4.2.9 Eintragung, Offenlegung, Bekanntmachung
271
Sind sämtliche Voraussetzungen der Umwandlung und darüber hinaus die Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 2 SE-VO erfüllt, wird die SE nach Art. 12 Abs. 1 SE-VO i. V. m. §§ 14, 39 AktG, §§ 8 ff. HGB in das Handelsregister eingetragen, und zwar nach § 3 Abs. 3 HRV in Abteilung B.[476]
272
Nach Art. 13 SE-VO i. V. m. § 10 HGB ist die Eintragung der SE durch das Registergericht ihres Sitzes bekannt zu machen. Anschließend ist die Eintragung der SE nach Art. 14 Abs. 1 SE-VO mittels einer Bekanntmachung zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Union[477] zu veröffentlichen; diese Bekanntmachung muss die Firma der SE, die Handelsregisternummer, Datum und Ort der Handelsregistereintragung, Datum, Ort und Titel der Veröffentlichung sowie den Sitz und den Geschäftszweig der SE enthalten.
4.2.10 Wirkungen der Umwandlung
273
Mit der Eintragung der SE besteht die formwechselnde AG in der Rechtsform der SE weiter. Durch die Umwandlung wird das Grundkapital der formwechselnden AG zum Grundkapital der neuen SE, und die Aktionäre der AG werden zu Aktionären der SE. Im Hinblick auf das Identitätsprinzip hat Art. 37 Abs. 9 SE-VO keine eigenständige Bedeutung.
4.3 Schutz der Minderheitsaktionäre und Gläubiger
274
Die SE-VO enthält keine Regelungen zum Schutz von Minderheitsaktionären und Gläubigern. Anders als bei Verschmelzung und Holdinggründung[478] enthält die SE-VO auch keine Ermächtigung des nationalen Gesetzgebers, entsprechende Regelungen vorzusehen.[479] Da auch das SEAG keine entsprechenden Regelungen vorsieht, steht im Falle der Umwandlung einer deutschen AG in eine SE weder den Minderheitsaktionären ein Anspruch auf Barabfindung (§§ 207 ff. UmwG)[480] oder bare Zuzahlung (§ 196 UmwG)[481] noch den Gläubigern ein Anspruch auf Sicherheitsleistung (§§ 204, 22 UmwG)[482] zu. Dies ist auch sachgerecht, da die korporative Struktur der SE im Wesentlichen der AG entspricht und sich deshalb die Rechtsstellung der Aktionäre und Gläubiger nicht wesentlich verändert oder gar verschlechtert. Die Umwandlung selbst kann auch nicht gleichzeitig mit einer Sitzverlegung verbunden werden (vgl. Art. 37 Abs. 3 SE-VO), durch die sich das auf die SE partiell anwendbare nationale Recht ändern würde. Darüber hinaus bestehen mit dem Erfordernis der einstimmigen Beschlussfassung aus § 242 UmwG und der Werthaltigkeitsprüfung nach Art. 37 Abs. 6 SE-VO bereits Schutzmechanismen für Minderheitsaktionäre und Gläubiger. Ein weitergehendes Schutzbedürfnis ist daher nicht gegeben.[483] Dieses Ergebnis entspricht im Übrigen dem Regelungskonzept im SEAG[484] und für den Schutz der Minderheitsaktionäre dem deutschen Formwechsel.[485] Für einen Anspruch auf bare Zuzahlung nach § 196 UmwG fehlt es im Gegensatz zu einer SE-Gründung durch Verschmelzung oder als Holding-SE bereits an einem Umtauschverhältnis, weshalb eine Bezifferung des Anspruchs in der Praxis kaum möglich wäre.[486]
3 › III › 5. SE-Tochtergesellschaft
5. SE-Tochtergesellschaft
275
Die SE-Tochtergesellschaft i. S. d. Art. 3 Abs. 2 SE-VO wird – anders als die Tochter-SE, die nach Art. 2 Abs. 3 SE-VO von mehreren Gründern als Joint Venture errichtet wird – als Einmanngründung durch eine SE selbst errichtet.[487] Das Verfahren zur Gründung einer SE-Tochtergesellschaft ist in der SE-VO nicht geregelt. Über die Verweisungsnorm des Art. 15 Abs. 1 SE-VO findet auf die Gründung das nationale Aktienrecht des Sitzstaats Anwendung. Soweit die SE-Tochtergesellschaft ihren Sitz in Deutschland hat, handelt es sich um eine klassische Bar- oder Sachgründung nach deutschem Aktienrecht.[488] Möglich ist auch eine gemischte Bar- und Sachgründung, bei der ein Teil der Aktien gegen Bareinlagen und der andere Teil gegen Sacheinlagen übernommen werden. Soweit Sacheinlagen – bspw. die Einbringung von Tochtergesellschaften oder Betrieben – zu leisten sind, sind die besonderen Sachgründungsvorschriften des Aktienrechts zu beachten.
5.1.1 Entschluss zur Gründung einer SE-Tochtergesellschaft
276
Da das Verfahren zur Gründung einer SE-Tochtergesellschaft einen Gründungsplan nicht vorsieht, beginnt die Vorbereitungsphase mit dem Entschluss des Vorstands bzw. Verwaltungsrats der SE zur Gründung einer SE-Tochtergesellschaft.[489]
5.1.2 Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG
277
Nach § 4 Abs. 2 SEBG haben der Vorstand bzw. die geschäftsführenden Direktoren[490] der gründenden SE, soweit diese oder die künftige SE-Tochtergesellschaft ihren Sitz in Deutschland hat,[491] unverzüglich nach Entschluss zur Gründung einer SE-Tochtergesellschaft die Arbeitnehmervertretungen in der SE und in ihren Tochtergesellschaften und Betrieben, soweit diese in die SE-Tochtergesellschaft eingebracht werden sollen,[492] über das Gründungsvorhaben zu informieren.[493] Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt diese Information gegenüber den Arbeitnehmern. Der Mindestinhalt der Information umfasst nach § 4 Abs. 3 SEBG:
– | die Identität und Struktur der SE und ihrer in die SE-Tochtergesellschaft einzubringenden Tochtergesellschaften und Betriebe und deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten; |
– | die in diesen Gesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen; |
– | die Zahl der in diesen Gesellschaften und Betrieben jeweils beschäftigten Arbeitnehmer sowie die daraus zu errechnende Gesamtzahl der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer; |
– | die Zahl der Arbeitnehmer, denen Mitbestimmungsrechte in den Organen dieser Gesellschaften zustehen. |
278
Gleichzeitig sind die Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, das besondere Verhandlungsgremium nach §§ 5 ff. SEBG zu bilden.[494] Ziel dieser Information und Aufforderung ist es, dessen Bildung möglichst kurzfristig vorzunehmen und zügig in die Verhandlungen zur Arbeitnehmerbeteiligung nach §§ 11 ff. SEBG einzutreten.[495]
5.2.1 Gründungsurkunde
279
Nach Art. 15 Abs. 1 SE-VO i. V. m. § 23 AktG wird die SE-Tochtergesellschaft mittels notariell beurkundetem Gründungsprotokoll errichtet. Diese Gründungsurkunde ist wesentliche Grundlage der Gründung. Sie ist von einem deutschen Notar zu beurkunden.[496] Nach § 23 AktG muss die Gründungsurkunde einen bestimmten Mindestinhalt aufweisen.
5.2.1.1