c) Inhalte der FATF-Empfehlungen
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Die FATF-Empfehlungen nehmen für sich in Anspruch, ein konsistentes und vollständiges Regelwerk zu sein, das Staaten implementieren sollten, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung angemessen bekämpfen zu können.[5] Ursprünglicher Umfang und Regelungstiefe des Dokuments wurden durch regelmäßige Überarbeitungen, insbesondere durch Erläuternde Hinweise immer weiter erhöht. Wir werden mit Blick auf die Verhältnisse in Deutschland noch untersuchen, ob dieses Vorgehen die erwünschten Wirkungen zeigt. Im Jahr 2012, mit einer weiteren Überarbeitung in 2016, erhielten die Empfehlungen der FATF ihre heutige Fassung.
aa) AML/CFT Policies and Coordination
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Die 40 Empfehlungen sind in sieben Abschnitte aufgegliedert. Unter der Überschrift „AML/CFT Policies and Coordination“[6] wird den Staaten nahegelegt, einen risikobasierten Ansatz anzuwenden: Die nationalen Maßnahmen zur Vorbeugung und Reduzierung des Risikos der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sollen sich an den Geldwäsche-Risiken und deren Ausprägungen orientieren, die in der jeweiligen Jurisdiktion bestehen. Auf diese Weise wird angestrebt, die Ressourcen des Staates effizient zur Risikoreduktion einzusetzen. Die Staaten sollen dasselbe risikoorientierte Vorgehen auch von den ansässigen Finanzinstituten und verpflichteten Unternehmen verlangen. Staatliche Stellen und Behörden werden aufgefordert, sowohl innerstaatlich als auch international miteinander zu kooperieren.
bb) Money Laundering and Confiscation
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Im Abschnitt „Money Laundering and Confiscation“[7] wird verlangt, dass Geldwäsche im Hinblick auf einen umfassenden Vortatenkatalog als Straftat behandelt wird. Behörden sollen in die Lage versetzt werden, inkriminierte Vermögensgegenstände rechtswirksam zu beschlagnahmen und zu konfiszieren.
cc) Terrorist Financing and Financing of Proliferation
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Ähnlich strukturiert sind die Aussagen unter „Terrorist Financing and Financing of Proliferation“[8]: Terrorismusfinanzierung soll kriminalisiert und ein zielgerichtetes Finanzsanktionssystem eingerichtet werden, insbesondere auch mit Blick auf Organisationen, die nur scheinbar auf Wohltätigkeit ausgerichtet sind.
dd) Preventive Measures
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Der umfangreichste Abschnitt der 40 Empfehlungen legt vorbeugende Maßnahmen dar („Preventive Measures“).
(1) Kundensorgfaltspflichten
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Zunächst wird ausführlich zu den Kundensorgfaltspflichten der Finanzinstitute Stellung genommen, wobei sich in Fachkreisen vermehrt der englische Begriff hierfür durchgesetzt hat (customer due diligence – „CDD“). Den Staaten werden folgende gesetzgeberische Maßnahmen empfohlen:
– | Verbot von anonymen Konten oder Konten unter falschem Namen, |
– | Gebot der CDD beim Eingehen einer Geschäftsbeziehung, beim Ausführen gelegentlicher Transaktionen über USD/EUR 15 000 bzw. Geldtransfers, im Falle eines Geldwäscheverdachts oder bei Zweifeln über die Identität des Kunden. |
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Kundensorgfaltspflichten sollen das Identifizieren und Verifizieren der Kundenidentität und des wirtschaftlich Berechtigten, das angemessene Verständnis der Zwecke bzw. der Natur der Geschäftsbeziehung und eine fortlaufende Überwachung der Geschäftsbeziehung umfassen. Hierzu wird ein zumutbarer bzw. im Lichte des Risikos angemessener Aufwand empfohlen. Falls ein Institut nicht in der Lage ist, die vorgeschriebenen Kundensorgfaltspflichten zu erfüllen, soll hiernach die Geschäftsbeziehung entweder gar nicht erst begonnen oder wieder beendet werden. Finanzinstitute sollen alle Vorgänge der Geschäftsbeziehung aufzeichnen und die Aufzeichnungen fünf Jahre lang aufbewahren.
(2) Besondere Kunden und Aktivitäten
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Ergänzend hierzu formuliert die FATF zusätzliche Maßnahmen für besondere Kunden und Aktivitäten („Additional Measures for Specific Customers and Activities“).
Politisch exponierte Personen: Zunächst einmal empfiehlt die FATF im Umgang mit politisch exponierten Personen (politically exposed persons – „PEPs“) zusätzliche Sorgfaltspflichten, nämlich
– | Prüfung, ob es sich bei einem Kunden oder einem wirtschaftlich Berechtigten, deren Familienmitgliedern oder eng verbundenen Personen um einen PEP handelt, und falls ja und falls daraus ein erhöhtes Risiko folgt: – Genehmigung der Geschäftsleitung für die Geschäftsbeziehung zu einem PEP, – Aufdecken der Quelle von Vermögenswerten (mit angemessenen Maßnahmen), – vertieftes Überwachen der laufenden Geschäftsbeziehung. |
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Korrespondenzbankgeschäft: Beim grenzüberschreitenden Korrespondenzbankgeschäft hält die FATF es für erforderlich, dass die beteiligten Institute sich wechselseitig über die Integrität des jeweils anderen Instituts informieren, um das Risiko eines Missbrauchs zur Geldwäsche zu minimieren. Insbesondere soll vermieden werden, dass Bank-Mantelgesellschaften (shell banks) Beziehungen mit anderen Banken aufbauen. Damit sind Banken gemeint, die zwar unter Umständen ein gewisses operatives Geschäft aufweisen, aber deren Hauptzweck die Erleichterung der Geldwäsche für die wirtschaftlichen Eigentümer der Bank ist.
(3) Geldtransfers
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Den Staaten wird zudem empfohlen, den Geldtransfer als erlaubnispflichtiges Geschäft auszugestalten, und sicherzustellen, dass Finanzinstitute sowohl hinreichende Daten des Zahlungsauslösers als auch des Zahlungsempfängers bei Geldtransfers erheben und untereinander weiterleiten.
(4) Zusammenarbeit zwischen Unternehmen
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Eine gewisse Skepsis hegt die FATF gegenüber Konstellationen, in denen Finanzinstitute auf andere Unternehmen bzw. Dritte vertrauen, die für sie Kundensorgfaltspflichten/CDD erledigen. Die Empfehlung lautet hier, dass das Finanzinstitut die Kontrolle und die Verantwortlichkeit für den Prozess behält, was durch verschiedene Maßnahmen des Informationsflusses sichergestellt werden soll. Im Übrigen soll die Geldwäschebekämpfung in Konzernen einer gruppenweiten Steuerung unterliegen.
(5) Umgang mit verdächtigen Transaktionen
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Mit Blick auf den Umgang mit verdächtigen Transaktionen geben die FATF-Empfehlungen zweierlei an die Hand: Staaten sollten Finanzinstitute gesetzlich verpflichten, verdächtige Transaktionen an eine „Financial Intelligence Unit“ (FIU) zu melden. Diese Informationsweitergabe soll auf jeden Fall straf- und sanktionslos sein. Dagegen soll es strikt verboten werden, die Tatsache, dass eine Verdachtsmeldung eingereicht wurde, außer an die FIU jemand anderem, inklusive dem betroffenen Kunden, bekannt zu machen (das sog. „tipping-off“).