100
Hoheitliche Maßnahme ist jede einseitige Erklärung der Verwaltung. Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 HmbVwVfG), so etwa die Polizei. Regelung ist eine Maßnahme, die unmittelbar die Herbeiführung einer Rechtsfolge bezweckt (z. B. ein Platzverweis gem. § 12 a SOG). Einzelfall bedeutet, dass es sich um eine Maßnahme in einer bestimmten Situation gegenüber einer oder mehreren Person/en (ein oder mehrere Störer oder Nichtstörer, §§ 8 ff. SOG) handeln muss, dies alles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (SOG, PolDVG, HafenG) und mit unmittelbarer Wirkung nach außen, d. h. gegenüber Personen außerhalb der Verwaltung.190
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Einzugehen ist im Zusammenhang mit Verwaltungsakten auf Verkehrszeichen. Verkehrsregelnde Ge- und Verbote enthaltende Verkehrszeichen werden als Allgemeinverfügungen, d. h. als eine besondere Ausprägung des Verwaltungsaktes, eingestuft. Konkret handelt es sich um den Gemeingebrauch regelnde Benutzungsregelungen i. S. d. § 35 Satz 2 Alt. 3 HmbVwVfG.191
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Weniger praktische Relevanz im Sicherheitsrecht haben die (konkret-individuelle) Zusage (§ 38 HmbVwVfG), nach der sich die Behörde zum Erlass oder zum Unterlassen eines Verwaltungsaktes verpflichtet, und der öffentlich-rechtliche Vertrag (§§ 54 ff. HmbVwVfG), bei dem die Behörde zusammen mit dem Bürger Vereinbarungen trifft (konsensual, nicht einseitig), anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen.
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Neben Verwaltungsakten, den hier weniger relevanten Zusagen und öffentlich-rechtlichen Verträgen, existiert noch die Handlungsform des (konkret-individuellen) schlichten Verwaltungshandelns, also von Handlungen, die weder als Verwaltungsakt noch als Zusage und ebenso wenig als öffentlich-rechtlicher Vertrag qualifiziert werden können. Letztlich handelt es sich hier um ein „Auffangbecken“ für alle sonstigen öffentlich-rechtlichen Handlungsformen. Teilweise ist auch von Realakten oder schlicht-hoheitlichem Handeln die Rede.192 Die Palette des Handelns reicht von bloßen Hinweisen bzw. Ratschlägen oder Auskünften bis hin zu Gefährderansprachen/Gefährderanschreiben.
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Bei Gefährderansprachen/Gefährderanschreiben handelt es sich um konkret-individuelle Maßnahmen, bei der ein potenzieller Gefahrenverursacher ermahnt wird, Störungen zu unterlassen.193 Letztlich geht es darum, Abschreckung zu erzielen, um die Person von der Begehung einer prognostizierten Straftat abzubringen.194 Auch wenn es sich bei der Gefährderansprache (mündlich) und dem Gefährderanschreiben (schriftlich) nicht um Regelungen, also nicht um die Herbeiführung einer Rechtsfolge handelt wie bei Verwaltungsakten, so ist dieses Handeln qualitativ nicht wie eine reine Information (ähnlich der Auskunft) einzustufen, sondern es liegt ein Handeln mit appelativem bzw. mahnendem Charakter vor. Insofern wird man hier regelmäßig zugleich einen Grundrechtseingriff zu bejahen haben, mit der Folge, dass eine Rechtsgrundlage erforderlich ist. Hier ist dann aber § 3 Abs. 1 SOG – die Generalklausel – als Rechtsgrundlage anwendbar, die nicht nur für Verwaltungsakte, sondern auch für schlichtes Verwaltungshandeln gilt (vgl. „Maßnahmen zur Gefahrenabwehr“). Dies bedeutet, dass bei Gefährderansprachen/Gefährderanschreiben die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 SOG vorliegen müssen, etwa eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
b) Checkliste Rechtmäßigkeit einer Gefahrenabwehrmaßnahme
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Zu allen Gefahrenabwehrmaßnahmen lassen sich Checklisten entwickeln, wie sie gerade auch in Klausuren oder Hausarbeiten helfen können. Von großer praktischer Relevanz sind dabei konkret-individuelle Maßnahmen, und zwar hier Verwaltungsakte und schlichtes Verwaltungshandeln. Insofern wird für diesen Ausschnitt ein gemeinsames Schema entfaltet.195 Zugleich wird anhand des Schemas auch das Verwaltungsverfahren beschrieben.
Teil 1: Maßnahme XY
Als Obersatz lässt sich beispielsweise formulieren: „Die Maßnahme war rechtmäßig, wenn eine Ermächtigungsgrundlage vorlag (A.) und die Maßnahme formell (B.) ebenso wie materiell (C.) rechtmäßig war.“ (Anmerkung: auch im Präsens formulierbar).
A. Ermächtigungsgrundlage
Schon wegen des Vorbehaltes des Gesetzes ist bei allen Eingriffsmaßnahmen eine gesetzliche Grundlage nötig. Insofern ist entsprechend dem Subsidiaritätsgrundsatz zunächst zu prüfen, ob eine spezialgesetzliche Grundlage greift (z. B. nach dem HafenSG oder Versammlungsgesetz). Sollte dies nicht der Fall sein, ist auf das SOG (für die Polizei im Bereich Datenschutz auf das PolDVG) zurückzugreifen. Im SOG selbst ist zu untersuchen, ob eine Standardmaßnahme der §§ 11 ff. SOG sachlich einschlägig ist und – falls dies nicht der Fall ist – auf die Generalklausel (§ 3 Abs. 1 SOG) zurückzugreifen.
B. Formelle Rechtmäßigkeit
Entsprechend den allgemeinen Vorgaben zum Verwaltungsverfahren (wozu Maßnahmen nach SOG, PolDVG, HafenSG gehören), sind formelle Standards einzuhalten, die insbesondere im HmbVwVfG geregelt sind. Zum Teil sind die Vorschriften (ab §§ 9 ff. HmbVwVfG) auf Verwaltungsakte, nicht aber ausdrücklich auf schlichtes Verwaltungshandeln anwendbar. Allerdings sollten jedenfalls bei denjenigen Handlungen des schlichten Verwaltungshandelns, die in Grundrechte eingreifen (z. B. Gefährderansprache, Gefährderanschreiben), prophylaktisch und sicherheitshalber auch die auf den Verwaltungsakt anwendbaren Vorschriften analog angewendet werden, weil die Vorgaben letztlich ohnehin aus den Grundrechten abgeleitet werden können und insoweit dadurch schon verfassungsrechtliche Rechtsrisiken vermieden werden.196
I. Zuständigkeit
1. Sachlich
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus der Ermächtigungsgrundlage. Im SOG ist durchweg von den „Verwaltungsbehörden“ die Rede. Gleichwohl ist auch die Polizei – genauer die Vollzugspolizei – gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 lit. a SOG in allen Fällen der Gefahrenabwehr zuständig, falls die Maßnahme unaufschiebbar ist. Solche Eilfälle liegen oftmals vor. § 3 Abs. 3 SOG, nach dem der Schutz privater Rechte nur im Ausnahmefall in die Kompetenz der Behörden fällt, spielt keine Rolle, wenn mit zivilrechtlichen Beeinträchtigungen auch Straftatbestände vorliegen (man denke nur an die Nötigung, § 240 StGB), sodass schon deshalb ein Eingriff des Staates notwendig wird.
2. Örtlich
Die Polizei hat die Allzuständigkeit auf dem Gebiet Hamburgs, bei den Verwaltungsbehörden ist dies im Einzelfall zu prüfen.
II. Verfahren
Eine Anhörung ist bei eingreifenden Polizeimaßnahmen entbehrlich, wenn Gefahr im Verzug besteht, § 28 Abs. 2 Nr. 1 HmbVwVfG. Im Zweifel kann die Anhörung ohnehin nachgeholt werden, § 45 Abs. 1 Nr. 3 HmbVwVfG. Gleiches gilt für Verwaltungsbehörden.
III. Form
Formprobleme bestehen in der Regel – angesichts der grundsätzlichen Formfreiheit für Verwaltungsakte, § 37 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG – nicht.
C. Materielle Rechtmäßigkeit
I. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage (Tatbestandsvoraussetzungen)
Hier sind nur die einzelnen Voraussetzungen der jeweiligen Ermächtigungsgrundlage zu prüfen. Insofern wird auf die Checklisten bei