Begonnen hat diese Entwicklung mit dem berühmten Kreuzberg-Urteil des 1875 geschaffenen Preußischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. 06. 1882. Das Polizeipräsidium in Berlin hatte eine Verordnung erlassen, wonach in dem das Siegesdenkmal auf dem Kreuzberg umgebenden Bauviertel Gebäude nur in solcher Höhe errichtet werden durften, dass dadurch die Aussicht vom Fuße des Denkmals auf die Stadt und umgekehrt die Aussicht auf das Denkmal nicht beeinträchtigt wurde. Die Verordnung war auf die damalige polizeiliche Generalklausel, § 10 II 17 des Preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR), gestützt: „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publico, oder einzelnen Mitgliedern desselben, bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey“. Das Gericht urteilte, dass sich das Polizeipräsidium nicht auf § 10 II 17 ALR berufen konnte, da es sich nicht um die Abwehr einer Gefahr gehandelt habe, sondern nur um die „Förderung des gemeinen Wohls“203.
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Zum anderen sind die Generalklauseln als flexible Gefahrenabwehrinstrumente notwendig, um angemessen auf neuartige polizeiliche Herausforderungen reagieren zu können (Befugnisreserve).204 Bei besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriffen fordert der Vorbehalt des Gesetzes in Verbindung mit dem Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) jeweils genauere spezialgesetzliche Eingriffsermächtigungen.205 Hierbei gilt: Je grundrechtsintensiver die Maßnahme ist, desto bestimmter muss die Regelung sein. Auch neuartige grundrechtsintensive polizeiliche Maßnahmen können u. U. vorübergehend auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden. Hierdurch soll den Behörden ermöglicht werden, „auf unvorhersehbare Gefahrensituationen auch mit im Grunde genommen näher regulierungsbedürftigen Maßnahmen vorläufig zu reagieren“ und dem Gesetzgeber ermöglicht werden, eventuelle Regelungslücken zu schließen.206 Dies gilt jedoch nur für eine Übergangszeit.207
Es ist Aufgabe der Legislative, auf aktuelle Entwicklungen mit neuen Eingriffsbefugnissen zu reagieren. Schaffen die Parlamente für besonders grundrechtsintensive Maßnahmen keine Standardbefugnisnormen, dann bleibt diese Maßnahme dem Handlungsrepertoire der Exekutive entzogen.208
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Dies ist der verfassungsrechtliche Hintergrund für die ständige Erweiterung des Katalogs der „besonderen Maßnahmen“ (Standardbefugnisse) in den Polizeigesetzen. Die Schaffung des PolDVG im Jahr 1991209 geschah in Reaktion auf das Volkszählungsurteil des BVerfG210 und dient vor allem Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Allein hierdurch hatte sich der Umfang der Standardmaßnahmen mehr als verdoppelt (s. zum PolDVG unter C. I.).
d) Praktische Bedeutung des § 3 Abs. 1 SOG
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Mit der immer weiter fortschreitenden Erweiterung des Katalogs der Standardmaßnahmen durch die Kodifizierung spezieller Eingriffsbefugnisse nimmt auch die praktische Bedeutung der Generalermächtigung ab.211 Existierten im Preußischen Polizeiverwaltungsgesetz vom 01. 06. 1931 (PrVG) neben der Generalklausel nur drei Standardmaßnahmen (Gewahrsam, Eindringen in Wohnungen, Vorladung, §§ 15–17 PrVG)212, so wuchs die Anzahl im Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes aus dem Jahre 1977 bereits auf neun an. Durch verschiedene Novellen des Hamburgischen SOG und des PolDVG etwa 2005213 und zuletzt umfangreich im Jahr 2019214 ist der Katalog der Standardmaßnahmen auch im Hamburgischen Polizeirecht erheblich angewachsen.215
e) Checkliste Rechtmäßigkeit
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• Tatbestandsvoraussetzungen
• öffentliche Sicherheit oder Ordnung
• bevorstehende Gefahr oder Störung
• Rechtsfolge
• erforderliche Maßnahmen
• Ermessen
• Adressat nach §§ 8–10 SOG
• Zuständigkeits-, Verfahrens- und Formerfordernisse
• zuständige Gefahrenabwehrbehörde
• Subsidiarität der Generalklausel
• Benachrichtigung, § 3 Abs. 1 Satz 2 SOG
• allgemeine Verfahrenserfordernisse
f) Betroffene Grundrechte
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Da die Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG selbst naturgemäß keine spezifische Maßnahme vorsieht („erforderlichen Maßnahmen“), kann auch ein jeweils betroffenes Grundrecht nicht generell benannt werden. Auf die für alle möglichen Maßnahmen zutreffenden Ausführungen unter A.III.3.a. wird verwiesen.
g) Einzelerläuterungen
aa) Tatbestandsvoraussetzungen
(1) Öffentliche Sicherheit oder Ordnung
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„Öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ – das sind die beiden Schutzgüter sowohl in der Generalklausel des § 3 Abs. 1 SOG und in der Generalklausel für Verordnungen, § 1 SOG, als auch bei einigen „besonderen Maßnahmen“ ausdrücklich216 und konkludent immer dort, wo keine bestimmten Schutzgüter genannt werden, aber von „Gefahrenabwehr“ o. Ä. die Rede ist.217
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Durch die „besonderen Maßnahmen“ oder Standardbefugnisse werden dagegen meist nur ganz bestimmte, besonders hochrangige Güter geschützt. Dann heißt es dort stattdessen etwa „Leib oder Leben“218, „Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert“219, „zur Verhütung von Straftaten“220, oder es geht um „Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung“221.
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„Öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ sind auch die beiden Schutzgüter einiger Maßnahmen der Datenerhebung und -weiterverarbeitung durch die Vollzugspolizei im PolDVG, soweit diese Befugnisse auf die „Erfüllung einer bestimmen polizeilichen Aufgabe“222 verweisen oder selbst bestimmte Schutzgüter gar nicht nennen und allein von „Gefahr“223 o. Ä. sprechen.
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Der Schutz der öffentlichen Sicherheit umfasst und fordert die Durchsetzung der in der objektiven Rechtsordnung normierten Verhaltenspflichten, der verfassungsmäßigen Ordnung, den Schutz der Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen, den Schutz von Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates und sonstiger Hoheitsträger.224
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Zur objektiven Rechtsordnung zählt die Gesamtheit der Rechtsvorschriften, die verfassungsmäßig erlassen worden sind und in Geltung stehen. Sie meint also das gesamte geschriebene objektive Recht.225 Umfasst sind daher insbesondere Straf- und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen, woraus sich die ordnungsbehördliche und vollzugspolizeiliche