2. Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)
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Die MiStra[201] beruht auf einer Übereinkunft des Bundes- und der Landesjustizminister und gilt bundeseinheitlich.[202] Diese Verwaltungsvorschrift steht im Kontext mit den §§ 12 ff. EGGVG, die allgemein die verfahrensübergreifende Übermittlung personenbezogener Daten regeln.[203] Die MiStra erfasst die Unterrichtung anderer Behörden und Stellen[204] über im Einzelfall relevante Strafsachen (z.B. die Mitteilung in Fahrerlaubnissachen gemäß Nr. 45 MiStra).
3. Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz (RiJGG)
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Die bundeseinheitlich geltenden RiJGG enthalten unter anderem Ausführungen bezüglich der strafverfahrensrechtlichen Teile des JGG. Die RiJGG normieren Empfehlungen an das Gericht und geben der Staatsanwaltschaft Anleitungen für den Regelfall, von denen im Einzelfall abgewichen werden kann.[205] Bei Verfahren, die zur Zuständigkeit der Jugendgerichte gehören, finden die RiStBV (im Verhältnis zu den RiJGG) nur subsidiäre Anwendung.[206]
4. Strafvollstreckungsordnung (StVollstrO)
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Die StVollstrO gilt einheitlich im Bundesgebiet und basiert auf einer Übereinkunft zwischen dem Bundesjustizministerium und den Landesjustizverwaltungen.[207] Nach § 1 Abs. 1 StVollstrO gilt diese Verwaltungsvorschrift unter anderem für die Vollstreckung von Urteilen und ihnen gleichstehenden Entscheidungen, die auf eine Strafe, Nebenstrafe, Nebenfolge oder Maßregel der Besserung und Sicherung lauten.
5. Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt)
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Die einheitlich für den Bereich des Bundes und der Länder geltenden RiVASt erfassen unter anderem den Rechtshilfeverkehr mit ausländischen Behörden (Nr. 1 ff. RiVASt).[208]
F. Richterrecht
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Im Regelfall stellt Richterrecht keine klassische Rechtsquelle des Strafverfahrensrechts dar. Lediglich in speziell geregelten Ausnahmefällen entfalten gerichtliche Entscheidungen eine unmittelbare Bindungswirkung für die weitere strafprozessuale Rechtsanwendung. Zu nennen sind etwa die folgenden Regelungen:
– | § 358 Abs. 1 StPO, dem zufolge ein unterinstanzliches Gericht, an welches eine Strafsache nach erfolgreicher Revision verwiesen wird, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen hat.[209] |
– | § 31 Abs. 1 BVerfGG, wonach grundsätzlich[210] eine Bindung aller Gerichte und anderer Einrichtungen an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts besteht.[211] |
Jenseits dieser Fälle kann eine Rechtsprechung üblicherweise nur dann Rechtsquellenstatus entfalten, wenn sie sich zu Gewohnheitsrecht verdichtet hat[212]; jedoch ist die Bejahung des Vorliegens von Gewohnheitsrecht an strenge Voraussetzungen geknüpft[213], sodass derartige Konstellationen im Strafverfahrensrecht höchst selten sein dürften.[214] Eine weitere Besonderheit gilt für Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), denen durch das Bundesverfassungsgericht und den Bundesgerichtshof eine spezifische Bedeutung für die Anwendung deutschen Rechts beigemessen wird. (Vgl. hierzu oben Rn. 17).
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In sonstigen Fällen stellen gerichtliche Entscheidungen regelmäßig keine Rechtsquelle im engeren Sinne dar[215], da sie keinerlei strikte Bindungswirkung für die weitere Rechtsanwendung entfalten. Gegen die Annahme einer Bindungswirkung spricht bereits die positivrechtliche Überlegung[216], dass die genannten spezialgesetzlichen intergerichtlichen Bindungsnormen andernfalls ebenso überflüssig wären wie gesetzliche Vorschriften zur materiellen Rechtskraftwirkung einer Gerichtsentscheidung.[217] Ein striktes Präzedenzverständnis ist der deutschen Rechtsordnung demnach grundsätzlich fremd.[218] Wie Hassemer zutreffend ausführt, werden frühere richterliche Entscheidungen „nicht unbesehen als Geltungsgrund einer neuen, heutigen Sachverhaltsentscheidung“ in Bezug genommen, „sondern nur nach einer methodologischen Übersetzung auf den neuen Fall und in den derzeitigen Entscheidungshorizont“.[219] Aus einer bloß chronologischen Priorität eines Judikates kann demnach kein normativer Vorrang gegenüber späteren justiziellen Entscheidungen hergeleitet werden.[220]
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Allerdings lassen sich zumindest die Rechtssätze der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung als Rechtserkenntnisquellen klassifizieren. Hierfür spricht bereits der rein tatsächliche Umstand, dass derartige Rechtssätze in späteren Entscheidungen desselben Gerichts oder anderer Gerichte häufig in Bezug genommen werden.[221] Sicherlich sind derartige Referenzen mitunter dem bloßen praktischen Bedürfnis eines gerichtlichen Rechtsanwenders geschuldet, eine Entscheidung zu verfassen, die im Einklang mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung steht und deshalb als rechtsmittelfest gilt.[222] Allerdings dürfte diese praktische Erwägung keineswegs der einzige Grund sein. Vielmehr sind die genannten Referenzen im Hinblick auf das Prinzip der Rechtssicherheit auch durchaus geboten: Ebenso wie die Wissenschaft besitzt die Rechtsprechung eine ausgeprägte normative Bedeutung für die Präzisierung strafprozessualer Normen. Hinzu kommt, dass im Strafverfahrensrecht kein striktes Gesetzlichkeitsprinzip nach Art. 103 Abs. 2 GG gilt[223], sodass etwa auch Analogien zulässig sein können[224], wodurch die Bedeutung der Rechtspraxis für die Rechtsgenese nochmals erhöht werden dürfte.
Ausgewählte Literatur
Bruns, Hans-Jürgen | Bindet die Rechtskraft deklaratorischer Urteile der Zivil- und Verwaltungsgerichte auch den Strafrichter? Ein Beitrag zur Präzisierung der Problemstellung an Hand der Entscheidung BGHSt 5, 106, in: Festschrift für Lent, 1957, S. 107 ff. |
Christensen, Ralph/Kudlich, Hans | Gesetzesbindung: Vom vertikalen zum horizontalen Verständnis, 2008. |
Christensen, Ralph/Kudlich, Hans | Theorie richterlichen Begründens, 2001. |
Haaf, Eberhard | Die Fernwirkungen gerichtlicher und behördlicher Entscheidungen. Dargestellt am Problem der Bindung des Strafrichters an Zivil- und Verwaltungsgerichtsurteile sowie an Verwaltungsakte, 1984 (zit.: Fernwirkungen). |
Hassemer, Winfried |
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