Herkömmliche Webmail-Dienste bilden i.Ü. den ersten – bislang nicht immer als solchen benannten – Berührungspunkt zwischen Cloud Computing (in Form von SaaS) und strafprozessualen Ermittlungen, da die Möglichkeiten des Zugriffs von Ermittlern auf in Webmail-Accounts gespeicherte E-Mails Gegenstand einer breiten Diskussion in Rechtsprechung und Schrifttum ist (dazu näher siehe unten). Sofern zunehmend Firmen dazu übergehen sollten, Teile ihrer betriebsbezogenen Unterlagen (z.B. Buchhaltung) über SaaS-Anwendungen zu verwalten,69 können vergleichbare Probleme zukünftig auch vermehrt in Wirtschaftsstrafverfahren auftreten, wenn die Ermittler bei Durchsuchungen in den Firmengebäuden auf der dort vorgefundenen Hardware keine Daten finden.
2. Platform-as-a-Service (PaaS)
Unter dem Schlagwort „Platform-as-a-Service (PaaS)“ versteht man die Bereitstellung einer Entwickler-Plattform, auf der die Nutzer – es wird sich regelmäßig um Web-Entwickler handeln – eigene Programme kreieren und hosten können.70 Geläufige Beispiele hierfür sind die „Google App Engine“ oder „Microsoft Windows Azure“. Solche Anwendungen stellen dem Benutzer eine vollständige Entwicklungsumgebung für Programmierarbeiten zur Verfügung.71 PaaS-Angebote sind die Basis für die Entwicklung von SaaS-Anwendungen, die bei Nutzung von PaaS-Technologien produziert werden können, ohne dass der Entwickler eigene IT-Kapazitäten vorhalten muss.72 Der PaaS-Anbieter legt zur Ermöglichung einer umfassenden Automatisierung regelmäßig bestimmte Rahmenbedingungen fest, etwa die Programmiersprache und verwendbare Bibliotheken, während der Kunde im Übrigen seine Programme nach eigenem Belieben gestalten kann.73 Häufig liegen bereits einzelne Komponenten einer Entwicklung als vom Anbieter bereitgestellte Dienste vor.74
3. Infrastructure-as-a-Service (IaaS)
Bei „Infrastructure-as-a-Servie (IaaS)“ stellt der Anbieter (virtuelle) Hardware oder Infrastrukturdienstleistungen bereit, also vor allem Speicherplatz, Rechnerkapazität oder Netzwerkbandbreite.75 Anders als bei PaaS ist der Kunde bei IaaS-Modellen vollständig für die Installation und Nutzung des Betriebssystems sowie etwaiger Anwendungskomponenten verantwortlich, während der Cloud-Anbieter ausschließlich die Hardware/die Infrastruktur zur Verfügung stellt.76 IaaS-Anwendungen bieten dem Nutzer lediglich das „Rohmaterial“, während er vollständig frei über die softwaretechnische Nutzung entscheiden kann.77 Die erforderlichen Ressourcen lassen sich je nach Bedarf des Nutzers in ihrem Volumen flexibel anpassen.78 Durch eine gezielte Lastverteilung, das sog. „Load Balancing“, stellt der Anbieter sicher, dass für jeden Kunden die erworbenen Leistungen stets verfügbar sind.79 Alternativ kann der Kunde aber auch dezidiert für ihn bereitgestellte Ressourcen in Anspruch nehmen, was allerdings regelmäßig mit höheren Kosten verbunden ist.80 Das typische Anwendungsbeispiel aus dem Bereich des IaaS ist die Bereitstellung von Rechenleistung („Compute“), was im Begriff „Cloud Computing“ zum Ausdruck kommt.81 Ein bekanntes Beispiel für IaaS sind die Amazon Web Services.82
61 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 3, 28; vgl. zu gelegentlich gebrauchten weiteren Kategorien Terplan/Voigt, Cloud, S. 27f.; außerdem Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 24 und 27f. 62 Dalby, Grundlagen, S. 155. 63 Laut einer Studie von PWC nutzen zwei Drittel aller dort befragten Unternehmen SaaS-Anwendungen, s. Vehlow/Golkowsky, Cloud Computing. 64 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 28. 65 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 21; Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 24; vertiefend Meir-Huber, Cloud Computing, S. 46ff. 66 Zu diesen und weiteren Beispielen Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 16; Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 28; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 22; Dalby, Grundlagen, S. 166ff. 67 Meir-Huber, Cloud Computing, S. 47. 68 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 26. 69 Vgl. zu Bürosoftware als SaaS auch Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 54 und 61. 70 Näher Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 29. 71 Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 17; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 21. 72 Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 10; Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 23. 73 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 29. 74 Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 21. 75 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 30; Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 17; Metzger/Reitz u.a., Cloud Computing, S. 21; Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 22. 76 Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 17. 77 Meir-Huber, Cloud Computing, S. 42 spricht von der „untersten Schicht“. 78 Vgl. Repschläger/Pannicke u.a., HMD 2010, 6, 9. 79 Meir-Huber, Cloud Computing, S. 42. 80 Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 22. 81 Vossen/Haselmann u.a., Cloud-Computing, S. 30. 82 Siehe hierzu etwa Schmidt-Bens, Cloud Computing, S. 17f.; siehe auch Schorer, in: Hilber, Handbuch, C/1, Rn. 22 a.E.
IV. Verschiedene Arten von Clouds
Es existieren unterschiedliche Arten von Clouds. Nach der geläufigen Unterteilung werden insoweit öffentliche, nichtöffentliche (private), Community- und Hybride-Clouds unterschieden.
1. Öffentliche Cloud
In einer öffentlichen Cloud (Public Cloud) können grundsätzlich beliebig viele Nutzer ohne Zugangsbeschränkung – ggf. gegen eine Nutzungsgebühr – die angebotenen Dienste in Anspruch nehmen.83 Insbesondere große Anbieter, wie z.B. Google, Microsoft oder Amazon, treten als Betreiber von öffentlichen Clouds in Erscheinung.84 Bei diesen Anbietern funktioniert der Vertragsabschluss regelmäßig im Wege eines sog. „click-through statement“, das direkt online abgeschlossen wird und dem Nutzer den unmittelbaren Zugang zu den gewünschten Diensten ermöglicht.85 Typischerweise bei nationalen Anbietern kann die Vertragsgrundlage aber auch in einem schriftlichen Vertragswerk bestehen, das wesentlich größere Spielräume für spezifische Gestaltungen der Zusammenarbeit zwischen Anbieter und Nutzer (sog. Service-Level-Agreements, SLA) ermöglicht.86
2. Nichtöffentliche Cloud
Eine nichtöffentliche Cloud (Private