BGH Urt. v. 21.02.2006 – 1 StR 456/05, NStZ-RR 2006, 270.
Siehe Rn. 1608.
St. Rspr; vgl. BGH Urt. v. 17.03.2005 – 5 StR 461/04, NStZ-RR 2005, 209.
BGH Urt. v. 26.06.2008 – StR 159/08, NStZ-RR 2008, 350; Steinberg, NStZ 2010, 72 [74].
BGH Beschl. v. 03.03.2009 – 3 StR 47/09, NStZ-RR 2009, 180.
BGH Urt. v. 30.03.1993 – 5 StR 720/92, BGHSt 39, 195 = NStZ 1993, 386 = StV 1993, 470.
BGH Urt. v. 02.09.2004 – 5 StR 205/04; Bestrafung kann nur wegen der plangemäßen Körperverletzungshandlungen (z.B. Faustschlägen) in Tateinheit mit Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 StGB) erfolgen. Zum Exzess s. Rn. 703 und Rn. 2020.
BGH Urt. v. 30.08.2000 – 2 StR 204/00, NStZ 2001, 29; Trüg, JABl 2001, 365.
BGH Urt. v. 10.06.2009 – 2 StR 103/09, NStZ-RR 2009, 309.
BGH Urt. v. 06.03.2003 – 4 StR 493/02, NStZ 2004, 294; Beschl. v. 13.06.2002 – 4 StR 51/02, NStZ-RR 2002, 303.
BGH Beschl. v. 03.05.1984 – 4 StR 266/84, StV 1985, 229 Anm. Schünemann.
BGH Urt. v. 10.08.1984 – 1 StR 9/84, NStZ 1985, 26; Urt. v. 20.05.1980 – 1 StR 177/80, NStZ 1981, 218.
Teil 3 Grundzüge des materiellen Kapitalstrafrechts
Inhaltsverzeichnis
A. Lebenslange Freiheitsstrafe
B. Natürliche Handlungseinheit bei Tötungsdelikten
C. Dogmatischer Dissens um Mord und Totschlag
D. Tötungsvorsatz bei Mord und Totschlag
200
Vor allem die sichere Kenntnis aller rechtsdogmatischen Feinheiten und der Spruchpraxis des BGH auf dem Mord- und Totschlagssektor bewahrt den Anwalt und seinen Schützling vor verhängnisvollen Fehleinschätzungen. Die Sanktionsrahmen sind im Bereich der Tötungsdelinquenz ebenso riesig wie die Spielräume, die ein vernünftig durchdachtes Einlassungsverhalten zu eröffnen vermag. Unprofessionelle Beratung in Verkennung der Rechtslage, die einem kleinen Einbrecher schlimmstenfalls die Chance auf eine Bewährungsstrafe verbaut, kostet den Tatverdächtigen im Kapitalstrafverfahren, wenn alles schief läuft, Jahrzehnte seines Lebens.
Teil 3 Grundzüge des materiellen Kapitalstrafrechts › A. Lebenslange Freiheitsstrafe
A. Lebenslange Freiheitsstrafe
Teil 3 Grundzüge des materiellen Kapitalstrafrechts › A › I. Rechtstatsachen
I. Rechtstatsachen
201
Die Verurteilung eines Mandanten zu lebenslänglicher Haftstrafe wird gerade von sehr jungen Anwälten als schwere persönliche Niederlage erlebt. Nach Abschaffung der Todesstrafe durch Art. 102 GG ist die lebenslange Freiheitsstrafe die im Geltungsbereich des StGB denkbar härteste Sanktion. Bei etlichen Verurteilten dauert sie tatsächlich bis zu ihrem Tod; jeder 6. „Lebenslängliche“ stirbt noch in der Haftzeit. Im Jahre 2010 ist lebenslange Freiheitsstrafe (LL) gegen männliche Täter insgesamt 127-mal verhängt worden; auch gegen 10 als Mörderinnen verurteilte Frauen lautete das Urteil jeweils auf „lebenslänglich“[1]. Bis auf wenige Ausnahmen werden Lebenslängliche wegen Mordes gem. § 211 StGB verurteilt; andere Straftatbestände mit vergleichbarer Strafandrohung spielen praktisch keine nennenswerte Rolle[2]. Am 31.03.2010 saßen 2.000 Strafgefangene ihre lebenslange Haftstrafe ab, davon etwa 100 Frauen[3]. Dass extrem lange Haftverbüßungszeiten schwerwiegende psychische Veränderungen hervorrufen und die Wiedereingliederung hintertreiben, indem sie soziale Bindungen zerstören[4], dürfte auf der Hand liegen. Nicht zuletzt deshalb sind Rufe, die lebenslange Haftstrafe zugunsten einer zeitlich bestimmten Freiheitsstrafe abzuschaffen, nie verstummt[5].
202
Das BVerfG[6], das noch in jüngerer Zeit die Verfassungskonformität der lebenslangen Freiheitsstrafe bejaht hat, sieht die Gefahr möglicher Haftschäden zwar auch, trivialisiert sie aber eher: Langjähriger Freiheitsentzug führe „nicht zwangsläufig“ zu irreparablen Schäden. Auch anhand der – bei Weber[7] zusammenfassend dargestellten – neueren Forschungen zu Haftfolgen sei nicht belegt, dass irreparable Schäden psychischer oder physischer Art „notwendigerweise“ die Folge eines langen Freiheitsentzuges seien. Eine sachgerechte Handhabung des Strafvollzugsgesetzes könne dazu beitragen, Haftschäden zu vermeiden. Auch bei den zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Gefangenen seien die Vollzugsanstalten verpflichtet, auf deren Resozialisierung hinzuwirken, sie lebenstüchtig zu erhalten und schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges – deformierende Persönlichkeitsveränderungen inbegriffen – entgegenzuwirken.
203