2.1.6 Beteiligung der Arbeitnehmer nach dem SEBG
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Nach § 4 Abs. 2 SEBG[239] haben die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane[240] der Gründungsgesellschaften, soweit sie selbst oder die künftige Holding-SE ihren Sitz in Deutschland haben,[241] unverzüglich nach Offenlegung des Gründungsplans[242] die Arbeitnehmervertretungen in ihren Gesellschaften, Tochtergesellschaften und Betrieben[243] über das Gründungsvorhaben zu informieren. Besteht keine Arbeitnehmervertretung, erfolgt diese Information gegenüber den Arbeitnehmern. Der Mindestinhalt der Information umfasst nach § 4 Abs. 3 SEBG:
– | die Identität und Struktur der Gründungsgesellschaften, ihrer Tochtergesellschaften und Betriebe und deren Verteilung auf die Mitgliedstaaten; |
– | die in diesen Gesellschaften und Betrieben bestehenden Arbeitnehmervertretungen; |
– | die Zahl der in diesen Gesellschaften und Betrieben jeweils beschäftigten Arbeitnehmer sowie die daraus zu errechnende Gesamtzahl der in einem Mitgliedstaat beschäftigten Arbeitnehmer; |
– | die Zahl der Arbeitnehmer, denen Mitbestimmungsrechte in den Organen dieser Gesellschaften zustehen. |
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Gleichzeitig sind die Arbeitnehmervertretungen bzw. Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, das besondere Verhandlungsgremium nach §§ 5 ff. SEBG zu bilden.[244] Ziel dieser Information und Aufforderung ist es, dessen Bildung möglichst kurzfristig vorzunehmen und zügig in die Verhandlungen zur Arbeitnehmerbeteiligung nach §§ 11 ff. SEBG einzutreten.[245] Neben der Verpflichtung nach § 4 Abs. 2 SEBG besteht keine Pflicht der Gründungsgesellschaften, den Gründungsplan ihrem jeweiligen Betriebsrat zuzuleiten; § 5 Abs. 3 UmwG ist weder unmittelbar noch mittelbar oder analog anwendbar, da angesichts der Tatsache, dass die Holding-Gründung lediglich zu einem Gesellschafterwechsel führt, ein vergleichbares Schutzbedürfnis nicht besteht.[246]
2.1.7 Einberufung und Vorbereitung der Hauptversammlung bzw. Gesellschafterversammlung
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Zu der Frage der Einberufung und Vorbereitung der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlungen der Gründungsgesellschaften, die nach Art. 32 Abs. 6 SE-VO über die Zustimmung zum Gründungsplan zu beschließen haben, schweigt die SE-VO. Sie enthält hierzu weder Spezialregelungen noch eine dem Art. 18 SE-VO vergleichbare Verweisung in das nationale Recht der einzelnen Gründungsgesellschaften. Art. 15 SE-VO ist nicht einschlägig, da die Zustimmungsbeschlüsse der einzelnen Gründungsgesellschaften nicht unmittelbar mit der Gründung der SE gleichgesetzt werden können. Das gleiche gilt für Art. 9 SE-VO. Dass diese Regelungslücke zum Schutz des Informationsinteresses der Gesellschafter geschlossen werden muss, kann angesichts der Funktion von Gründungsplan und Holdingprüfungsbericht nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Aufgrund des supranationalen Charakters der Holdinggründung kann diese Regelungslücke nur auf der Ebene des Unionsrechts geschlossen werden. Diskutiert werden eine Analogie zu Art. 18 SE-VO[247] und eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des vereinheitlichten europäischen Gesellschaftsrechts, insbesondere des Art. 11 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie und des Art. 9 Abs. 1 der Spaltungsrichtlinie.[248] Beide Meinungen kommen zu demselben Ergebnis, nämlich für deutsche Gründungsgesellschaften jedenfalls in der Rechtsform der AG zu der entsprechenden Anwendung des § 63 UmwG. Jedoch widerspräche die entsprechende Anwendung der für die AG geltenden Vorschriften auch auf die GmbH der stärker personalistisch geprägten Struktur der GmbH, den für ihre Gesellschafterversammlung geltenden Einberufungsregeln und dem Schutzniveau ihrer Gesellschafter in der vergleichbaren Konstellation einer Verschmelzung. Die einheitliche Anwendung des Aktienrechts auf AG und GmbH ist auch aus unionsrechtlicher Sicht keineswegs zwingend. Sachgerecht ist vielmehr eine Analogie zu Art. 18 SE-VO, bei der allerdings berücksichtigt wird, dass diese Verweisungsnorm in ihrem direkten Anwendungsbereich nur für sich verschmelzende AG gilt und deshalb für die analoge Anwendung auf die GmbH als Verweisung in das nationale Recht der GmbH zu lesen ist.[249] Auf diese Weise ist auch ein Gleichlauf mit den übrigen jeweils einschlägigen nationalen Einberufungsregeln sichergestellt. Demzufolge ist zwischen AG und GmbH zu differenzieren.
2.1.7.1 AG
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Im Falle deutscher Gründungsgesellschaften in der Rechtsform einer AG ist die Hauptversammlung durch den Vorstand einzuberufen, der darüber mit einfacher Mehrheit entscheidet.[250] Die Einberufung muss entgegen der 30-Tage-Frist des § 123 Abs. 1 S. 1 AktG wegen der für die Auslegung der Unterlagen (§ 63 UmwG) maßgeblichen Monatsfrist aus Art. 11 Abs. 1 der Verschmelzungsrichtlinie (RL 78/855/EWG, vgl. Art. 18 SE-VO) mindestens einen Monat vor dem Tag der Versammlung erfolgen[251] und ist in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen.[252] Sind die Aktionäre der Gesellschaft namentlich bekannt, kann die Einberufung mit eingeschriebenem Brief erfolgen, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt.[253] Bei der Einberufung ist gleichzeitig die Tagesordnung der Hauptversammlung in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen,[254] dies gilt auch für den wesentlichen Inhalt des Gründungsplans.[255] Handelt es sich aufgrund vollständiger Präsenz aller Aktionäre um eine Vollversammlung, ist diese von der Beachtung der vorstehenden formalen Vorschriften befreit, soweit kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.[256]
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Im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung ist darauf zu achten, dass die unionsrechtskonformen Grundsätze hinsichtlich der Vorabinformation der Aktionäre beachtet werden. Deshalb sind entsprechend § 63 Abs. 1 UmwG von der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der AG zur Einsicht der Aktionäre der Gründungsplan einschließlich Holdingbericht, die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Gründungsgesellschaften für die letzten drei Geschäftsjahre und die Holdingprüfungsberichte auszulegen. Jedem Aktionär ist auf Verlangen unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der vorbezeichneten Unterlagen zu erteilen.[257]
2.1.7.2 GmbH
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Soweit die deutschen Gründungsgesellschaften die Rechtsform einer GmbH haben, ist die Gesellschafterversammlung durch die Geschäftsführer einzuberufen,[258] wobei unabhängig von der konkreten Geschäftsführungs- und Vertretungsregelung jeder einzelne Geschäftsführer einberufungsbefugt ist.[259] Die Einberufung erfolgt mit eingeschriebenem Brief, und zwar vorbehaltlich abweichender Satzungsregelungen mit einer Frist von mindestens einer Woche.[260] Bei der Einberufung ist gleichzeitig die Zustimmung zum Gründungsplan als Gegenstand der Beschlussfassung anzukündigen.[261] Die Gesellschafterversammlung kann auch ohne Beachtung der formalen Vorschriften abgehalten werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend oder vertreten sind und keiner der Beschlussfassung widerspricht.[262]
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Im Falle einer Gründungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH sind entsprechend § 47 UmwG der Gründungsplan