Brustdrüse,[42]
•
das Unterlassen eines Krebsabstrichs trotz typischer, auf eine Krebserkrankung hinweisender Beschwerden,[43]
•
die Nichtvornahme einer rektoskopischen/koloskopischen Untersuchung bei Darmblutungen,[44]
•
das Nichterkennen eines Herzinfarkts trotz deutlicher Symptome.[45]
2.
Kontroll- und Überwachungsfehler, z.B. durch unzureichende Überwachung der Vitalfunktionen, fehlende Schutzmaßnahmen und ungenügende Sicherheitsvorkehrungen (fehlender Einsatz eines Monitors zur Überwachung der Herz- und/oder Pulsfrequenz bei der Narkose, ungenügende postoperative Überwachung, Nichtvornahme geeigneter Maßnahmen wie Angurten, Anbringen von Gittern, kontinuierliche Beobachtung durch Sitzwache u.a.[46] bei Gefahr der Selbstschädigung).
3.
Zurücklassen von Fremdkörpern im Operationsgebiet. Wenngleich im Operationsfeld versehentlich zurückgelassene Fremdkörper heutzutage gegenüber früher angesichts der verbesserten Ausstattung der Operationssäle und der operativen Technik sowie der modernen Anästhesieverfahren und möglichen Sicherungsvorkehrungen seltener geworden sind, ist dieses Ereignis – „der Albtraum eines jeden Chirurgen“[47] – dennoch nach wie vor ein „aktuelles Problem“, mit dem etwa „einmal auf 2.000 bis 5.000 Operationen zu rechnen ist,“[48] nach amerikanischen Angaben beträgt die Inzidenz sogar 1:1.500 Operationen. Bei den vergessenen Gegenständen, die zu erheblichen Gesundheitsschäden und auch zum Tod des Patienten führen können, handelt es sich in den weitaus meisten Fällen um Bauchtücher, Kompressen, Mulltupfer und Tampons.[49]
Umstritten ist in der medizinischen Wissenschaft, ob das Zurücklassen eines Fremdkörpers während einer Operation regelmäßig als Sorgfaltspflichtverletzung zu werten ist. Während Stich[50] dazu noch meinte, dies könne „sub operatione“ sich als „unglücklicher Zufall trotz reicher Erfahrung, einer vorzüglichen Technik, der größten Gewissenhaftigkeit und Vorsicht des Operateurs und eines gründlich geschulten Hilfspersonals auch bei Chirurgen ersten Ranges ereignen“, sieht Schmauss „bei regelrecht verlaufender Operation und komplikationsfreier Narkose“ das unabsichtliche Zurücklassen eines Fremdkörpers „immer“ als Verstoß gegen die vom Operateur zu fordernde Sorgfalt an. „Auch intraoperativ aufgetretene Komplikationen wie eine stärkere Blutung oder ein Herz-Kreislauf-Versagen könnten dann, wenn nach ihrer Behebung die Operation planmäßig zu Ende geführt wird, in der Regel nicht als Rechtfertigung dienen“.[51]
Rechtsprechung und Lehre sind dieser strengen Linie nicht gefolgt. Der BGH bestätigte in einer Vielzahl von Entscheidungen, dass man beim Zurückbleiben „von Fremdkörpern in einer Operationswunde“ nicht „ganz allgemein und stets einen schuldhaften Kunstfehler unterstellen“ könne.[52] Perret[53] fasst das Ergebnis der höchstrichterlichen Judikatur deshalb bis heute zutreffend zusammen, wenn er schreibt:
„Die Rechtsprechung hat bei allen diesen versehentlich zurückgelassenen Mulltupfern, Mullkompressen, Bauchtüchern, Drains, Streifen immer wieder darauf hingewiesen, dass nicht schlechthin nach den Regeln des Anscheinsbeweises auf eine Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht geschlossen werden könne, es vielmehr immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalles ankomme“.
Entscheidend ist deshalb nicht nur, welcher Art der zurückgebliebene Gegenstand war[54] – „es gibt eine Reihe, deren Verschwinden man nicht bemerken kann, und eine Reihe, deren Fehlen man unbedingt bemerken muss“[55] –, ob besondere Umstände oder Zwischenfälle während der Operation eintraten, um welches Operationsgebiet es sich handelte und wie die Operationsbedingungen waren, sondern vor allem, ob der Operateur alle in der medizinischen Wissenschaft ausführlich dargestellten[56] „möglichen und zumutbaren Sicherungsvorkehrungen gegen ein solches Missgeschick“ getroffen hat[57] und ihre Einhaltung regelmäßig kontrolliert.
Dazu können „bei textilen Hilfsmitteln deren Kennzeichnung, eine Markierung, das Zählen der verwandten Tupfer und dergleichen gehören,“[58] das auf die Operationsschwester und den Springer delegiert werden darf. Insoweit gelten die Grundsätze arbeitsteiligen Zusammenwirkens zwischen Arzt und nichtärztlichem Personal.[59]
Anerkannt ist auch, dass zu Beginn und „am Ende der Operation der Operateur das ganze Operationsgebiet sorgfältig überprüfen und die Operationsschwester“ ihm die „Vollzähligkeit der Instrumente, Bauchtücher und Kompressen“ mitteilen muss,[60] nachdem sie dies zuvor gewissenhaft geprüft hat. Insoweit bedarf es einer klaren Aufgabenzuweisung an die Schwester (Zählkontrolle) durch den Arzt und dessen konkreter Frage. Hat der Chefarzt die notwendigen Organisationsmaßnahmen gegen das Zurückbleiben von Fremdkörpern im Operationsgebiet eingerichtet, kann ihm kein Vorwurf gemacht werden, auch wenn ein Patient infolge eines zurückgebliebenen Fremdkörpers Schaden erleidet.[61] Lässt sich dagegen nicht feststellen, dass die notwendigen Sicherungsmechanismen (z.B. gegen das Absinken des Drainagestreifens in die Operationswunde) getroffen wurden, liegt ein Behandlungs- und Organisationsfehler vor.[62] Das AG Leer verurteilte deshalb den angeklagten Chefarzt wegen fahrlässiger Tötung in einem Fall, in dem es wegen eines vergessenen OP-Tuches zu einer schweren tödlichen Infektion (Peritonitis) gekommen war, weil er sich „nach der Bauchoperation nicht allein auf das Nachzählen der OP-Tücher hätte verlassen dürfen“, sondern „vor Verschließen der Wunde noch einmal selbst die Bauchhöhle hätte sorgfältig kontrollieren müssen“.[63]
4.
Fehlende oder unzulängliche Voruntersuchung bzw. Anamnese. Welch hohen Stellenwert die Rechtsprechung der gründlichen Voruntersuchung beimisst, zeigt schon der Leitsatz einer frühen BGH-Entscheidung: „Mängel der ärztlichen Ausbildung, schlechte Vorbilder und fehlende Erfahrung entschuldigen u.U. ärztliche Kunstfehler, aber nicht: Eingriffe ohne eigene Diagnose“.[64]
5.
Nichterhebung von Befunden (Labor, Röntgen, Blutzuckerkontrolle u.a.), die für Diagnose und/oder Therapie wichtig sind (siehe auch schon zum Teil Rn. 167 und 169).[65] Im Unterschied zu einem solchen Befunderhebungsfehler liegt ein Diagnoseirrtum (Diagnosefehler) vor, „wenn der Arzt erhobene oder sonst vorliegende Befunde falsch interpretiert und deshalb nicht die aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs gebotenen – therapeutischen oder diagnostischen – Maßnahmen ergreift“.[66]
6.
Falsche Methodenwahl. Allgemein gilt, dass der Arzt unter mehreren medizinisch anerkannten Heilverfahren dasjenige wählen muss, das „die geringste Gefahr für den Patienten mit sich bringt“ und ihm die wenigsten Schmerzen bereitet. Der Arzt verstößt somit gegen das „Prinzip des sichersten Wegs“, wenn er sich für das größere Risiko oder das mit größeren Schmerzen verbundene Verfahren entscheidet, obwohl unter Abwägung aller Umstände, insbesondere der spezifischen Vor- und Nachteile der jeweiligen Maßnahme, „ein weniger gefährliches Vorgehen den Zweck in etwa gleicher Weise“ erfüllt hätte.[67]
7.
Verstöße gegen die Pflicht zur therapeutischen Aufklärung,[68] Beratungs- oder Hinweisfehler (z.B. nicht zu rauchen, Diät halten, nicht schwer zu tragen, die Thromboseprophylaxe fortzuführen sowie fehlende bzw. falsche Ratschläge und Empfehlungen).
8.
Fehlerhafte Medikation, Unter- und Überdosierung, Arznei- oder Personenverwechslungen (z.B. Vornahme einer