vater nicht in den ewigen Jagdgründen bedienen werden!«

      »Und doch werdet ihr das thun? Ihr seid noch nicht entkommen!«

      »O, wir fühlen uns so sicher, als ob gar keine Krieger der Komantschen auf der Erde wären! Ich brauche nur dieses eine Gewehr, welches du hier in meiner Hand siehst, um sie alle nacheinander in die ewigen Jagdgründe zu senden. Du wirst von dem Gewehre gehört haben.«

      »Ja. Der böse Geist hat es dir gegeben. Du kannst mit demselben schießen, so oft du willst, ohne daß du zu laden brauchst.«

      »Wenn du das weißt, so darfst du auch nicht sagen, daß deine Krieger uns wieder ergreifen werden!«

      Er schwieg, schloß eine Weile die Augen, öffnete sie dann wieder und fragte, indem er einen forschenden Blick auf mich warf:

      »Ich bin in eurer Gewalt. Was werdet ihr mit mir thun?«

      »Du hast uns einem qualvollen Tode überantworten wollen. Wir sollten dort im Grabe der »starken Hand« langsam verschmachten. Welches Schicksal erwartest du dafür von uns?«

      »Den Tod. Ihr werdet mich martern; aber es wird kein Laut der Klage über meine Lippen kommen!«

      »Wir werden dich nicht martern; wir werden dich auch nicht töten. Du hast uns nicht gequält, sondern uns als tapfere Krieger geachtet; wir werden also fortreiten und dich hier liegen lassen, damit deine Krieger dich dann finden und von den Banden frei machen. Winnetou und Old Shatterhand dürsten nicht nach Menschenblut; sie hätten damals auch deinen Vater nicht erschossen, wenn die vier Bleichgesichter nicht so unschuldigerweise von ihm verbrannt worden wären.«

      In diesem Augenblicke kehrte Winnetou zurück. Er hatte den letzten Teil meiner Rede gehört und sagte zu dem Häuptlinge:

      »Ja, der »große Pfeil« mag seine Krieger davon benachrichtigen, daß Winnetou ein Freund aller roten Männer ist und auch die Söhne der Komantschen nur dann als Feinde betrachtet, wenn sie sich als solche gegen ihn verhalten. Du hast uns töten wollen; wir könnten nun dein Leben dafür fordern. Du sollst es behalten. Eines aber werden wir euch nehmen. Wir wollten ein Bleichgesicht fangen, welches ein großer Verbrecher ist. Du hast dich dieses Mannes angenommen und ihn mit seinem Weibe, welches nicht sein Weib ist, entkommen lassen. Dann hast du uns hierher geschafft. Dadurch hat der Mann einen großen Vorsprung gewonnen, welchen wir nur mit sehr guten Pferden wieder einholen können. Die Krieger der Komantschen haben Pferde hier, welche viel besser sind, als die unserigen. Wir werden sie gegen drei der eurigen umtauschen.«

      »Ist Winnetou, der berühmte und tapfere Häuptling der Apatschen, ein Pferdedieb geworden?« fragte der Gefangene.

      »Nein; aber du bist schuld, daß der Flüchtling