Drittes Kapitel: Die Reichweite der Regelungsbefugnis
§ 8 Rechtsvergleichender Ansatz der Literatur
§ 9 Kirchengesetzliche Vorschriften als Grundlage einer umfassenden Regelungsbefugnis
Viertes Kapitel: Die Grenzen der Regelungsbefugnis
§ 11 Grenzziehung zur Sicherung der Individualfreiheit des Arbeitnehmers
§ 12 Grenzziehung zur Sicherung der Koalitionsfreiheit
Vorwort
Die Untersuchung wurde von der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg im Wintersemester 2019/2020 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis zum 25. Juli 2018 berücksichtigt werden. Die Änderungen, die das Mitarbeitervertretungsgesetz im Rahmen seiner Neubekanntmachung vom 1. Januar 2019 erfahren hat, konnten nicht mehr in die Betrachtungen einfließen.
Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Markus Stoffels, an dessen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Unternehmensrecht ich viele lehrreiche Jahre – zunächst als studentische Hilfskraft und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter – verbringen durfte. Rückblickend betrachtet, war diese Zeit sowohl für meine fachliche als auch für meine persönliche Entwicklung prägend. Der stets offene und unvoreigenommene Austausch – nicht zuletzt auch zu Fragen des kirchlichen Arbeitsrechts – hat maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Untersuchung zur Dienstvereinbarung entstehen konnte. Den spannenden Vorlesungen zum Arbeitsrecht von Herrn Prof. Dr. Thomas Lobinger verdanke ich es, dass überhaupt ein Interesse am Arbeitsrecht bei mir geweckt wurde; ein besonderer Dank gilt ihm auch für die Übernahme und Erstellung des Zweitgutachtens.
Zu danken habe ich allen Mitarbeitern des Lehrstuhls, mit denen es mir eine große Freude war, in den vielen Jahren zusammenarbeiten zu dürfen. Für die vielen fachlichen Gespräche und das freundschaftliche Miteinander danke ich besonders Diana Buntner, Dr. Sabrina Traeger, Dr. Michel Hoffmann, Hazel Franke, Theresa Bauerdick, Verena Hettche und Florian Klein. Nicht unerwähnt bleiben darf auch Nicole Bung, die im Sekretariat als die gute Seele des Lehrstuhls bei sämtlichen Nöten die erste Anlaufstelle ist und ganz maßgeblich zum guten Arbeitsklima am Lehrstuhl beiträgt.
Ein besonders großer und herzlicher Dank gebührt meinen Eltern, Rose-Maria und Dr. Rüdiger Warns, die nicht nur in theologischen Fragen hilfreiche Gesprächspartner waren, sondern mir durch ihre großartige Unterstützung und Förderung erst die akademische Ausbildung ermöglicht haben.
Von Herzen dankbar bin ich für die fachliche Unterstützung, die unendliche Geduld und den stets liebevollen Beistand, die mir meine Lebenspartnerin Maxi-Madelaine Liebholz während des gesamten Forschungszeitraums hat zukommen lassen.
Heilbronn, im Oktober 2019
Christian Warns
A. Anlass und Gegenstand der Untersuchung
Das Zweite Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2013 (Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD – MVG-EKD)1 vom 12. November 2013 stellt als besonderes mitarbeitervertretungsrechtliches Rechtsinstitut die Dienstvereinbarung zur Verfügung. Bei ihr handelt es sich um eine kirchenrechtliche Regelungsform, durch die die Mitarbeitervertretung und die Dienststellenleitung (Dienststellenpartner2) gemeinsam und einvernehmlich zum einen die mitarbeitervertretungsrechtliche Organisationsstruktur und zum anderen die Arbeitsbedingungen in einer kirchlichen Dienststelle gestalten können.3
Mit der Verwendung des Begriffs der „Dienstvereinbarung“ orientiert sich das Mitarbeitervertretungsgesetz terminologisch am Personalvertretungsrecht.4 Der Begriff der „Dienstvereinbarung“ bezeichnet im staatlichen Kontext das personalvertretungsrechtliche „Pendant zur Betriebsvereinbarung“.5 Der arbeitsrechtswissenschaftliche Diskurs behandelt jedoch seither vorwiegend das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsinstitut der Betriebsvereinbarung, während es vertiefte Untersuchungen zur Dienstvereinbarung kaum gibt.6 Als gewissermaßen kleine Schwester partizipiert letztere allerdings an den zur Betriebsvereinbarung gefundenen Erkenntnissen.7 Ganz ähnlich verhält es sich bislang mit der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zur kirchlichen Dienstvereinbarung. Auch sie wurde nur selten zum Gegenstand eigenständiger Untersuchungen gemacht; überwiegend beschränkt sich die einschlägige Literatur darauf, die Erkenntnisse zur Betriebsvereinbarung zu übertragen.8
Der ausschließlich vergleichende Blick läuft jedoch Gefahr, Unterschiede zwischen den Rechtsinstituten zu übersehen, herkömmliche Ansichten unreflektiert zu übertragen oder gar die selbstständige kritische Beurteilung des Rechtsinstituts aus reiner Bequemlichkeit zu vermeiden. Eine allein auf das Mittel des Vergleichs setzende Würdigung der Dienstvereinbarung vermag das Bedürfnis nach möglichst präzisen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu befriedigen und sollte daher stets nur eine Notlösung in Ermangelung besserer Alternativen darstellen. Die in den vergangenen Jahren fortschreitende Vereinheitlichung des Mitarbeitervertretungsrechts in den evangelischen Gliedkirchen bietet nunmehr zudem die Chance, sich mit einem fast9 für den gesamten Bereich der evangelischen Kirche einheitlich ausgestalteten Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen.10
Die große Zahl der im Bereich der evangelischen Kirche Beschäftigten bietet schließlich schon für sich genommen genügend Anlass, sich vertieft mit dem mitarbeitervertretungsrechtlichen Rechtsinstitut der Dienstvereinbarung zu befassen. Im Jahr 2017 waren etwa 701.000 Menschen hauptamtlich in Einrichtungen der evangelischen Kirche beschäftigt;11 hiervon entfielen 465.000 Mitarbeiter auf die diakonischen Einrichtungen,12 während knapp 236.000 Mitarbeiter in der verfassten Kirche tätig waren.13 Das Mitarbeitervertretungsrecht gilt für fast alle diese Mitarbeiter. Mitarbeiter im Sinne des Mitarbeitervertretungsgesetzes sind nach § 2 Abs. 1 MVG-EKD alle in öffentlich-rechtlichen Dienst- oder privatrechtlichen Dienst- oder Arbeitsverhältnissen oder zu ihrer Ausbildung Beschäftigten einer Dienststelle; lediglich für Personen im pfarramtlichen Dienst, in der pfarramtlichen Ausbildung sowie für Lehrende an Hochschulen und Fachhochschulen kann das gliedkirchliche Recht gemäß § 2 Abs. 2 MVG-EKD andere Regelungen vorsehen. Da bei insgesamt über 80 Prozent aller Dienststellen tatsächlich auch eine Mitarbeitervertretung eingerichtet ist,14 hat die Dienstvereinbarung als maßgebliches Regelungsinstrument der Dienststellenpartner für eine Vielzahl von Beschäftigten eine praktische Relevanz.
Indes rechtfertigen nicht nur diese Überlegungen die vertiefte juristische