6. Verfahrensrecht
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Das Verfahren in Nachlass- und Teilungssachen ist in §§ 342-373 FamFG geregelt.
Der Gerichtsstand ist in der ZPO geregelt: Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können gem. § 27 Abs. 1 ZPO vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Wenn der Erblasser ein Deutscher ist und zur Zeit seines Todes im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hatte, so können die Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte (§ 27 Abs. 2 Hs. 1 ZPO); mangels eines solchen ist Gerichtsstand das AG Schöneberg in Berlin (§ 27 Abs. 2 Hs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 2 ZPO) In dem Gerichtsstand können gem. § 28 ZPO auch Klagen wegen anderer Nachlassverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlass noch ganz oder teilweise im Bezirk des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesamtschuldner haften.
§§ 27, 28 ZPO regelten über die örtliche Zuständigkeit hinaus traditionell auch die internationale Zuständigkeit.[30] Wenn der Erblasser am oder nach dem 17.8.2015 verstorben ist, bestimmt sich die internationale Zuständigkeit jedoch nach der EuErbVO (→ Rn. 1510 ff.).
Besondere Regelungen ergeben sich zusätzlich aus der InsO, so z.B. das Nachlassinsolvenzverfahren gem. §§ 315 ff. InsO.
7. Sonstige Gesetze
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Gem. § 15 Abs. 1 GmbHG sind GmbH-Geschäftsanteile vererblich. Für Aktien fehlt zwar eine entsprechende gesetzliche Regelung; sie sind aber nach allgemeiner Meinung ebenfalls vererblich[31]. Näher zur Erbfolge in Kapitalgesellschaftsanteile → Rn. 1449 ff.
§ 77 GenG normiert die Vererblichkeit eines Genossenschaftsanteils.
Zur Bezugsberechtigung der Erben bei der Lebensversicherung enthält § 160 Abs. 2 VVG eine Regelung.[32]
§ 46 GewO enthält eine Regelung betreffend die Fortführung des Betriebs nach dem Tod des Gewerbetreibenden; s. ferner auch § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 3, Abs. 1a ApoG und § 10 GastG.
Gem. § 5 AnfG kann ein Nachlassgläubiger eine Leistung anfechten, wenn der Erbe aus dem Nachlass Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt und der Nachlassgläubiger im Insolvenzverfahren über den Nachlass dem Empfänger der Leistung im Rang vorgehen oder gleichstehen würde. Nach § 15 Abs. 1 AnfG kann die Anfechtbarkeit gegenüber den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger des Anfechtungsgegners geltend gemacht werden.
Teil I Überblick über das Erbrecht › § 1 Grundlagen des Erbrechts › IV. Internationales Erbrecht
IV. Internationales Erbrecht
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Für alle Erbfälle, die am oder nach dem 17.8.2015 eintreten, bestimmt sich die lex successionis (Erbstatut) grundsätzlich nach der EuErbVO, sofern nicht vorrangige Staatsverträge eingreifen (vgl. Art. 75 Abs. 1 EuErbVO). Wenn und soweit weder ein Staatsvertrag noch die EuErbVO Anwendung finden, gelten gem. Art. 25 EGBGB die Art. 20-38 EuErbVO entsprechend. Näher → Rn. 1476 ff.
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Bei Erbfällen, die zwischen dem 1.9.1986 und dem 16.8.2015 eintraten, unterlag die Rechtsnachfolge von Todes wegen – sofern keine vorrangigen Staatsverträge eingriffen – gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte; für im Inland belegenes unbewegliches Vermögen konnte der Erblasser jedoch gem. Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. in einer Verfügung von Todes wegen deutsches Recht wählen. Zur Rechtslage vor dem 1.9.1986 s. Staudinger/Dörner, 2007, Art. 25 EGBGB Rn. 10 ff. m.w.N.
Teil I Überblick über das Erbrecht › § 1 Grundlagen des Erbrechts › V. Grundbegriffe des Erbrechts
1. Erblasser und Erbfall
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§ 1922 Abs. 1 definiert den Erbfall als Tod einer Person. Diese verstorbene Person ist der Erblasser. „Person“ i.S.d. § 1922 Abs. 1 ist dabei nur eine natürliche Person.[33] Juristische Personen können nicht sterben und damit auch nicht beerbt werden; ihre Rechtspersönlichkeit endet vielmehr i.d.R. durch Löschung nach Auflösung und Abwicklung oder aufgrund einer Verschmelzung oder Aufspaltung.[34]
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Wie der für das Erbrecht maßgebliche Todeszeitpunkt zu bestimmen ist, ist nicht gesetzlich geregelt. Entscheidend ist im Regelfall der Herz- und Kreislaufstillstand, bei künstlicher Aufrechterhaltung von Atmung und Kreislauf hingegen der sog. Gesamthirntod.[35]
2. Erbe und Vermächtnisnehmer
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Erben sind nach der Legaldefinition in § 1922 Abs. 1 diejenigen Personen, auf die das Vermögen des Erblassers (= Erbschaft, → Rn. 59) mit dessen Tod als Ganzes übergeht. Die Erbschaft fällt dem Erben – anders als nach manchen anderen Rechtsordnungen[36] – kraft Gesetzes an (sog. Anfallprinzip bzw. Vonselbsterwerb).[37] Das Vermögen des Erblassers geht dabei als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) auf den Erben über, d.h. es erfolgt ein automatischer und einheitlicher Übergang aller vererblichen Rechts- und Pflichtenstellungen (Rechtsbündel) sowie der daraus erwachsenden aktiven und passiven Ansprüche auf den Erben[38].
Beachte:
Der Besitz als tatsächliches Gewaltverhältnis geht hingegen nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über. Allerdings bestimmt § 857 ausdrücklich, dass der Besitz auf den Erben übergeht, ohne dass dieser die einen entsprechenden Besitzwillen erfordernde tatsächliche Sachherrschaft über die Nachlassgegenstände zu erlangen braucht[39]. Nach h.M.[40] handelt es sich bei dem Erbenbesitz um einen besonderen, von tatsächlicher Sachherrschaft losgelösten Besitztatbestand,