125
Es kann dementsprechend auch nicht verlangt werden, dass der Unternehmer auf Wunsch des Betriebsrats vor der Umsetzung der geplanten Maßnahmen neue Analysen und Prüfungen vornimmt bzw. vornehmen lässt. Aus § 80 Abs. 2 BetrVG folgt zwar, dass dem Betriebsrat in der Regel neben der Darstellung des Arbeitgebers auch weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind, die er auswerten kann. Hierzu zählen etwa Gutachten von Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüferberichte und Bilanzen.[228] Auch hier gilt aber, dass der Unternehmer nur solche Unterlagen zur Verfügung stellen muss, über die er selbst verfügt.[229] Neue Unterlagen und Analysen muss er entgegen einer in der Praxis häufig anzutreffenden Vorstellung nicht herstellen lassen, wenn der Betriebsrat dies wünscht.[230]
126
Darauf, dass sich aus den vorzulegenden Unterlagen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ergeben, kann sich der Unternehmer anders als nach § 106 Abs. 2 BetrVG nicht berufen; die Unterrichtungspflicht wird allein hierdurch nicht eingeschränkt.[231] Grenzen ergeben sich allerdings daraus, dass der Unternehmer über die nach seiner Auffassung maßgeblichen und für die Betriebsänderung relevanten Umstände zu unterrichten hat. Die Vorlage von Unterlagen, die weder zum Verständnis der Planungen, noch zu Zwecke der Beratung erforderlich sind, kann nicht verlangt werden.[232] Auch eine Unterrichtungs- und Vorlagepflicht, die wahllos alle in den vergangenen Jahren erstellten Prüfberichte, Gutachten und Bilanzen betrifft, besteht nicht.[233]
127
Die erforderliche Geheimhaltung etwaiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse lässt sich in der Praxis zum einen durch einen ausdrücklichen Hinweis[234] auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit sicherstellen, zum anderen empfiehlt es sich, die entsprechenden schriftlichen Unterlagen als streng vertraulich zu kennzeichnen und die jeweiligen Exemplare zu personalisieren. Ein etwaiger Geheimnisverrat kann dann eher nachvollzogen werden.
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Die Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat besteht unabhängig davon, ob der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss bereits unterrichtet hat, wird hierdurch also nicht eingeschränkt.[235]
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Der Betriebsrat ist auch über die Folgen der geplanten Betriebsänderung zu unterrichten. Neben den die Betriebsänderung selbst betreffenden Informationen sind dem Betriebsrat insbesondere auch die Informationen zu erteilen, die dieser benötigt, um eigene Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts eines abzuschließenden Sozialplans zu entwickeln.[236] Zur wirksamen Ausübung seines Mitbestimmungsrechts genügt es jedoch, dass er bei Durchführung der Betriebsänderung imstande ist, einigermaßen fundiert abzuschätzen, auf welche Regelungen eines künftigen Sozialplans die Betroffenen sich einzustellen haben. Detaillierte Informationen über die für den Sozialplan maßgeblichen Zahlen sind damit nicht zwingend erforderlich.[237]
b) Beratung
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§ 111 BetrVG verpflichtet den Unternehmer neben der Unterrichtung auch zur Beratung mit dem Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung. Ziel der Beratung sind der Versuch eines Interessenausgleichs sowie der Abschluss eines Sozialplans (vgl. dazu die Ausführungen zu §§ 112, 112a BetrVG unter Rn. 165).[238] Kommt eine solche Einigung zustande, wird ein Interessenausgleich mit dem Betriebsrat abgeschlossen (§ 112 Abs. 1 BetrVG.) In der Praxis werden die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan in der Regel miteinander verbunden. Kommt allerdings eine Einigung über den Inhalt des Interessenausgleichs, d.h. über das Ob und Wie der Betriebsänderung nicht zustande, ist die Einigungsstelle anzurufen (§ 112 Abs. 2 BetrVG). Ungeachtet des Wortlaut („können“) geht die Rechtsprechung des BAG davon aus, dass die Einigungsstelle zwingend anzurufen ist, bevor der Versuch der Einigung über den Interessenausgleich als gescheitert qualifiziert und die Maßnahme umgesetzt werden kann.[239]
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Die Einigungsstelle kann keinen Spruch über den Interessenausgleich fassen, dies kann sie nur bezüglich des Sozialplans.[240]
c) Zuständiger Verhandlungspartner
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Für die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG ist in der Regel der örtliche Betriebsrat zuständig. Etwas anderes gilt nach dem allgemeinen Grundsätzen (§§ 50 ff. BetrVG) jedoch dann, wenn die Betriebsänderung mehr als nur einen Betrieb betrifft und eine Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer sinnvollerweise nur betriebsübergreifend getroffen werden kann. In diesem Fall, d.h. wenn ein einheitliches oder zumindest unternehmensübergreifendes Konzept besteht, ist der Gesamtbetriebsrat der zuständige Verhandlungspartner.[241] Hierfür ist die geplante Betriebsänderung maßgeblich, nicht der später tatsächlich abgeschlossene Interessenausgleich.[242]
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Zu beachten ist allerdings, dass aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Vereinbarung eines Interessenausgleichs nicht zwingend die gesetzliche Zuständigkeit für den Abschluss eines Sozialplans folgt. Dafür ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 BetrVG gesondert zu prüfen. Ob danach ein zwingendes Bedürfnis nach einer zumindest betriebsübergreifenden Regelung besteht, bestimmt auch der Inhalt des Interessenausgleichs.[243]
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Nach § 58 Abs. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Sind die vom Unternehmen in Aussicht genommenen Betriebsänderungen auf die Ebene des Unternehmens beschränkt, ist damit eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates zunächst nicht gegeben. Eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats kommt jedoch dann in Betracht, wenn sich eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung bzw. sich die geplante Maßnahme auf mehrere Unternehmen auswirkt und deshalb zwingend einer einheitlichen Regelung bedarf. Der unternehmensübergreifende Regelungsbedarf bestimmt sich dabei nach der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme. Liegt ihr ein unternehmensübergreifendes einheitliches Konzept zugrunde, ist der Interessenausgleich mit dem Konzernbetriebsrat zu vereinbaren.[244] Die zeitliche Nähe der Umstrukturierungen oder den Umstand, dass in einem internationalen Konzern letztlich alle Entscheidungsstränge in der Konzernspitze zusammenlaufen, wird man hierfür aber regelmäßig nicht als ausreichend ansehen können.[245]
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Beispiele:
Der Gesamtbetriebsrat ist demzufolge z.B. in den folgenden Fällen der zuständige Verhandlungspartner:
– | Einführung eines unternehmenseinheitlichen EDV-Systems[246], sofern darin eine Betriebsänderung gem. § 111 Satz 3 Nr. 4 oder 5 BetrVG zu sehen ist, |
– | betriebsübergreifende Entlassung aller Außendienstmitarbeiter mit dem Ziel, deren Aufgaben nun (freien) Handelsvertretern zuzuweisen[247] oder aller Arbeitnehmer nach Maßgabe eines einheitlichen Kriteriums (z.B. einer Altersgrenze)[248], |
– | Stilllegung[249], Zusammenschluss[250] oder Spaltung[251] mehrerer oder aller Betriebe eines Unternehmens. Das gilt auch, wenn bei Beginn der Verhandlungen noch nicht feststeht, welche konkreten Betriebe betroffen sein werden.[252] |