Na, vielleicht ist an dem Sprichwort ja doch was dran. Vor allem, weil es uralte Wurzeln hat. Ja, schon im Alten Testament steht der garstige Satz: „Beeile dich, deine Gelübde zu erfüllen, und warte damit nicht, bis du tot bist.“ Offensichtlich ist es den Menschen schon vor 3000 Jahren unendlich schwergefallen, gute Vorsätze auch wirklich umzusetzen. Umso mehr reizt es mich, das jetzt endlich zu schaffen. Es kann doch nicht sein, dass das Gute an meiner Trägheit scheitert.
Apropos Gelübde: Sie und ich, wir können uns doch jetzt versprechen, dass wir morgen wirklich anfangen, unsere dringenden Vorhaben in die Tat umzusetzen. Oder heute … okay?
Fabian Vogt
3 | Der Mann, der fünf Guinness trank
„Wenn du deinen Schatten benennen kannst, dann verliert er seine Macht!“
Es war jedes Wochenende das Gleiche: Der Mann kam in seine Stammkneipe, setzte sich an seinen Lieblingsplatz am Tresen und bestellte fünf große Gläser Guinness, die er im Laufe des Abends leerte. Aber diesmal war etwas anders! Er sah traurig aus und bestellte nur vier Gläser. Dem Wirt schien das seltsam, aber er traute sich nicht, nach dem Grund zu fragen. Als sich die Szene aber in den nächsten Wochen wiederholte und der Mann es jedes Mal bei vier Gläsern beließ, packte den Wirt doch die Neugier. „Darf ich fragen, warum du von fünf auf vier Gläser umgestiegen bist?“
„Oh, das ist leicht zu erklären“, sagte der Stammgast. „In meinem Heimatdorf gibt es eine nette Tradition: Man trinkt für die anderen Familienmitglieder mit. Mit meinem Vater und meinen drei Brüdern habe ich mich immer sehr gut verstanden. Also trinke ich ein Bier für mich, ein Bier für meinen Vater und jeweils eins auf das Wohl meiner Brüder. Vor ein paar Wochen ist unser Vater nun verstorben, also trinke ich nur noch für meine Brüder und mich.“
Eine wunderschöne Tradition, denkt der Wirt, als er seinem Kunden sein Beileid ausspricht. Eine Woche später kommt der Mann wieder in die Kneipe und sieht gar nicht gut aus, als er sich drei Gläser Guinness bestellt. Der Wirt ahnt natürlich sofort, was los ist, und fragt vorsichtig nach, ob denn einem der Brüder etwas passiert sei. „Nein!“, kommt die Antwort. „Meinen Brüdern geht es allen super. Aber ich war heute beim Arzt – und der hat mir aus gesundheitlichen Gründen strengstens das Trinken verboten.“
Veränderung – sie fällt uns so schwer! Was tun wir nicht alles, um uns vor notwendigen Neuanfängen zu drücken! Oft spielen wir uns etwas vor, obwohl das mit erheblichem Aufwand an Selbstbetrug verbunden ist. Aber nur nicht die Wahrheit sehen wollen … Geh es heute an!
Frank Bonkowski
4 | Sitzen bleiben kannst du immer noch
„Alle wollen die Welt verändern, aber keiner fängt bei sich an.“ Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Kennst du Lasantha Wickrematunge? Für mich ist dieser Mann ein Held. Ein im Jahr 2009 ermordeter Held. Ein Held, der das Richtige getan hat, obwohl er wusste, dass ihn das sein Leben kosten würde. Als Journalist stand er vor einer der schwierigsten nur denkbaren Entscheidungen: Mache ich den Mund auf, setze ich mich gegen die Ungerechtigkeit in meinem Land ein und sterbe? Oder schweige ich, überlebe, und es bleibt alles beim Alten? Lasantha Wickrematunge hat sich dafür entschieden, den verbotenen Beitrag über seine Regierung zu veröffentlichen. Den Beitrag, in dem er nachweist, dass sie korrupt ist, Menschen foltert und tötet. Einige Tage darauf wurde er ermordet.
Auch der deutsche Theologe Martin Niemöller hat ein solches Beispiel gegeben, das mich in meiner journalistischen Karriere begleitet. In seiner Jugend war er Antisemit und bewunderte Hitler. Als die Nationalsozialisten jedoch in Deutschland die Macht ergriffen, erkannte er, was deren Ideologie war: Es ging nicht nur um die Vernichtung der Juden, sondern um die Vernichtung aller Andersdenkenden. Niemöller sagte seine Meinung und wurde von 1937 bis 1945 in den Konzentrationslagern von Sachsenhausen und Dachau inhaftiert. In seiner Gefangenschaft schrieb er ein Gedicht, das mich seit den Tagen meiner Jugend beeindruckt:
„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Kommunist. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie die Sozialisten einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Sozialist. Als sie die Juden einsperrten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“
Wie gehst du mit Ungerechtigkeiten in deinem Umfeld um? Mit Armut, Mobbing, häuslicher Gewalt, Diskriminierung? Ich bewundere Menschen wie Lasantha Wickrematunge und Martin Niemöller. Menschen, die aufstehen und nicht wegschauen, wenn sie Ungerechtigkeiten sehen. Die nicht sagen, das ginge sie nichts an. Sondern den Mund aufmachen, wenn es sein muss. Sie erinnern mich an Jesus, der sich wie kein anderer nicht davon abhalten ließ, das Richtige zu tun. Und ich bin der festen Überzeugung, dass ich ebenso wie jeder andere Christ dazu aufgerufen bin, seinem Vorbild zu folgen und als Vorbild voranzugehen.
Serge Enns
5 | Warum bin ich immer noch der Alte?
Und der HERR, dein Gott, wird dein Herz beschneiden und das Herz deiner Nachkommen, damit du den HERRN, deinen Gott, liebst von ganzem Herzen und von ganzer Seele, auf dass du am Leben bleibst.
5. MOSE 30,6 (LUTHER 1984)
Wenn Gott unsere Herzen beschneiden möchte, heißt das für mich, dass er uns an einer ganz tiefen, bedeutsamen Stelle verändern will. Das Herz ist in seiner biblischen Bedeutung der innerste Ort und der Ausgangspunkt unseres Seins und Erlebens. Dort werden meine Entscheidungen geboren. An diesem zentralen Ort sind unsere tiefsten und grundlegendsten Überzeugungen abgelegt.
Auf der anderen Seite ist dem Menschen selbst dieser Ort nicht unmittelbar zugänglich: Entscheidungen, die ich treffe, kann ich oft nur im Nachhinein betrachten und bewerten. Das Besondere am Glauben an den Gott der Bibel ist, dass er unser Leben verändern will. Nicht nur äußerlich, sondern auch und vor allem innerlich. Welche Rolle Gott in der Lebens- und Herzensveränderung spielt, ist für mich jedoch nach wie vor geheimnisvoll. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der christliche Glaube sich durch das Halten von Geboten und einen frommen Lebenswandel ausdrückt. Die Lebensführung hat der Gläubige selbst zu steuern, Veränderung ist eher ein Willensakt, für den man selbst die Verantwortung trägt. Wenn ich damit nicht zurechtkomme, muss ich eben in „Seelsorge“ gehen und mir helfen lassen. Dabei hilft mir die Erkenntnis, dass Gott mich ja liebt, und Veränderung ist somit eine angemessene Antwort auf die Gottesliebe.
Andererseits weiß ich, dass Gott selbst mich verändern will. Dies geschieht wohl, indem ich mich ihm öffne und hinhalte. In Zeiten der Andacht, des Lobpreises, der Seelsorge oder im Gebet kann Gott an mir wirken. Wie oder warum das geschieht, ist meist nicht genauer zu erfahren – es geschieht aus Gnade. Letztendlich kommt es aber auch wieder auf den Menschen selbst an, wann und wie oft er sich Gott stellt – und ob überhaupt.
Meine Alltagsbeobachtung ist, dass Lebensveränderung insbesondere in Krisensituationen geschieht. Auch berichten Familienangehörige von Neubekehrten manchmal von Veränderungen zum Guten, die selten bewusst gesteuert sind. In späteren Jahren des Christseins scheint es aber an bestimmten Punkten einfach nicht weiterzugehen, auch oder gerade bei Haltungen, die von außen betrachtet aber wesentlich wären.
Wie sieht es nun in meinem Leben aus? Passiert hier noch Veränderung? Und was ist mein Gebet, wenn der alte Mensch in mir sichtbar wird: „Oh, Mist, Herr! Ich habe versagt! Ich verspreche dir Besserung, und vor allem mache ich mehr Stille Zeit“?
Wenn Er zugesagt hat, uns zu verändern, könnte unser Gebet doch auch lauten: „Herr, warum bin ich immer noch der Alte?“ Wenn ich wirklich ihm die Verantwortung für mich gebe, wird es spannend, was passieren wird. Alle Achtung!
Daniel Heß