Vgl. Sykes/Matza in: Sack/König, S. 360, 360 ff. Siehe hierzu Hefendehl MSchrKrim 2005, 444, 452 ff.; Bannenberg/Jehle-Kaspar S. 135, 138 f.; Kölbel ZIS 2014, 552, 553; Schmitt-Leonardy ZIS 2014, 11, 15; Theile ZIS 2008, 406, 410. Siehe ferner Benson Criminology 23 (1985) 583, 591 ff.
Zu den Grenzen des Rational Choice-Ansatzes siehe auch Hefendehl ZStW 119 (2007), 816, 820 ff.
Esser Bd. 3 (2002), S. 85 ff., 116 ff. Siehe ferner Coleman (1986), S. 17, 24 f., 36 ff. Ähnlich Kempf/Lüderssen/Volk-Lüderssen (2012), S. 79, 81 ff. Kritisch zu derartigen Ansätzen Boers MSchrKrim 2001, 335, 349 f. Vgl. auch die Analyse bei Kempf/Lüderssen/Volk-Schmitt-Leonardy (2012), S. 111, 123 ff.; dies. ZIS 2015, 11, 17.
Hoyningen-Huene in: Lübbe (1994), S. 165, 171 ff.; Bayertz-Lenk/Maring S. 243; Luhmann (1968), S. 56, 171 ff.; Lübbe (1998), S. 122 ff.; Willke S. 52 ff. Aus dogmatischer Sicht Dannecker GA 2001, 101, 108 f.; Heine in: Alwart (1998), S. 90, 101; ders. ZStrR 2001, 22, 25; Hirsch ZStW 107 (1995), 285, 288 f.; Lampe ZStW 106 (1994), 683, 691; Seelmann in: FS Schmid (2001), S. 169, 170 f. Zum Ganzen Theile (2009), S. 45 ff.
Vgl. etwa Bode (1999), S. 100; Eder ZfRSoz 1986, 1, 19; Luhmann (1999), S. 56, 171, 175; Willke S. 52 ff. Zum Ganzen siehe Theile (2009), S. 54 ff.
Treffend Schmitt-Leonardy ZIS 2014, 11, 17. Siehe auch Heine in: Alwart (1998), S. 90, 101; ders. ZStrR 2001, 22, 25; Seelmann in: FS Schmid (2001), S. 169, 171, 177.
Vesting Jura 2001, 299, 300. Aus kriminologischer Perspektive siehe Boers MSchrKrim 2001, 335, 350 ff.; ders. Wissenschaftliches Symposium Sessar (2012), S. 251, 257 ff.
Sack in: König (Hrsg.), S. 239; Karliczek-Sessar S. 32, 61 ff. Siehe ferner Hondrich-Becker/Blumer S. 102; McNaughton-Smith in Lüderssen/Sack S. 197. Vgl. ferner Hart (2011), S. 118 ff.
Teil 1 Einführung in die Problematik › C. Probleme für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
C. Probleme für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
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Gerade diese Dezisionen auf Ebene der Normsetzung und -anwendung stellen sich im Hinblick auf Unternehmenskriminalität als Problem dar, weshalb der Zugriff des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts an Grenzen stößt. Schwierigkeiten bereitet insbesondere der Umgang mit dem Phänomen der Emergenz, was freilich von der Ausgestaltung der jeweiligen normativen Programme abhängt. Nur vordergründig weist die Debatte um das Wesen der juristischen Person, die im 19. Jahrhundert zwischen von Giercke und von Savigny geführt wurde, Bezüge zu dieser Problematik auf: Von Giercke vertrat insoweit den Standpunkt, die Körperschaft sei eine sich über seine Repräsentanten ausdrückende reale Gesamtperson,[1] während von Savigny davon ausging, die juristische Person sei ein unkörperliches Gedankenwesen, das allein qua juristischer Fiktion entstehe.[2] Im Zentrum der Auseinandersetzung stand weniger das jeweilige Verständnis vom Unternehmen als soziales Phänomen, sondern vielmehr das jeweils differierende Grundverständnis über den Unternehmensträger: Von Giercke wollte mit seiner Interpretation einem vorgegeben sozialen Tatbestand Rechnung tragen, von Savigny kam es darauf an, allein Menschen aufgrund ihrer Fähigkeit zur Selbstbestimmung als originäre Rechtsperson zu akzeptieren.[3]
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Erkennt man an, dass ein Unternehmen mehr als die Summe seiner Teile ist, wäre es an sich folgerichtig, allein das Unternehmen, nicht aber einzelne Mitarbeiter zu sanktionieren, weil nur das Unternehmenswirken in toto den eine Sanktionierung tragenden Grund bietet. Anders als das europäische Recht, das etwa im Kartellrecht ohne jede individuelle Anknüpfungstat die Sanktionierung von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen gestattet, zieht jedoch nicht einmal das deutsche Ordnungswidrigkeitenrecht eine solche Konsequenz. Voraussetzung für die Verhängung einer Geldbuße gegenüber einer juristischen Person oder Personenvereinigung ist nach wie vor die individuelle Anknüpfungstat eines für das Unternehmen handelnden Repräsentanten (vgl. § 30 Abs. 1 OWiG). Das Strafrecht trägt dem Aspekt der Emergenz ebenso wenig Rechnung und kann dies angesichts seiner individualistischen Ausrichtung sowie des Fehlens einer Unternehmensstrafe nicht einmal tun: Die Verhängung einer Freiheits- oder Geldstrafe ist allein gegenüber einer schuldhaft handelnden Individualperson möglich, womit das Unternehmenswirken insgesamt zwangsläufig ausgeblendet wird. Ein solcher Ausblendungsmechanismus stellt aus systemtheoretischer Perspektive eine Komplexitätsreduktion dar, an der sich das Strafrecht aufgrund der ihm eigenen dogmatischen Kategorien der Handlungs-, Schuld- und Straffähigkeit des Sanktionsadressaten gerade als System bewährt. Ob die Reduktion von Komplexität nicht auf höherem und der durch das Wirken von Unternehmen geprägten wirtschaftlichen Umwelt stattfinden müsste, ist dann bereits die Frage nach der Unternehmensstrafbarkeit.
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Aber selbst wenn man diese der lex lata zugrunde liegende Komplexitätsreduktion als Ausgangspunkt nimmt, besteht die eigentliche Problematik des straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Umgangs mit Unternehmenskriminalität darin, dass anders als in Fällen der konventionellen Eigentums- und Vermögenskriminalität Information, Entscheidung und Handlung im Regelfall nicht in ein und derselben Person zusammenfallen, sondern in Unternehmen auf unterschiedliche Personen verteilt sind.[4] Die Schwierigkeiten potenzieren sich noch dadurch, als aus dem Unternehmenswirken entstehende Rechtsgutsverletzungen oftmals gar nicht auf eine einzelne Handlung bezogen werden können, sondern das Ergebnis langjähriger Fehlentwicklungen sind, die durch mangelndes Risikomanagement gekennzeichnet sind.[5] Unabhängig davon, ob dies im Sinne einer „organisierten Unverantwortlichkeit“ intendiert ist oder schlicht aufgrund der Eigenheiten des Unternehmenszusammenhanges geschieht, liegt es nahe, dass hieraus für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht Probleme erwachsen.[6] Zwar wird teilweise eingewandt, Unternehmenskriminalität zeichne sich gar nicht durch erhöhte Beweisschwierigkeiten aus, da die formelle innerbetriebliche Organisation fortlaufend zur Dokumentation von Entscheidungsabläufen zwinge.[7] Die oftmals beklagten Probleme bezögen sich demnach weniger auf die Unmöglichkeit, sondern auf die faktische Unzumutbarkeit der Beweisführung.[8] Unabhängig davon, ob im Hinblick auf die Beweisführung von Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit auszugehen ist, besteht jedoch kein Zweifel, dass insoweit erhebliche praktische Schwierigkeiten auftreten.[9]
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Die Problematiken bestehen gleichermaßen im Horizontalverhältnis von Individuen auf gleicher Hierarchieebene wie im Vertikalverhältnis von Individuen auf hierarchisch unterschiedlichen Stufen, weshalb in diesem Bereich jeweils spezifische Schwierigkeiten in der Zurechnung und der Implementation des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts entstehen: „An den Klippen der Arbeitsteilung zerschellen die klassischen Prinzipien der Verantwortlichkeit“.[10]