Für die Durchführung der Personendurchsuchung und ED-Behandlung gilt § 81d StPO als besondere Form- und Verfahrensvorschrift entsprechend.152 Das bedeutet insbesondere, dass die Durchsuchung nur von einer Person des gleichen Geschlechts oder einem Arzt durchgeführt werden darf.
2. Die Identitätsfeststellung des Nichtverdächtigen
Die Identitätsfeststellung gemäß § 163b Abs. 2 StPO betrifft vorrangig den Verletzten und andere Tatzeugen sowie Sachverständige. Zu den Betroffenen i. S. dieser Norm zählen aber auch Kinder, die gemäß § 19 StGB wegen Strafunmündigkeit nicht Verdächtige einer Straftat sein können.153 Ergibt sich im Laufe der Identitätsfeststellung gegen den ursprünglich Nichtverdächtigen ein Tatverdacht, können die (weiteren) Maßnahmen auf § 163b Abs. 1 StPO gestützt werden.154
2.1 Tatbestandsvoraussetzungen
Die Identitätsfeststellung des Nichtverdächtigen ist gemäß § 163b Abs. 2 Satz 1 StPO nur zulässig, wenn und soweit dies zur Aufklärung einer Straftat geboten ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Person z. B. als Zeuge benötigt wird.155 Daneben muss ein Tatverdacht bestehen.
2.2 Rechtsfolgen: Maßnahmen zur Identitätsfeststellung des Nichtverdächtigen
Liegen die Voraussetzungen von § 163b Abs. 2 Satz 1 StPO vor, darf der Betroffene angehalten und nach seinen Personalien befragt sowie aufgefordert werden, mitgeführte Ausweispapiere vorzulegen. Kann die Identität des Nichtverdächtigen auf diese Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden, darf er festgehalten werden, wenn – und das ist eine wichtige Einschränkung gegenüber der IDF beim Verdächtigen – dies zur Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis steht. Entscheidend ist allerdings die Bedeutung der aufzuklärenden Strafsache, nicht der zu erwartenden Aussage des Nichtverdächtigen bzw. seiner Rolle für das Strafverfahren.156
Zu beachten ist, dass eine Durchsuchung des Nichtverdächtigen selbst bzw. seiner mitgeführten Sachen sowie seine erkennungsdienstliche Behandlung gegen seinen Willen nicht zulässig ist. Das ordnet § 163b Abs. 2 Satz 2 StPO klar an! Diese Maßnahmen – so sie überhaupt zur IDF erforderlich sind – bedürfen deshalb zu Recht der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen.157 Konsequenterweise ist er dann aber auch vorher darüber zu belehren.158 Dies dient nicht zuletzt auch der Handlungssicherheit der agierenden Polizeibeamten.
Verweigert der Nichtverdächtige die Angabe seiner persönlichen Daten, ist nicht nur dessen Identitätsfeststellung i. S. des § 163b Abs. 2 StPO unmöglich bzw. erschwert. Er handelt u. U. auch ordnungswidrig gemäß § 111 Abs. 1 OWiG.159 Es erschiene daher nicht fernliegend, den im Strafverfahren Nichtverdächtigen dann als Verdächtigen einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 163b Abs. 1 StPO zu identifizieren und ihn zu diesem Zweck ggf. auch zu durchsuchen bzw. erkennungsdienstlich zu behandeln – und zwar nunmehr ohne seine Einwilligung! Da in einem solchen Fall aber für den Einwilligungsvorbehalt von § 163b Abs. 2 StPO kein Raum mehr bleibt, ist dieses Vorgehen sehr kritisch zu betrachten.160
2.3 Besondere Form- und Verfahrensvorschriften
Zur Identitätsfeststellung des Nichtverdächtigen ist jeder zuständige Polizeibeamte anordnungs- und durchführungsbefugt. Es muss sich dabei nicht um eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft handeln. Vor der IDF muss der Betroffene über den Gegenstand der Untersuchung und – soweit vorhanden – über die Person des Beschuldigten aufgeklärt werden (§ 163b Abs. 2 Satz 1 HS 2 i. V. mit § 69 Abs. 1 Satz 2 StPO). Ein Verstoß gegen diese Belehrungspflicht macht die Maßnahme rechtswidrig.161 Zudem ist er gemäß § 68 Abs. 4 i. V. mit Abs. 2 StPO auf sein Recht hinzuweisen, statt des Wohnorts seinen Geschäfts- oder Dienstort anzugeben, wenn begründeter Anlass zur Besorgnis besteht, dass durch die Angabe des Wohnortes Rechtsgüter des Zeugen oder seiner Angehörigen gefährdet werden oder dass auf sie in unlauterer Weise eingewirkt wird. Gleiches gilt, wenn der Zeuge seine Wahrnehmungen im Zusammenhang mit einer dienstlichen Handlung gemacht hat (§ 68 Abs. 1 Satz 2 StPO). Das betrifft z. B. Polizeibeamte oder Mitarbeiter des Ordnungsamts.162 Wird der Nichtverdächtige festgehalten, gilt wiederum § 163c StPO. Als weitere Vorschrift ist darüber hinaus noch § 163c Abs. 3 StPO zu beachten.
III. Die Identitätsfeststellung zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
Die Identitätsfeststellung spielt auch eine erhebliche Rolle bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, z. B. im Straßenverkehr oder bei Lärmverstößen. Rechtsgrundlage ist für die Polizei wiederum § 163b StPO, und zwar entweder i. V. mit § 53 Abs. 1 Satz 2 OWiG (wenn die Polizei als Feststellungsbehörde tätig wird) oder i. V. mit § 46 Abs. 2 OWiG (wenn sie Verfolgungsbehörde ist). Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen und sonstigen Rechtmäßigkeitserfordernisse gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Besonders zu beachten ist jedoch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, so dass insbesondere Festhalten, Durchsuchen und ED-Behandlung zwecks Identitätsfeststellung u. U. unverhältnismäßig sein können.163
IV. Die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr
Auch die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr hat den Zweck, die Personalien einer unbekannten Person sicher und zweifelsfrei festzustellen. (Potentielle) Störer werden durch die damit verbundene Aufhebung ihrer Anonymität idealerweise abgehalten, Rechtsverletzungen oder Straftaten zu begehen (Abschreckungseffekt bzw. Hemmschwellentheorie). Darüber hinaus dient sie der Vorbereitung weiterer Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.164
Rechtsgrundlage für die präventive Identitätsfeststellung ist vor allem § 12 BbgPolG. Abzugrenzen ist diese Befugnis von § 11 Abs. 2 Satz 1 BbgPolG: Danach ist eine Person, deren Befragung zulässig ist, verpflichtet, ihren Namen, ihre Anschrift usw. anzugeben. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es sicherzustellen, den Betroffenen für eine eventuell notwendig werdende Fortsetzung der Befragung zu erreichen.165 Hemmschwellentheorie oder Abschreckungseffekt spielen hier keine Rolle. Das wirkt sich auch auf die Rechtsfolgen aus. Eine weitere Befugnis zur IDF ergibt sich aus § 28b i. V. mit § 28a BbgPolG.
2. Tatbestandliche Voraussetzung für die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr
2.1 Die Identitätsfeststellung zur Abwehr einer konkreten Gefahr
§ 12 Abs. 1 Nr. 1 BbgPolG ermöglicht die IDF zur Abwehr einer konkreten Gefahr