b) Die Unterbrechung der geschäftlichen Betätigung
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Ist der Geschäftsbetrieb nur zeitweise stillgelegt, geht der Kennzeichenschutz nicht verloren, wenn der Betrieb nicht nur in seinem wesentlichen Bestand erhalten bleibt, sondern auch die Absicht und die tatsächliche Möglichkeit bestehen, ihn innerhalb eines solchen Zeitraums fortzusetzen, der die Stilllegung noch als vorübergehende Unterbrechung erscheinen lässt (BGH NJW 1959, 2015, 2016 – Nußknacker; BGH GRUR 1960, 137, 139 – Astra; BGH GRUR 1962, 419, 420 – Leona; BGH GRUR 1997, 749, 752 – L'Orange; BGH GRUR 2002, 967, 969 – Hotel Adlon; BPatG GRUR 2014, 780, 783 – Liquidrom; OLG Frankfurt WRP 1972, 386, 387). Über die Frage, ob die Betriebsstilllegung als vorübergehend anzusehen ist, entscheidet die Verkehrsauffassung in dem Zeitpunkt, in dem das Unternehmen wieder eine geschäftliche Tätigkeit entfaltet (BGH GRUR 1960, 137, 139 – Astra; BGH GRUR 2002, 972, 974 – FROMMIA; GRUR 2013, 1150 Rn 29 – Baumann I). Neben der Dauer der Unterbrechung kommt es darauf an, ob sich ein Fortsetzungswille in entspr Handlungen manifestiert hat oder aufgrund bes Umstände für den Verkehr nahelag (BGH GRUR 1997, 749, 752 – L'Orange; BGH GRUR 2016, 1066 Rn 22 – mt-perfect). Erheblich sind nur solche Maßnahmen, die nach außen gegenüber den Abnehmerkreisen in Erscheinung treten; das Fortbestehenlassen eines Handelsregistereintrages oder die Veranlagung zur Gewerbesteuer reichen demnach nicht aus (BGH GRUR 1962, 419, 421 – Leona). Von Bedeutung ist es weiterhin, wie lange, in welchem Umfang und unter welchen Verhältnissen die Kennzeichnung vor der Unterbrechung verwendet worden war und welchen Bekanntheitsgrad sie erlangt hatte; bei bes bekannten und daher wertvollen Kennzeichen wird der Verkehr eher damit rechnen, dass die Einstellung der Benutzung nur eine vorübergehende ist (BGH NJW 1959, 2015, 2016 – Nußknacker; BGH GRUR 1967, 199, 202 – Napoléon II). Der Bekanntheitsgrad eines Kennzeichens wird gefördert, wenn das Unternehmen langlebige Wirtschaftsgüter herstellt, die während der Unterbrechung von den früheren Kunden dauernd gebraucht werden und dadurch, dass an ihnen angebrachte Unternehmenskennzeichen den beteiligten Verkehrskreisen ständig aufs Neue in das Gedächtnis rufen (BGH GRUR 1960, 137, 140 – Astra). Die Einstellung eines Unternehmens durch einen Liquidationsbeschluss ist solange nicht als endgültig anzusehen, solange dieser durch Minderheitsgesellschafter gerichtlich bekämpft wird (BGH GRUR 1985, 566, 567 – Hydair).
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Bei einer erzwungenen Unterbrechung der Kennzeichenbenutzung – etwa durch Zwangsmaßnahmen der NS-Herrschaft, Enteignungen auf dem Gebiet der früheren DDR oder Kriegseinwirkungen – ist der Verkehr eher geneigt anzunehmen, dass es sich bei der Betriebsstilllegung nur um einen vorübergehenden Zustand handelt, da die zeitbedingten Schwierigkeiten für einen geschäftlichen Neuanfang regelmäßig bekannt sind (BGH GRUR 1962, 419, 422 – Leona; BGH GRUR 1997, 749, 752 – L'Orange). Ist bei der freiwilligen Stilllegung eines Geschäftsbetriebs uU schon nach Ablauf von fünf Jahren die Unterbrechung nicht mehr als nur vorübergehend anzusehen (BGH GRUR 1962, 419, 422 – Leona), kann bei einer unfreiwilligen Unterbrechung auch ein Zeitraum von zehn und mehr Jahren unschädlich sein (BGH GRUR 1960, 137, 140 – Astra). Beruht der Prioritätsverlust eines Unternehmenskennzeichens auf der durch die Teilung Deutschlands eingetretenen Unmöglichkeit, den Betrieb am historischen Standort fortzuführen, so kann die ursprüngliche Priorität wieder aufleben, wenn das Unternehmenskennzeichen aufgrund seiner Berühmtheit dem Verkehr in Erinnerung geblieben ist und dem neu eröffneten Unternehmen wieder zugeordnet wird (BGH GRUR 2002, 967 – Hotel Adlon).
c) Der Verlust der Kennzeichnungskraft
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Ein Unternehmenskennzeichen kann seine Kennzeichnungskraft auch verlieren, etwa aufgrund einer nunmehr räumlich eingeschränkten Benutzung (GK-Teplitzky § 16 Rn 134), dem Nichtvorgehen gegen Drittbenutzer (vgl die Nachweise bei Ströbele/Hacker/Thiering § 4 Rn 69 Fn 157) oder dem Wegfall der Kennzeichnungskraft durch Umwandlung in eine Gattungsbezeichnung (GK-Teplitzky § 16 Rn 132; Goldmann § 10 Rn 91 ff). Beruht der Schutz eines Unternehmenskennzeichens auf Verkehrsgeltung, führt, ebenso wie bei der rechtsbegründenden Ingebrauchnahme, die endgültige Beendigung der Benutzung des Kennzeichens zum Untergang des Kennzeichenrechtes (GK/Teplitzky § 16 Rn 133; Goldmann § 10 Rn 8). Auch der Verlust der Verkehrsgeltung selbst, etwa aufgrund einer nunmehr räumlich eingeschränkten Benutzung, kann bei Kennzeichen, deren Schutz auf Verkehrsgeltung beruht, zum Erlöschen des Kennzeichenschutzes führen (GK/Teplitzky § 16 Rn 134). Eine Unterbrechung der Kennzeichenbenutzung, die nach allgemeinen Grundsätzen als vorübergehend anzusehen ist (vgl Rn 72), hebt auch eine bestehende Verkehrsgeltung nicht auf, wenn die Unterbrechung unfreiwillig war oder das Kennzeichen vor der Unterbrechung schon seit langem Verkehrsgeltung genossen hatte (BGH NJW 1956, 1557, 1558 – Hausbücherei). Wird ein Kennzeichen verändert, muss die Verkehrsgeltung nicht automatisch entfallen. Vielmehr ist eine Verkehrsgeltung derjenigen Elemente denkbar, die in allen verwandten Kennzeichen übereinstimmen (BGH GRUR 1969, 686, 687 – Roth-Händle).
d) Einzelfälle
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Das Recht an einem Unternehmenskennzeichen endet auch dann, wenn die Kennzeichnung so abgeändert wird, dass von einer Aufgabe der früheren Bezeichnung gesprochen werden kann (BGH NJW 1973, 2152, 2153 f – Metrix; BGH GRUR 2005, 871, 872 – Seicom). Die Aufgabe der bisherigen und die Annahme einer neuen Kennzeichnung liegen dann vor, wenn die bisherige Eigenart der Kennzeichnung, zB deren Klangfärbung, wesentlich abgewandelt worden ist (BGH GRUR 2005, 871, 872 – Seicom). Geht es um den Schutz eines Firmenbestandteils, der schlagwortartig in Alleinstellung benutzt wird, bleibt dessen Priorität auch dann erhalten, wenn der Firmenbestandteil unverändert in einer neuen Firmenbezeichnung Aufnahme findet (BGH GRUR 1995, 505, 507 – APISERUM).
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Die Übertragung des Geschäftsbetriebes oder Unternehmens muss nicht zum Erlöschen des Kennzeichenschutzes führen; vielmehr ist der prioritätswahrende Übergang des geschützten Unternehmenskennzeichens auf den Erwerber möglich (BGH NJW-RR 1990, 1318, 1319 f – Datacolor). Die Aufhebung der Akzessorietät zwischen Unternehmen und Warenzeichen (vgl § 8 WZG aF) durch das MarkenG betrifft das Recht der Unternehmenskennzeichen nicht (Fezer § 27 Rn 12; ausf Ingerl/Rohnke § 5 Rn 72). Die Übertragung des Unternehmenskennzeichens ist daher an das Erfordernis des Übergangs des Geschäftsbetriebes gebunden (BGH GRUR 2002, 972 – FROMMIA). Bei der Übertragung des Unternehmens kommt es darauf an, dass die Grundlage des Unternehmens erhalten bleibt und als Fortsetzung des bisherigen Geschäftsbetriebes erscheint (BGH NJW-RR 1990, 1318, 1319 – Datacolor). Entscheidend ist, dass diejenigen Werte des Unternehmens auf den Erwerber übergehen, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Annahme zulassen, dass die mit dem Kennzeichen verbundene Geschäftstradition vom Erwerber fortgesetzt wird (BGH NJW-RR 1990, 1318, 1319 –