1.2 Die Mietbremse
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Dies Mietrechtsnovellierungsgesetzt vom 21.4.2015 (BGBl I, 610) begrenzt mit den §§ 556d–556g seit 1.6.2015 die Höhe des Mietzinses für Wohnraum schon bei Mietbeginn[45], freilich nur in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt, die durch Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt werden. Das Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18.12.2018[46] und das Gesetz über die zulässige Miethöhe vom 19.3.2020 ergänzen den § 556g.
Die gutgemeinte, aber komplizierte Mietbremse[47] sieht so aus: Nach § 556d darf die Miete schon zu Beginn des Wohnmietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete des § 558 II höchstens um 10 % übersteigen (I). Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt auf jeweils längstens 5 Jahre zu bestimmen (II 1 mit näherer Bestimmung des angespannten Wohnungsmarktes in II 2, 3 sowie Fristablauf und Begründung der Rechtsverordnung in II 4-7)[48]
§ 556e erlaubt, wenn der Vormieter eine höhere Miete schuldete, die Vereinbarung einer Miete bis zur Höhe der Vormiete (I 1). Bei der Ermittlung der Vormiete bleiben unberücksichtigt Mietminderungen sowie Mieterhöhungen, die mit dem Vormieter im letzten Jahr vor Mietende vereinbart wurden (I 2). Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Mietbeginn erhöhen die nach § 556d I zulässige Miete in bestimmter Höhe (II).
Nach § 556f ist § 556d nicht anwendbar auf Wohnungen, die erstmals nach dem 1.10.2014 genutzt und vermietet wurden (S. 1), und die §§ 556d, 556e sind nicht anwendbar auf die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung (S. 2).
§ 556g I regelt die Rechtsfolgen der Mietbremse. Eine Vereinbarung, die von §§ 556d-556g abweicht, ist unwirksam (S. 1). Jedoch bleibt der Mietvertrag im Übrigen bestehen, wenn nur die zulässige Miete überschritten wird (S. 2). Zu viel bezahlte Miete hat der Vermieter dem Mieter als ungerechtfertigte Bereicherung zu erstatten (S. 3), jedoch sind die §§ 814, 817 S. 2 nicht anzuwenden (S. 4).
§ 556g Ia verpflichtet den Vermieter, soweit die Miethöhe nach § 556e oder § 556f zulässig ist, dem Mieter, bevor er seine Vertragserklärung abgibt, unaufgefordert Auskunft in vier Varianten zu erteilen (S. 1).
Soweit der Vermieter die Auskunft nicht erteilt, kann er sich nicht darauf berufen, dass die Miete nach § 556e oder § 556f zulässig sei (S. 2). Und wenn er die Auskunft in der vorgeschriebenen Form nachholt, darf er sich erst zwei Jahre danach auf eine nach § 556e oder § 556f zulässige Miete berufen (S. 3). Entbehrt die Auskunft aber der vorgeschriebenen Form, darf der Vermieter sich erst nach formgerechter Nachholung auf § 556e oder § 556f berufen (S. 4).
Der Mieter darf nach § 556g II eine Miete, die er nach §§ 556d, § 556e nicht geschuldet hat, nur zurückfordern, wenn er einen Verstoß gegen die §§ 556d–556g gerügt hat (S. 1). Hat der Vermieter eine Auskunft nach § 556g Ia 1 erteilt, muss die Rüge des Mieters sich darauf beziehen (S. 2). Und rügt der Mieter den Verstoß erst mehr als 30 Monate nach Mietbeginn oder ist das Mietverhältnis bei Zugang der Rüge schon beendet, kann er nur die Miete zurückfordern, die erst nach Zugang der Rüge fällig geworden ist (S. 3).
§ 556g III verpflichtet den Vermieter auf Verlangen des Mieters zur Auskunft über die Tatsachen, welche die vereinbarte Miete zulässig machen.
Nach § 556 IV bedürfen alle Erklärungen nach Ia–III der Textform.
2. Die Entstehung und Fälligkeit des Mietzinsanspruchs
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Nach § 556b I ist der Mietzins für Wohnraum und nach § 579 II auch für andere Räume, wenn nichts anderes vertraglich vereinbart ist, im Voraus spätestens bis zum 3. Werktag derjenigen Periode zu zahlen, nach der er vertraglich bemessen ist[49].
Als Verbraucher zahlt der Wohnungsmieter bargeldlos dann rechtzeitig, wenn er seine Bank rechtzeitig mit der Überweisung beauftragt und sein Konto gedeckt ist; die strenge Zahlungsverzugsrichtlinie der EU vom 26.2.2011 gilt nur für Entgelte im Geschäftsverkehr[50].
Dagegen ist der Mietzins für ein Grundstück oder eine bewegliche Sache gemäß § 579 I erst am Ende der Mietzeit oder nach Ablauf der Rechnungsperiode zu zahlen, nach der er vertraglich bemessen ist, die Grundstücksmiete vierteljährlich, wenn sie nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist.
Laut BGH entsteht der periodisch fällige Anspruch auf den Mietzins nicht insgesamt schon mit Abschluss des Mietvertrags, sondern regelmäßig wiederkehrend erst mit Beginn oder Ende des jeweiligen Zeitabschnitts, nach dem er bemessen ist. Er ist deshalb nicht betagt, sondern befristet; das ist wichtig für die Vorausabtretung künftiger Mietzinsforderungen[51]. Die §§ 556b I, 579 regeln demnach nicht erst die Fälligkeit, sondern schon die Entstehung des Mietzinsanspruchs.
Nach § 259 ZPO darf der Vermieter auf künftige Mietzinszahlung klagen, wenn der Mieter mit der Miete oder den Nebenkosten in mehrfacher Höhe der Bruttomiete im Rückstand ist[52].
Der Mietzinsanspruch lässt sich ohne weiteres aus dem Mietverhältnis herauslösen und separat nach § 398 abtreten[53].
Für den hilfsbedürftigen Wohnungsmieter kann das Jobcenter (Sozialamt) die Miete direkt an den Vermieter zahlen[54].
3. Die Staffel- und die Indexmiete
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Nach § 557 II kann der Wohnungsmietvertrag den Mietzins für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe festlegen, entweder als Staffel- oder als Indexmiete, und so der Inflation und dem Geldwertschwund vorbeugen.
§ 557a erlaubt die Staffelmiete unter folgenden Bedingungen:
- | schriftliche Vereinbarung der unterschiedlichen Geldbeträge (I); |
- | stabiler Mietzins für jeweils mindestens ein Jahr und Ausschluss einer Mieterhöhung gemäß §§ 558-559b während der Laufzeit der Staffelmiete (II); |
- | Ausschluss des Kündigungsrechts des Mieters für höchstens vier Jahre und Kündigung frühestens nach vier Jahren (III)[55]; |
- | Anwendung der §§ 556d-556g zur Mietbremse (IV). |
Die wirksam vereinbarte Staffelmiete ist auch dann verbindlich, wenn das allgemeine Mietniveau plötzlich absinkt[56].
Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Wohnungsmieters sind unwirksam (V)[57].
§ 557b erlaubt die Indexmiete, die den Mietzins durch den Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt, unter folgenden Bedingungen:
- | schriftliche Vereinbarung (I); |
- | unveränderte Miethöhe für jeweils mindestens ein Jahr vorbehaltlich der §§ 559-560 und Beschränkung der Mieterhöhung nach § 559 während der Laufzeit der Indexmiete (II), |
- | Verlangen der geänderten Miethöhe in Textform (III)[58]; |