Offenheit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns sind elementare Grundsteine der Gesellschaft und schaffen Legitimität und Akzeptanz für staatliches Handeln. Insbesondere die mögliche Akzeptanzsteigerung für staatliche Entscheidungen und Handlungen ist unter dem Gesichtspunkt der Effektivität der Verwaltung zu würdigen.34 Die Publizität der Verwaltung ist als ein Prinzip innerhalb der Verfassungsentscheidung Demokratie anerkannt.35 Und zwar konkret in der Gestalt, dass je wichtiger eine staatliche Tätigkeit ist, desto gebotener ist die Publizität.36 Ebenso kann aus dem Rechtsstaatsprinzip eine Pflicht zur Öffentlichkeitsarbeit abgeleitet werden. Denn nur transparentes staatliches Handeln kann einer allgemeinen Kontrolle durch die Bürgerinnen und Bürger unterliegen und folglich zur Mäßigung der Staatsgewalt in ihrem originären Handeln führen.37 Demnach kann die Öffentlichkeitsarbeit als Annexaufgabe zur originären gesetzlichen Aufgabe einer öffentlichen Stelle angesehen werden.38 Da die Publizität der Regierung und der Verwaltung insbesondere für das Demokratieprinzip bedeutend sind, ist weiter festzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch auf freien und gleichen Zugang zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit haben.39
2.1.2. Personalgewinnung
Ein weiteres Ziel der Nutzung von Sozialen Medien ist die Personalgewinnung und damit zusammenhängend die Imagesteigerung als Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber. Erkennbar ist dies an den zahlreichen gesonderten Accounts verschiedener öffentlicher Stellen wie zum Beispiel die der Bundespolizei40 oder der Bundeswehr41. Ebenso werden Serien und eigene Formate produziert, die vordergründig in den Sozialen Medien genutzt werden, um Nachwuchskräfte anzuwerben.42 Aber nicht nur das direkte Werben von Nachwuchskräften fällt in diese Kategorie, sondern vielmehr auch die allgemeine Selbstdarstellung als Organisation. Denn nur mit einem positiven Image bei potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern kann die Personalgewinnung erfolgreich sein. Für die Personalgewinnung und das Personalmarketing dürften die Sozialen Medien bereits jetzt unerlässlich sein und zukünftig noch weiter an Relevanz gewinnen. Für den öffentlichen Dienst wird ein massiver Fachkräftemangel prognostiziert. So geht eine Studie von einem Fachkräftemangel im Jahr 2030 von über 800.000 Personen im öffentlichen Sektor aus.43 Eine Handlungsempfehlung der Autoren zielt auf die Professionalisierung der Fachkräftegewinnung.44 In Anbetracht der beständigen Relevanz von Sozialen Medien im Internet,45 scheint die verstärkte Nutzung Sozialer Medien durch öffentliche Stellen für das Personalmarketing folgerichtig und unausweichlich zu sein.
2.1.3. Behördenspezifische Ziele
Neben dem allgemeinen Informationshandeln über die Aufgaben und Tätigkeiten der öffentlichen Stellen oder zur Selbstdarstellung als Arbeitgeberin bzw. Arbeitsgeber bestehen ausdrückliche gesetzliche Zuweisungen zur Öffentlichkeitsarbeit und Informationstätigkeit. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zur allgemeinen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist, dass bei der Informationstätigkeit in Bezug auf die Erfüllung behördenspezifischer Ziele und Zwecke eben nicht nur über die staatliche Aufgabenerledigung informiert wird, sondern diese vielmehr der originären Aufgabenerledigung dient.46 Die Informationstätigkeit ist demnach das Handeln im Zuge der Aufgabenerledigung der öffentlichen Stelle. Zu nennen sind hier beispielsweise behördenspezifische Normen wie § 2 Abs. 1 Nr. 12 BfRG, § 4 Abs. 1 Nr. 3 DWD-Gesetz, § 33 Abs. 1 Satz 3 BNDG oder § 4 Abs. 4 BGA-NachfG, die zur Öffentlichkeitsarbeit durch die jeweilige öffentliche Stelle verpflichten. Ein weiterer und bekannterer Normenkomplex stellen die §§ 131 ff. StPO dar. Diese ermächtigen zur Öffentlichkeitsfahndung und sehen dafür ausdrücklich die Verwendung elektronischer Medien vor. In den davor genannten Normen wird kein Medium vorgegeben. Damit sind alle möglichen Formen der Öffentlichkeitsarbeit zulässig. Vielmehr müssen die öffentlichen Stellen zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags ihre Kommunikationsstrategien fortlaufend kritisch überprüfen und den aktuellen Entwicklungen anpassen, damit ein möglichst großer Teil der Bevölkerung erreicht werden kann.
2.1.4. E-Government-Ansatz
Die elektronische Kommunikation erfährt neben der zunehmenden praktischen Relevanz im gesellschaftlichen Kontext auch im Verwaltungshandeln immer mehr an Bedeutung. So normiert § 3a Abs. 2 VwVfG eine grundsätzliche Gleichstellung zwischen der elektronischen und der herkömmlichen, papierbasierten Kommunikation im Verwaltungsverfahren.47 Im Bereich der Sozialen Medien dürfte allerdings das klassische Verwaltungsverfahren gegenwärtig keine wesentliche Rolle einnehmen. Maßgebliche Gründe sind hierfür die fehlende Authentizität, Integrität, Vertraulichkeit und Verbindlichkeit in den führenden Sozialen Medien. Somit sind Verwaltungsverfahren, also beispielsweise das Ausstellen einer Genehmigung, nicht über die Sozialen Medien möglich. Vielmehr dienen die Sozialen Medien als grundsätzliche Kommunikationsmöglichkeit mit den Bürgerinnen und Bürgern und als informelle Partizipations- und Kollaborationsmöglichkeit.48 So können die Sozialen Medien auf den unteren Ebenen der Bürgerbeteiligung, also auf den Ebenen von der bloßen Information bis zur Kollaboration, dienlich sein.49 Eine solche Beteiligung ist stets als informelle Beteiligung ohne rechtliche Auswirkungen einzustufen. Der Grund hierfür ist die fehlende Möglichkeit, die Sozialen Medien im Verwaltungsverfahren einzusetzen. Trotz alledem dürfen die partizipativen und kollaborativen Chancen, die die Sozialen Medien mit sich bringen, nicht unterschätzt werden.
15 Gusy, Verwaltung durch Information in: NJW 2000, 977, 978. 16 Fehringer, Solmecke, Der Social-Media-Leitfaden für Kommunen, S. 27 f. 17 Ebenda. 18 Hölig, Hasebrink, Reuters Institute Digital News Report 2019 – Ergebnisse für Deutschland, https://www.hans-bredow-institut.de/(...)_Deutschland.pdf, S. 17 ff. 19 Nähere Ausführungen zur Gatekeeping-Theorie siehe Shoemaker, Vos, Gatekeeping theory, S. 11 ff. 20 Bundesministerium des Innern, Anfrage zur Nutzung sozialer Medien, https://fragdenstaat. de/anfrage/(...)geschwaerzt.pdf. 21 BKM, Social Media Aktivitäten der BKM, https://fragdenstaat.de/anfrage/(...)social-media. pdf. 22 DWD, Social Media Aktivitäten des DWD, https://fragdenstaat.de/anfrage/(...)Media_final. pdf. 23 BKartA, Social Media Aktivitäten des BKartA, https://fragdenstaat.de/anfrage/(...)Leit faden_geschwrzt.pdf. 24 BMJV, Social Media Aktivitäten des BMJV, https://fragdenstaat.de/anfrage/(...)/scan_anlage. pdf. 25 Siehe vorgenannte Quellen und auch Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Social