Leistungsmotivation. Leistungsmotivation kann als eine recht stabile Tendenz von Personen beschrieben werden, mit Energie und Ausdauer als wichtig bewertete Aufgaben bis zu einem erfolgreichen Abschluss zu bearbeiten (Fröhlich, 2014). Die motivationspsychologische Forschung hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Theorien aufgestellt und Verfahren entwickelt, die auf unterschiedliche Weise Leistungsmotivation erfassen (Atkinson, 1957; Dweck & Elliott, 1983; McClelland, Atkinson, Clark & Lowell, 1953; Nicholls, 1984). Da verschiedene Aspekte der Leistungsmotivation, wie zum Beispiel Erfolgszuversicht, Engagement und Statusorientierung, im engen Zusammenhang mit leistungsbezogenem Wahlverhalten stehen, werden diese zur Konstruktvalidierung herangezogen. Ein Instrument, das die wichtigsten Dimensionen verschiedenster Leistungsmotivationstheorien integriert und insbesondere berufserfolgsrelevante Aspekte berücksichtigt, ist das Leistungsmotivationsinventar von Schuler und Prochaska (2001). Auch in der für diese Untersuchung verwendeten Kurzform (30 Items) werden in dem Inventar alle 17 Dimensionen der Normalversion (170 Items) abgebildet. Die Auswertung kann dimensionsspezifisch oder als Gesamtwert erfolgen. Für diese Untersuchung wurden zur Konstruktvalidierung die Dimensionen herangezogen, die in engem Zusammenhang mit den leistungs- bzw. wertbezogenen Motiven stehen. Dies sind für die Leistungskomponente Engagement, Leistungsstolz, Erfolgszuversicht, Flexibilität, Lernbereitschaft, Selbstkontrolle und Zielsetzung. Für die Wertkomponente wurden die Dimensionen Statusorientierung und Dominanz einbezogen.
Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung. Selbstwirksamkeitserwartung beschreibt die Überzeugung einer Person, Aufgaben erfolgreich ausführen zu können (Bandura, 1977). Selbstwirksamkeitserwartungen haben einen Einfluss auf zahlreiche Aspekte des Handelns, wie zum Beispiel Ziele, Ausdauer und Umgang mit Misserfolg (Bandura, 2012). Sie weisen darüber hinaus Beziehungen zu verwandten Konstrukten wie Selbstwert, Kontrollüberzeugungen und Ergebniserwartungen auf und stehen im engen Zusammenhang mit der Erwartungskomponente der Erwartungs-Wert-Theorie (Judge, Erez, Bono & Thoresen, 2002). Schließlich weist das Konzept negative Zusammenhänge mit Ängstlichkeit und Arbeitsstress auf (Beierlein, Kovaleva, Kemper & Rammstedt, 2014; Luszczynska, Gutiérrez-Doña & Schwarzer, 2005). Zur Erfassung der Selbstwirksamkeitserwartung wurde die Allgemeine Selbstwirksamkeit Kurzskala (ASKU) von Beierlein, Kovaleva, Kemper und Rammstedt (2014) eingesetzt. Die Skala erfasst mithilfe von drei Items die subjektive Kompetenzerwartung, mit Schwierigkeiten und Barrieren zurechtzukommen und Anforderungssituationen erfolgreich bewältigen zu können (Beierlein et al., 2014).
Arbeitsbezogenes Verhalten und Erleben. Arbeitsbezogenes Verhalten und Erleben bezieht sich auf Einstellungen, Ansprüche und Erwartungen, die Personen gegenüber ihrer Arbeit haben, sowie Erholungsfähigkeit, Bewältigungskompetenzen und übergreifende Emotionen. Zur Erfassung des arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster wurde die Kurzfassung des AVEM von Schaarschmidt und Fischer (1997) eingesetzt. In der Kurzfassung des mehrdimensionalen und persönlichkeitsdiagnostischen Instruments werden mit jeweils vier Items elf Primärfaktoren erfasst. Die elf Dimensionen sind den inhaltlichen Bereichen des Arbeitsengagements, der psychischen Widerstandskraft und der berufsbegleitenden Emotion zugeordnet (Schaarschmidt, U. & Fischer, 2008).
Ergebnisse
Messzeitpunkt 1
Faktorenstruktur. Zur Analyse der Faktorenstruktur der Berufswahlmotivation wurde eine exploratorische Faktorenanalyse mit Varimax-Rotation gerechnet (Moosbrugger & Schermelleh-Engel, 2012). Während die Faktorenanalyse 15 Eigenwerte über 1.0 anzeigte, legte der Screeplot eine Sechs-Faktoren-Lösung nahe, die inhaltlich mit dem zugrunde liegenden theoretischen Modell vereinbar war. Im nächsten Schritt wurden Items mit Nebenladungen > .40 aus der Analyse ausgeschlossen. Die sechs Faktoren erklären 55.9 % der Gesamtvarianz, und die Kommunalitätsschätzungen konvergierten in sechs Iterationen. Auf den einzelnen Faktoren luden zwischen vier und acht Items. Items, die die Reliabilität reduzierten, wurden von der Analyse ausgeschlossen. Die gebildeten Skalen wiesen alle eine hinreichende interne Konsistenz auf („Gesellschaft/Gerechtigkeit“: α = .87; „Herausforderung“: α = .82; „Ansehen und Status“: α = .72; „Sicherheit und Bezahlung“: α = .80, „Fähigkeitsüberzeugung/Passung“: α = .74, „Charakter der Arbeit“: α = .67).
Ebenfalls mit den Daten vereinbar war eine Zweifaktorenlösung mit einem intrinsischen und einem extrinsischen Sekundärfaktor (s. Tabelle 2). Die Items der Skalen „Gesellschaft/Gerechtigkeit“, „Herausforderung“, „Fähigkeitsüberzeugung“ und „Charakter der Arbeit“ ließen sich dem intrinsischen Faktor (α = .84) und die Items der Skalen „Sicherheit und Bezahlung“ und „Ansehen und Status“ einem extrinsischen Faktor“ (α = .74) zuordnen. Die zwei Faktoren erklären 29.9 % der Gesamtvarianz und die Kommunalitätsschätzungen konvergierten in drei Iterationen.
Tabelle 3 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Skalen sowie die Interkorrelationen zwischen den Skalen. Es zeigen sich positive Zusammenhänge einerseits zwischen den intrinsischen Faktoren „Gesellschaft/Gerechtigkeit“, „Herausforderung“, „Fähigkeitsüberzeugung/Passung“ und „Charakter der Tätigkeit“ sowie andererseits zwischen den extrinsischen Faktoren „Ansehen und Status“ und „Sicherheit und Bezahlung“. Darüber hinaus korrelieren die extrinsischen Faktoren auch mit dem Faktor „Charakter der Tätigkeit“ auf einem signifikanten Niveau.
Konstruktvalidität. Zur Konstruktvalidierung des Fragebogens wurden korrelative Zusammenhänge zwischen den sechs Skalen und den Dimensionen der Leistungsmotivation der Studierenden sowie mit der allgemeinen Selbstwirksamkeit berechnet (s. Tabelle 4). Es wurde erwartet, dass die Dimensionen der Leistungsmotivation, die eine inhaltliche Nähe zu den jeweiligen Skalen aufweisen, korrelieren. Die Fähigkeitsüberzeugung sollte mit der Erfolgszuversicht, der Beharrlichkeit und der Zielsetzung positiv korrelieren. Die Skala „Herausforderung“ sollte mit dem Leistungsstolz und die Skala „Ansehen und Status“ mit den Dimensionen „Statusorientierung und Dominanz“ positiv korrelieren. Die Selbstwirksamkeitserwartung sollte mit den beiden Erwartungskomponenten „Fähigkeitsüberzeugung“ und „Herausforderung“ der gebildeten Skala positiv korrelieren.
Die erwarteten Annahmen werden weitgehend bestätigt: Fähigkeitsüberzeugungen korrelieren signifikant positiv mit der Erfolgszuversicht (r = .35, p < .01) und der Beharrlichkeit (r = .33, p < .01). Herausforderung korreliert signifikant positiv mit Leistungsstolz (r = .21, p < .01) und Ansehen und Status korreliert signifikant positiv mit der Statusorientierung (r = .25, p < .01) und der Dominanz (r = .26, p < .01). Für die Selbstwirksamkeitserwartung lassen sich zudem erwartungsgemäß signifikant positive Zusammenhänge mit der Fähigkeitsüberzeugung (r = .33, p < .01) und der erwarteten Herausforderung (r = .13, p < .05) finden. Darüber hinaus zeigt sich, dass mehrere Aspekte der Leistungsmotivation (Leistungsstolz, Erfolgszuversicht, Flexibilität, Lernbereitschaft, Selbstkontrolle) mit den intrinsischen Skalen der Berufswahlmotivation signifikant positiv korrelieren, aber nicht bzw. negativ mit den extrinsischen Skalen der Berufswahlmotivation. Dies lässt sich auch für die Selbstwirksamkeitserwartung feststellen, mit der Einschränkung, dass sie nicht signifikant mit dem Charakter der Tätigkeit korreliert (s. Tabelle 4).
Messzeitpunkt 2
Faktorielle Validität. Zur faktoriellen Überprüfung wurde die Skala zur Erfassung der Berufswahlmotive den Studierenden nach sechs Monaten erneut vorgelegt. Mit den Daten wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgeführt. Die aus den Ergebnissen zu Messzeitpunkt 1 resultierenden 29 Items wurden dabei als Indikatoren für die jeweils korrespondierenden sechs Faktoren spezifiziert. Doppelladungen wurden nicht zugelassen. Die konfirmatorische Faktorenanalyse bestätigte die Faktorenstruktur weitgehend. Der Chi-Quadrat-Test war zwar statistisch signifikant (p < .05), was auf einen inakzeptablen Modellfit hinweist. Dies ist aber für kleine Stichproben nicht ungewöhnlich (Barrett, 2007). Andere Indikatoren weisen hingegen auf einen guten Modellfit hin (TLI = .92; RMSEA = .06).
Konstruktvalidität.