Ius Publicum Europaeum. Paul Craig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Paul Craig
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811489059
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Gerichtshofs für Menschenrechte Gesetze, die darauf zielen, die Wirkungen gerichtlicher Entscheidungen zu beschränken, gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen, sofern sie nicht durch „zwingende Gründe des allgemeinen Interesses“ gedeckt sind.[182] Aus diesem Grund bestimmt der Conseil constitutionnel, ohne die validation législative insgesamt abzulehnen, Voraussetzungen, unter denen sie zulässig ist, und fordert wie auch der Conseil d’État und die Cour de cassation, dass sie durch Gründe des allgemeinen Interesses gerechtfertigt ist.[183] Dabei erscheint der Rückgriff auf bestätigende Gesetze äußerst heikel und wird angesichts der Tatsache, dass das französische Recht eine Staatshaftung für eine konventionswidrige Bestätigung kennt,[184] wohl mehr und mehr eingeschränkt werden.[185]

      Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen§ 75 Grundzüge des Verwaltungsrechts in gemeineuropäischer Perspektive: Frankreich › V. Schlussbemerkungen: Das Recht auf eine gute Verwaltung

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      Unter dem Begriff der „guten Verwaltung“ fasst die Charta verschiedene Rechte zusammen. Neben einem allgemeinen Prinzip in Analogie zu den Garantien des Art. 6 Abs. 1 EMRK kennt sie drei Verfahrensgrundsätze – das Recht auf eine Anhörung, das Recht auf Zugang zu den Akten und die Begründungspflicht – und das Prinzip der Haftung der Verwaltung für die von ihr verursachten Schäden. Lässt man den speziell auf die Europäische Union zugeschnittenen vierten Punkt außer Acht (Sprachen der Verträge), fügt das europäische Konzept eines Rechts auf gute Verwaltung den dem französischen Recht bereits bekannten Rechten kein weiteres hinzu, sondern bleibt vielmehr hinter diesen zurück. Die auch im französischen Recht anerkannten Verfahrensprinzipien sind Ausdruck der bereits beschriebenen Tendenz zur Verrechtlichung des Verwaltungsverfahrens. Wenn es ferner eine der Neuerungen des Art. 41 GRCh ist, dass er keine Bürgerrechte, sondern Jedermannrechte garantiert, die auch für Ausländer gelten, die ihren Wohnsitz nicht im entsprechenden Land haben oder sich sogar illegal dort aufhalten, ist darauf hinzuweisen, dass auch das französische Konzept, das dem „administré“ gegenüber dem „citoyen“ den Vorzug gibt und damit das Unterordnungsverhältnis bekräftigt, denjenigen Rechte zuerkennt, die streng genommen keine Bürger sind. Ferner enthält Art. 41 GRCh keine Gewährleistung eines Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber Verwaltungsmaßnahmen.

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      Indem die „gute Verwaltung“ auf ein Verwaltungshandeln verweist, das seiner Aufgabe, der Befriedigung allgemeiner Interessen, gerecht wird, trägt das „Recht auf eine gute Verwaltung“ dazu bei, demokratische Prinzipien in die Verwaltung einzuführen. Dies führt dazu, dass der administré nicht mehr einfach der Befehlsgewalt der Verwaltung unterworfen ist, sondern über seine Stellung als potentieller Kläger hinaus zu einer Art „Gläubiger“ des Verwaltungshandelns und sogar zu einem Partner der Verwaltung wird.

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      Erster Teil Landesspezifische Ausprägungen§ 75 Grundzüge des Verwaltungsrechts in gemeineuropäischer Perspektive: Frankreich › Bibliographie

Jacques Caillosse, La constitution imaginaire de l’administration, 2008.

Georges Dupuis/Marie-José Guédon/Patrice Chrétien, Droit administratif, 112008.

Charles Eisenmann, Cours de droit administratif, 2 Bde., 1982–1983.

Pierre-Laurent Frier/Jacques Petit, Droit administratif, 52008.


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