|5|2. Schrifttum zum Verfassungsprozessrecht
10Aus dem Schrifttum ist für ein vertiefendes Studium insbesondere auf die nachstehend aufgeführten speziell verfassungsprozessualen Werke zu verweisen. Wichtige Aussagen zur Bundesverfassungsgerichtsbarkeit und ihren Verfahren finden sich aber auch in den allgemeinen Werken zum Grundgesetz, namentlich in den Kommentaren (bei den einschlägigen Artikeln, → Rn. 2ff.) sowie in den großen Lehrbüchern (vor allem Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, §§ 32, 44, sowie Bd. III/2, 1994, §§ 87 V, 91) und Handbüchern des Staatsrechts (namentlich die Beiträge von Wolfgang Löwer, Wilhelm Karl Geck und Gerd Roellecke, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof [Hrsg.] Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 3. Aufl. 2005, §§ 67–70, sowie Helmut Simon, in: Ernst Benda/Werner Maihofer/Hans-Jochen Vogel [Hrsg.], Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl. 1994, § 34).
11Aus der Spezialliteratur zum Verfassungsprozessrecht sind die Kommentare zum BVerfGG besonders für das Nachschlagen zu Einzelfragen wichtig. Unter den aktuell noch bedeutsamen Werken ist zunächst der handliche Kurzkommentar von Hans Lechner/Rüdiger Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 7. Aufl. 2015, zu erwähnen; in ähnlichem Format jetzt Christofer Lenz/Ronald Hansel, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2015. Daneben gibt es Großkommentare, insbesondere – in gebundener Form – zuletzt die Neuausgabe des Mitarbeiterkommentars von Christian Burkiczak/Franz-Wilhelm Dollinger/Frank Schorkopf (Hrsg.), Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2015. Als Loseblattwerk ständig aktualisiert ist das von Theodor Maunz begründete und etlichen Autoren fortgeführte Werk: Maunz u.a., Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Stand: 47. Nachlieferung August 2015.
12An systematisch angelegten Lehrbüchern stehen die folgenden Titel zur Verfügung: Christian Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 1991, behandelt das Thema sowohl für die Bundes- wie für die Landesebene. Auf das BVerfG konzentriert sich das Lehr- und Handbuch von Ernst Benda†/Eckart Klein/Oliver Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012.
13Eher auf den Studiengebrauch zugeschnitten sind die immer noch recht umfassenden Werke von Klaus Schlaich/Stefan Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, Stellung, Verfahren, Entscheidungen, 10. Aufl. 2015, und Christian Hillgruber/Christoph Goos, Verfassungsprozessrecht, 4. Aufl. 2015. An knapperen Darstellungen sind zu erwähnen Gerhard Robbers, Verfassungsprozessuale Probleme in der öffentlich-rechtlichen Arbeit, 2. Aufl. 2005, Roland Fleury, Verfassungsprozessrecht, 10. Aufl. 2015, und Hubertus Gersdorf, Verfassungsprozessrecht und Verfassungsmäßigkeitsprüfung, 4. Aufl. 2014.
14Große Bedeutung bei vertiefter Befassung haben die Beiträge in den beiden Jubiläumsfestschriften des BVerfG, die jeweils einen Band verfassungsprozessualen Problemen gewidmet haben, nämlich: Christian Starck (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlass des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Erster Bd., Verfassungsgerichtsbarkeit, 1976, und Peter Badura/Horst Dreier (Hrsg.), Festschrift 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, Erster Bd., Verfassungsgerichtsbarkeit – Verfassungsprozess, 2001.
|6|III. Geschichte der Verfassungsgerichtsbarkeit
15Aus der Geschichte der Verfassungsgerichtsbarkeit sollen hier nur wenige Eckpunkte angesprochen werden. Im weitesten Sinne sind als Vorläufer des BVerfG das Reichskammergericht und der Reichshofrat zu nennen, die allerdings nicht speziell mit der Entscheidung von Verfassungsfragen befasst waren. Daneben wurden in der Zeit des alten Deutschen Reiches bis 1806 Verfassungsstreitigkeiten vielfach durch sogenannte Austrägal-Instanzen entschieden, die aus konkretem Anlass eingesetzt wurden.
16Im 1815 begründeten Deutschen Bund, der noch keinen Bundesstaat, sondern einen völkerrechtlichen Staatenbund darstellte, konnten Streitigkeiten entweder durch die Bundesversammlung oder durch ein besonderes Schiedsgericht entschieden werden (vgl. Art. 11 Abs. 4 Deutsche Bundesakte von 1815 und Art. 21–24 Wiener Schlussakte von 1820). In der Reichsverfassung von 1849 (der sog. Paulskirchenverfassung) waren dem dort vorgesehenen Reichsgericht im Rahmen seiner umfassenden Zuständigkeiten nach Art. 126 auch verfassungsrechtliche Fragen zur Entscheidung zugewiesen; wegen des frühzeitigen Scheiterns dieser Verfassung ist dies indes nicht praktisch bedeutsam geworden. In der bundesstaatlichen Reichsverfassung von 1871 war nach Art. 76, 77 der damalige Bundesrat namentlich für Entscheidungen über verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen den Ländern sowie innerhalb der Länder berufen.
17Schon früher als auf der gesamtstaatlichen Ebene hatte sich die Verfassungsgerichtsbarkeit in Einzelstaaten des Deutschen Bundes von 1815 entwickelt. Solche Staatsgerichtshöfe konnten insbesondere über Streitigkeiten zwischen den Ständeversammlungen und den Monarchen entscheiden; daneben war die Ministeranklage verbreitet, über die die Verantwortlichkeit der Regierung sichergestellt werden sollte (→ Rn. 439).
18Eine echte Verfassungsgerichtsbarkeit wurde auf Reichsebene erstmalig in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 verwirklicht. Vorgesehen war insbesondere ein Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich, der vor allem über Streitigkeiten bundesstaatlichen Ursprungs zu entscheiden hatte (vgl. etwa Art. 15 Abs. 3 und Art. 19 WRV). Außerdem war eine Anklage des Reichspräsidenten beim Staatsgerichtshof vorgesehen (s. Art. 59 WRV). Unabhängig von dieser spezifischen Verfassungsgerichtsbarkeit war aber auch das Reichsgericht mit Aufgaben betraut, die heute von den Verfassungsgerichten erledigt werden. Dies gilt namentlich für die in Art. 13 Abs. 2 WRV vorgesehene Möglichkeit, in einem Normenkontrollverfahren die Vereinbarkeit von Landesrecht mit dem Reichsrecht zu überprüfen. Eine Kontrolle der Reichsgesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit war hingegen nicht geregelt. Die Frage, ob die Gerichte allgemein berechtigt waren, im Rahmen eines „richterlichen Prüfungsrechts“ über die Verfassungsmäßigkeit der von ihnen anzuwendenden Gesetze zu befinden, blieb während der kurzen Lebensdauer der Weimarer Verfassung im Streit. Der österreichische Verfassungsgerichtshof kannte demgegenüber schon seit der Bundes-Verfassung von 1920 ein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle bezogen auf die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen.
19|7|Daran konnte nach dem Zweiten Weltkrieg die Verfassung des Freistaates Bayern von 1946 anknüpfen, die dem Bayerischen VerfGH u.a. Zuständigkeiten für den Organstreit, die abstrakte Normenkontrolle und die Verfassungsbeschwerde zuwies. Dieses Vorbild ist über bayerische Vorschläge im Rahmen des Herrenchiemseer-Konvents für die Verfassungsgerichtsbarkeit im Grundgesetz prägend geworden.
20Die dort vorgesehene Ausgestaltung der Verfassungsgerichtsbarkeit entsprach von Anfang an weitgehend ihrer heutigen Form, kannte allerdings noch keine Verfassungsbeschwerde. Diese wurde aber bereits mit dem BVerfGG von 1951 geschaffen und 1969 dann ins GG übernommen. Das BVerfGG hat seinerseits seit 1951 vielfältige Änderungen erfahren. Hervorzuheben sind dabei:
die Abschaffung des Gutachten-Verfahrens,
die Änderungen im Zusammenhang mit Zahl und Amtsdauer der Richter sowie zuletzt im Hinblick auf die Richterwahl durch den Bundestag,
die