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Die Besonderheiten des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland und seine Doppelnatur stellen nicht nur Anforderungen an den Gesetzgeber, sondern auch an die Aufsicht. Während die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch in seinen Aufbau integrierte Gremien wahrgenommen wird, obliegt diese Aufgabe für den privaten Rundfunk den staatsunabhängig aufgebauten und gebührenfinanzierten Landesmedienanstalten. Eine im Verhältnis zu den Strukturen des Rundfunks angemessene Rundfunkregulierung bedeutet für sie nicht nur die verstärkte Zusammenarbeit untereinander und den Austausch mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen Gremien. In den Sachverhalten, in denen das Rundfunkrecht zu den allgemeinen Regeln des Wirtschaftsrechts hinzukommt, etwa im Bereich der Medienkonzentration, bedarf es zudem der Zusammenarbeit mit den Kartellbehörden. Da in der Bundesrepublik Deutschland die Gesetzgebungshoheit für die Infrastruktur und die Inhalte auseinanderfallen, ergeben sich viele Berührungspunkte zwischen der Arbeit der Landesmedienanstalten und jener der Bundesnetzagentur. Strukturen wie die EPRA[8] und bilaterale Gespräche mit den in anderen europäischen Ländern für die Rundfunkaufsicht zuständigen Behörden bieten die Plattform für den Austausch in grenzüberschreitenden Angelegenheiten. Die sich aus diesem Konzert von Rechtssystemen mit unterschiedlichen Zielsetzungen, Kompetenz- und Organisationsverteilungen ergebenden Schwierigkeiten zeigen sich z.B. am Fall der Förderung von DVB-T. Deutschen Landesmedienanstalten wurde seitens der Europäischen Kommission die nach den jeweiligen Landesmediengesetzen mögliche und notwendige Förderung untersagt, da sie eine unzulässige Beihilfe darstelle. Klagen der Landesmedienanstalten in Berlin-Brandenburg und NRW vor dem Europäischen Gericht scheiterten daran, dass das Gericht nicht ihnen, sondern nur der nach deutschem Recht allenfalls mittelbar involvierten Bundesrepublik Deutschland die Klagebefugnis zusprach.[9] Die Bundesrepublik Deutschland, die in dem Berliner Verfahren ebenfalls geklagt hatte, unterlag schließlich vor dem EuGH, der die von ihr vorgebrachten Rechtsmittelgründe für nicht stichhaltig erachtete.[10] Konsequenzen für die Meinungsbildung, wie sie der Rundfunkregulierung im engeren Sinne immanent sind, scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen. Wie schon bei der Diskussion um die digitale Dividende 2 scheint die grundgesetzliche Gewichtung von Inhalt und ihm dienend die Übertragungskapazität sich ständig mehr zu verschieben. Das gilt insbesondere, wenn europäische Verordnungen, wie die im November 2015 in Kraft getretene Telekom-Binnenmarkt-Verordnung,[11] als unmittelbar geltendes Recht rundfunkrelevante Sachverhalte vorstrukturieren. Auch wenn das Thema Netzneutralität noch nicht Regelungsgegenstand des Rundfunkstaatsvertrages ist, ist es in einzelnen Landesmediengesetzen[12] als Aufgabe für Landesmedienanstalten verankert. Bei der Entwicklung der Leitlinien zur Netzneutralität durch das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC)[13] war die Bundesnetzagentur vertreten, die Landesmedienanstalten allenfalls informell einbezogen. Es wird abzuwarten sein, inwieweit die Ergebnisse der Bund-Länder-Kommission zur besseren Verzahnung der Arbeit der Regulierungsbehörden bzw. die in das novellierte TKG[14] integrierten Abstimmungspflichten in der Praxis gelebt werden.
III. Rechtsgrundlagen des privaten Rundfunkrechts
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Die einfachgesetzliche Ausgestaltung der durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit obliegt den Landesgesetzgebern, Art. 70 Abs. 1, 30 GG. Zu den landesrechtlichen Rechtsgrundlagen zählen zunächst die Landesmediengesetze, wobei sich die Länder Berlin und Brandenburg sowie Hamburg und Schleswig-Holstein jeweils auf ein gemeinsames Landesmediengesetz verständigt haben. Daneben ist 1987 der Rundfunkstaatsvertrag getreten, in dem die Landesgesetzgeber in Bezug auf länderübergreifende Sachverhalte gemeinsame Regelungen formuliert haben und der durch entsprechende Transformationsgesetze in den Bundesländern zu dem jeweiligen Landesmediengesetz gleichrangigen Landesrecht wird. Der Rundfunkstaatsvertrag, derzeit in der Fassung des 19. RÄStV, hat sich zunächst darauf beschränkt, das duale System von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk zu etablieren und zu strukturieren und für den privaten Rundfunk inhaltliche Vorgaben zu harmonisieren. Neben der Formulierung solcher Normen im Rundfunkstaatsvertrag selbst, geschah und geschieht diese Harmonisierung auch über die Ermächtigung zum Erlass gemeinsamer oder übereinstimmender Satzungen und Richtlinien.[15] Mit dem privaten Rundfunk befasst sich der Rundfunkstaatsvertrag im dritten Abschnitt, den §§ 20–47. Dort werden zunächst Zulassungsfragen und verfahrensrechtliche Belange (§§ 20–24 RStV) behandelt. §§ 25–34 RStV,[16] befassen sich mit der Sicherung der Meinungsvielfalt. Die Organisation der Medienaufsicht und die Finanzierung besonderer Aufgaben werden in §§ 35–40 RStV behandelt, Programmgrundsätze und das Einräumen von Sendezeit für Dritte in §§ 41 f. RStV. §§ 43–46a RStV betreffen die Finanzierung des privaten Rundfunks insbesondere durch Werbung und Teleshopping und § 47 RStV den Datenschutz. Die Regelungen zu Plattformen und Übertragungskapaziäten (§§ 50–53b) gewinnen zunehmend an Bedeutung für die praktische Arbeit. Näher ausgestaltet und umgesetzt werden die Grundlagen in den Landesmediengesetzen der Länder.[17] In Teilbereichen weichen diese auf Grund der Besonderheiten des landesweiten Rundfunks von den Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag ab.[18] Von besonderer Bedeutung für den privaten Rundfunk sind zudem der Jugend-[19] und Datenschutz.[20] Schließlich stellen sich Abgrenzungsfragen mit Blick auf das Telekommunikationsrecht.
IV. Regulierungsbehörden im privaten Rundfunk
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Die geschilderte Gemengelage im Bereich der Rechtsgrundlagen hat auch zur Folge, dass die vom Rundfunkrecht betroffenen Inhalte- und Infrastrukturanbieter bzw. die Nutzerinnen und Nutzer mit der Arbeit unterschiedlicher Regulierungsbehörden konfrontiert sind. Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Landesmedienanstalten, da sie im Bereich der Rundfunkregulierung den umfassendsten Auftrag haben. Erwähnt werden sollen darüber hinaus die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, des Bundeskartellamts sowie insbesondere der Bundesnetzagentur, der wesentliche Regulierungsfunktionen im Bereich der technischen Infrastrukturen zukommen.
1. Landesmedienanstalten
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Die Landesmedienanstalten sind die vom Landesgesetzgeber insbesondere zur Zulassung und Aufsicht über den privaten Rundfunk eingesetzten Regulierungsbehörden. Aufgrund der Zusammenarbeit der Bundesländer Berlin/Brandenburg und Hamburg/Schleswig-Holstein beträgt ihre Anzahl derzeit 14.[21] Mit Blick auf das Gebot der Staatsfreiheit des Rundfunks haben die Länder besondere Modelle der Finanzierung und der Organisation gewählt, die gewährleisten sollen, dass auch über die Aufsichtsstruktur kein unzulässiger staatlicher Einfluss genommen wird. Die Landesmedienanstalten finanzieren ihre Arbeit nicht aus Steuermitteln, sondern aus einem Anteil am Rundfunkbeitragsaufkommen.[22] Nahezu alle Landesmedienanstalten bestehen aus einem hauptamtlich tätigen Teil, dem Direktor, Präsidenten oder Geschäftsführer und dessen Mitarbeiterstab, sowie einem ehrenamtlich besetzten Organ, in dem neben einigen von den Parlamenten oder Fraktionen entsandten Vertretern, vorwiegend Vertreter tätig sind, die von gesellschaftlich relevanten Gruppen entsandt wurden und ehrenamtlich als Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit fungieren.[23] Sie genügen damit den Anforderungen des Grundgesetzes bzw. des Bundesverfassungsgerichts, das diese Art von Aufbau als ein taugliches Modell zur Wahrung der Rundfunkfreiheit bezeichnet.[24] Die jeweils landesgesetzlich definierte Aufgabenstellung der Landesmedienanstalten ist im Kern gleich. Sie wird durch § 40 RStV umrissen, der die Aufgabenfelder vorgibt, für die der den Landesmedienanstalten zur Verfügung stehende Anteil am Rundfunkbeitrag verwendet werden kann. Hierzu zählen Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen und die Förderung Offener Kanäle. Weiter steht es dem Landesgesetzgeber frei, entsprechende Regelungen zu schaffen