Ein kunterbunter Streifzug durch den Jahreskreis. Dieter Kremp. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dieter Kremp
Издательство: Автор
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Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783960085560
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kommt ins Haus

       Sitten, Feste und Bräuche am Nikolaustag

       Vögel sagen das Wetter im Winter voraus

       Sitten, Feste und Bräuche am Tag der heiligen Luzia

       Der „Tannenbaum“ an Weihnachten ist eine Fichte

       Glocken mit heiligem Klang

       „Es ist ein Ros’ entsprungen …“

       Geweihte Nacht

       Bauernregeln an Weihnachten und Heiligabend

       Der „Weihnachtsstern“ ist keine Blüte

       Hausschlachtungen früher

       Zwischen den Jahren

       Alte Bräuche in der „Stillen Zeit“ - Weihnachten – Jul

       Das Liebesorakel in der Silvesternacht

       Wandel der Zeit

       Ausgeprägte Singularitäten im Kreislauf des Jahres

       Leseempfehlungen

JANUAR

      Der Januar, von unseren Vorfahren auch Hartung oder Jänner genannt, hat seinen Namen von dem altrömischen Morgengott Janus, der an der Schwelle des Jahres in Vergangenheit und Zukunft, rückwärts und vorwärts sieht. Sprichwörtlich ist der „Januskopf“, dessen Augen nichts entgeht. Janus ist gleichzeitig der Gott der Zeit, der die Tage im Kalender für das kommende Jahr schon längst auf das genaueste gezählt hat. Die Römer überließen sich ganz seiner guten Vorsehung. Kelten und Germanen huldigten ehrfurchtsvoll alten Baumpatriarchen, in denen sie die Götter der Zeit vermuteten. Ein Stammquerschnitt erzählt die Lebensgeschichte eines Baumes: Die Jahresringe sind so aufschlussreich wie die Falten im Gesicht eines alten Menschen.

      Bäume strahlen zu jeder Jahreszeit durch ihren ästhetischen Reiz eine besondere, eine gefühlvolle Faszination aus. Jetzt, mitten im Winter, enthüllen sie ihr Gesicht und lassen die Spuren des Alters deutlich durch ihre knorrigen Äste erkennen. Da scheint unsere Verbundenheit zum Baum besonders tief zu sein.

      Mit dem Alter des Baumes wächst die Verwurzelung, wächst die Freundschaft des Menschen zu ihm. Je älter ein Baum ist, um so wertvoller und größer wird er. Je tiefer seine Wurzeln reichen, um so standhafter widersteht er Stürmen. Je dichter seine Äste sind, um so sicherer bietet er Schutz. Je stärker sein Stamm ist, um so mehr verkraftet er das Anlehnen. Je höher seine Krone ist, um so einladender wirkt sein deckender Schatten.

      Wir haben heute vielfach den Glauben an die Geborgenheit verloren. Wir sollten im neuen Jahr wieder mehr Zeit haben für uns selbst und andere. Nichts ist in unserem hektischen und stressgeplagtem Dasein so kostbar wie die Zeit, die leider zu schnell verrinnt. Unsere Dichter und Denker haben die „Zeit“ klangvoll in Versen und Sprüchen gekleidet:

      „Pflück’ dankbar jeden gottgeschenkten Tag, mit Segen füll’ die unschätzbare Stunde, benutze klug die flüchtige Sekunde“. „Ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts“, sagt Gottfried Keller.

      Wir sind Wanderer. Ein jeder Schritt ist die Überwindung des Vergangenen, eine Eroberung des Jetzt und ein Hineinschreiten in die Zukunft. Die Sprüche von Konfuzius, von deutschen Dichtern vielfach abgewandelt, auch von Schiller, zeigen uns in die gleiche Richtung: „Dreifach ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommt die Zukunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, ewig still steht die Vergangenheit.“

      Jedes neue Jahr schüttet uns – wenn wir nur fest daran glauben – eine Fülle farbenfroher Blumen und Blüten ins Leben. Der Geber ist die Natur, vielfach geschunden und bedrängt, vernachlässigt und zerstört. Vieles sagt uns die Natur gleichermaßen mit Blumen: mit der kleinen Blüte am Wegesrand, der stolzen Rose im Garten, dem Blütenzauber an Sträuchern und Bäumen, auf Hecken und Wiesen. So wird jeder Monat und jedes Jahr zu einem Blumenstrauß, den uns die Festzeiten stecken und binden. Jeder Monat hat nicht nur in der Natur seine ihm eigene Blütenpracht – auch im Kalender sein ihm eigenes Programm: Hoffnung und Erwartung im Advent, Einkehr und Vorfreude in der Fastenzeit, Jubel und Freude an Ostern und Pfingsten. Alles wird für uns zu Auftrag und Sendung, findet seinen festlichen Rahmen im Pfingstfest: die Zeit der Rosen ist gekommen.

      Das Goldgelb und die Erdfarben des Herbstes laden uns zu Dankbarkeit und Freude ein, die in vielen Volksfesten und Erntedankfeiern in viel Brauchtum, in Umzügen und Tradition zum Ausdruck kommen. Überall spielen Blumen, Zweige und Blätter eine Rolle; sie werden für uns zum Dolmetscher, der uns im farbenprächtigen oder kunstvoll gesteckten Bild zu einer Familie verbindet: „Nur die guten Erinnerungen gibt uns Gott auf den Weg, damit wir im Winter Blumen haben“ (Alexandra von Pipal).

      Das vor uns liegende Jahr, an dessen Schwelle wir gedankenvoll innehalten, möchte alles mit Blumen sagen: mit kleinen, unscheinbaren, aber sorgfältig gesteckten. Möge der wohltuende Duft uns Freude bereiten: „Gib jedem Tag einen Tropfen Freude, dann wird das Jahr einen Becher mit Blumen bereithalten“ (Aischylos).

      Auf dem Weg von vorgestern nach übermorgen lagere ich unter dem Schatten meines Lebensbaumes für einen Bruchteil meiner Zeit.

       Sklaven des Tyrannen Zeit,

       jeder Stunde dienstbereit

       ist der Mensch.

       Despotisch ist sein Selbst gefesselt,

       auf engstem Raume eingekesselt

       sein freier Wille.

       Über tief gefurchte Schwellen

       seiner Seelenrhythmen Wellen

       rinnt die Zeit.

       Alles wird im Strom Bewegung,

       immerfort die Kreise drehn,

       doch der Pendel bringt Zerstörung,

       und die Zeiger bleiben stehn.

       Nun, o Mensch, hast du dein Gut!

       Allen Schweiß hast du gegeben,

       auch der letzte Tropfen Blut

       musste weichen deinem Streben.