Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“ › A. Ausgangspunkt: Urteilsabsprachen nicht als Umwälzung, sondern als Ergänzung der StPO
A. Ausgangspunkt: Urteilsabsprachen nicht als Umwälzung, sondern als Ergänzung der StPO
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Versteht man unter Konsens – entsprechend der Herkunft des Begriffs vom lateinischen consentire – schlicht Übereinstimmung, und sieht man als eine konsensuale[1] Verfahrensbeendigung im Strafprozess eine solche an, bei der nach dem Gesetz der Zustimmung eines oder mehrerer Verfahrensbeteiligter, also dem Vorliegen übereinstimmender Willensäußerungen, eine eigenständige und konstitutive Bedeutung für den Eintritt der Rechtsfolge zukommt, so kennt das deutsche Strafprozessrecht nicht erst seit Einführung der Urteilsabsprache im Jahr 2009, sondern schon seit langer Zeit Formen konsensualer Verfahrensbeendigungen. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009[2] (im Folgenden VerstG) hat also nicht die Möglichkeit konsensualer Verfahrensbeendigung in die StPO eingeführt, sondern lediglich den bereits bisher bestehenden Handlungsformen eine weitere, nämlich die Urteilsabsprache, hinzugefügt.
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Die Urteilsabsprache indes hatte ein großer Teil der veröffentlichten Meinung in einschlägigen Fachpublikationen als praeter legem oder vielleicht sogar contra legem entwickeltes Rechtsinstitut grundsätzlich und vielfach in scharfer Form abgelehnt.[3]
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Bereits im Vorwort ist zum Ausdruck gebracht worden, dass wir die Fundamentalkritik, die Rechtswissenschaft und Teile der Justiz ungefähr ein Vierteljahrhundert lang an dem Rechtsinstitut der Urteilsabsprache – denn auf die Urteilsabsprache ist die weit überwiegende Anzahl der Veröffentlichungen bezogen – geübt haben, für weitgehend, aber nicht vollständig überholt halten. Von vielen Seiten erhielten wir