132
Allerdings hat A Kündigungsschutzklage erhoben und somit die Voraussetzungen, die gem. § 3 des Sozialplans für einen solchen Anspruch vorliegen müssen, nicht erfüllt.
III. Unwirksamkeit der Beschränkung auf nicht klagende Arbeitnehmer
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In Betracht kommt jedoch, dass diese Vorschrift in Bezug auf diese Einschränkung unwirksam ist, so dass A trotz Erhebung der Kündigungsschutzklage ein Abfindungsanspruch zusteht.
1. Überschreitung der Regelungsbefugnis
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Möglicherweise ist die Einschränkung des Anspruchs in § 3 des Sozialplans deshalb unwirksam, weil sie außerhalb der Regelungsbefugnis der Betriebsparteien liegt. Im Umkehrschluss zu § 112 I 2 BetrVG könnte das der Fall sein, wenn sie weder auf den Ausgleich noch die Milderung wirtschaftlicher Nachteile abzielt.[3]
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Bei der zwischen dem Betriebsrat und der V-GmbH geschlossenen Vereinbarung handelt es sich um einen Sozialplan i.S.d. § 112 I 2 BetrVG, der dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung i.S.d. § 111 S. 1 BetrVG für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dient.
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Hinweis zur Klausurtechnik:
An dieser Stelle kann in gebotener Kürze auf die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sozialplans eingegangen werden (mehr als 20 Arbeitnehmer; Bestehen eines Betriebsrats; Betriebsänderung; wesentliche Nachteile). Da eine Betriebsänderung nach § 111 S. 3 Nr. 1 Var. 1 BetrVG unproblematisch vorliegt, wäre es jedoch z.B. verfehlt, zu diesem Punkt längere Ausführungen zu machen und bspw. den Meinungsstreit um den Regelungsgehalt von § 111 S. 3 BetrVG darzustellen, nur weil man diesen gelernt hat.
137
Die Einschränkung des Abfindungsanspruchs auf Arbeitnehmer, die keine Kündigungsschutzklage erheben, dient einzig der Planungssicherheit des Arbeitgebers. Sie könnte als unzulässiger Gegenstand eines Sozialplans somit unwirksam sein. Zwar begrenzt der Umfang der erzwingbaren Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auch die Regelungsbefugnis, wenn es um einen Spruch der Einigungsstelle geht. Gegen den Willen des Arbeitgebers kann die Einigungsstelle somit keine Regelungen über einen Gegenstand treffen, welcher nicht der erzwingbaren Mitbestimmung unterfällt. Bei einvernehmlichen Betriebsvereinbarungen ist dagegen die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien selbst nicht auf die Gegenstände des § 112 I 2 BetrVG oder etwa des § 88 BetrVG beschränkt. Grundsätzlich steht den Betriebsparteien in den Schranken des § 77 III BetrVG vielmehr eine umfassende Regelungskompetenz zu.[4] Daher können die Betriebsparteien in einvernehmlich vereinbarten Sozialplänen grundsätzlich[5] Regelungen treffen, die auch anderen Zwecken als dem Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile dienen.[6] Die Betriebsparteien haben ihre Regelungsbefugnis somit nicht überschritten, so dass die Begrenzung des Anspruchs in § 3 des Sozialplans nicht aus diesem Grund unwirksam ist.
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Hinweis zur Bewertung:
Diese eher fern liegende Argumentation, die das BAG lediglich einer früheren[7] gegenläufigen Entscheidung wegen anspricht, müssen die Bearbeiter nicht zwingend erkennen.
2. Verstoß gegen § 75 I BetrVG
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Möglicherweise verstößt die Einschränkung des Abfindungsanspruchs in § 3 des Sozialplans aber gegen das in § 75 I BetrVG verankerte betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.[8] Das ist der Fall, wenn eine Ungleichbehandlung vorliegt, die nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.
a) Ungleichbehandlung
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Zunächst muss eine Ungleichbehandlung gegeben sein. Das ist der Fall, wenn vergleichbare Personengruppen in wesentlicher Hinsicht ungleich behandelt werden. Durch die Bestimmungen des Sozialplans werden Arbeitnehmer des zu schließenden Betriebsteils (tertium comparationis), die Kündigungsschutzklage erheben, hinsichtlich der Sozialplanabfindung schlechter gestellt als diejenigen, die von der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung absehen. Damit liegt eine relevante Ungleichbehandlung vor.
b) Keine Rechtfertigung
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Gleichheitswidrige Maßnahmen können allerdings durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Als sachlicher Grund für die Schlechterstellung von Arbeitnehmern, die Kündigungsschutzklage erheben, kommt das Interesse des Arbeitgebers an Planungs- und Rechtssicherheit in Betracht. Fraglich ist jedoch, ob dieser Zweck[9] in einem Sozialplan (als Hauptzweck einer Vereinbarung) verfolgt werden darf.
aa) Zulässigkeit als Milderung oder zur Befriedigung der Belegschaft
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Nach § 112 I 2 BetrVG hat ein Sozialplan den Zweck, wirtschaftliche Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, auszugleichen oder zu mildern. Darauf stellt das BAG bei der Auslegung sowie der rechtlichen Überprüfung von Sozialplänen entscheidend ab.[10] Daneben kommt Sozialplänen auch eine Befriedungsfunktion zu.[11] Es ist aber fraglich, ob der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage Ausgleich, Überbrückung oder Befriedung der Belegschaft dient. Die wirtschaftlichen Nachteile derjenigen Arbeitnehmer, die nach einer verlorenen[12] Kündigungsschutzklage ihren Arbeitsplatz verlieren, sind nicht geringer als die Nachteile derjenigen Arbeitnehmer, die gar keinen Kündigungsschutzprozess führen. Die Zahlung einer Abfindung für einen Klageverzicht steht damit – jedenfalls im Regelfall – in keinem Zusammenhang zu den wirtschaftlichen Nachteilen, die den betroffenen Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen. Sie bezweckt mithin weder Ausgleich oder Abmilderung wirtschaftlicher Nachteile noch Befriedung der Belegschaft.
bb) Unzulässigkeit der Bereinigung von Streitigkeiten
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Es bleibt damit zu fragen, ob einem Sozialplan eventuell auch eine „Bereinigungsfunktion“ zukommt, die den Klageverzicht als Anspruchsvoraussetzung gestatten würde. Ein Sozialplan soll nach der gesetzlichen Konzeption die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer aus einer rechtmäßig durchgeführten Betriebsänderung ausgleichen oder mildern. Rechtswidrige Maßnahmen braucht der Arbeitnehmer dagegen ohnehin nicht hinzunehmen; gegen sie kann er sich gerichtlich zur Wehr setzen und ihre nachteiligen Folgen abwenden. Nachteile einer rechtswidrigen Kündigung gehören somit nicht zum Sozialplan. Eine „Bereinigungsfunktion“ zur Herbeiführung von Planungssicherheit kommt einem Sozialplan daher nicht zu.[13] Seine Funktion besteht nicht darin, allein die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung von Betriebsänderungen zu reduzieren oder gar zu beseitigen.[14]
144
Vor diesem Hintergrund ist es unzulässig, im Rahmen eines Sozialplans das Interesse des Arbeitgebers an Planungs- und Rechtssicherheit als sachlichen Grund für die Ungleichbehandlungen von Arbeitnehmern heranzuziehen.[15]
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Hinweis zur Bewertung:
Ein anderes Ergebnis ist vertretbar, wenn darauf abgestellt