Der spektrale Emissionsgrad ελ stellt die Verhältniszahl zwischen der tatsächliche Strahlungsabgabe und der Emission des idealen Strahlers für die Wellenlänge λ dar. Als Gleichung ausgedrückt:
Gl. 39
Die in der Gleichung aufgeführte spektrale Strahldichte Lλ gilt allerdings nur für die Abstrahlung in eine bestimmte Richtung, typisch ist die Anwendung in Richtung der Flächennormalen. (Die Strahlungswerte des idealen Strahlers wurden mit dem Index i gekennzeichnet.)
Der Bandenemissionsgrad εB ist das Verhältnis des Mittelwertes der Strahldichte des realen Strahlers zum idealen Strahler in einem bestimmten Wellenlängenbereich (sogenanntem Strahlungsband) zwischen λ1 und λ2.
Gl. 40
Werden die Grenzen des Wellenlängenbereiches auf λ1 = 0 und λ2 = ∞ erweitert, dann stellt das Ergebnis den Gesamtemissionsgrad εG dar.
Gl. 41
Die obige Gleichung ist das Verhältnis der Strahldichte des Körpers im Vergleich zur Strahldichte des idealen Strahlers unter Betrachtung aller Wellenlängen.
Für den idealen Strahler (schwarzer Körper) gilt ελ = εB = εG = 1, für graue Strahler gilt ελ = εB = εG < 1, für selektive Strahler dagegen ist ελ ≠ εB ≠ εG und ελ = f(λ) gültig.
Typische Emissionsgrade
Wegen der bei vielen Materialien anzutreffenden starken Wellenlängenabhängigkeit des Emissionsgrades wird allgemein kategorisierend zwischen Metallen und Nichtmetallen unterschieden. Bei letzteren ist auch noch eine weitere Differenzierung zwischen hellen und dunklen Nichtmetallen üblich.
Über einen breiten Wellenlängenbereich im langwelligen Infrarot weisen vielen Nichtmetalle einen überwiegend hohen, von der Oberflächenrauigkeit praktisch unabhängigen Emissionsgrad auf. Beispiele hierfür sind die menschliche Haut, viele Mineralien, Holz, Papier, Kunststoffe und wegen letzterem auch mit Kunststofffarben überzogene Oberflächen.
Ergänzend ist noch festzustellen, dass dunkle Nichtmetalle typischerweise über fast den gesamten langwelligen Wellenlängenbereich einen ausgesprochen hohen - oft sogar über 0,9 betragenden - beinahe gleichbleibenden Emissionsgrad besitzen. Bei hellen Nichtmetallen ist der Emissionsgrad bis zur Wellenlänge von etwa λ = 10 µm spürbar niedriger, folgt dann aber zu den längeren Wellenlängen hin dem Emissionsgrad der dunklen Nichtmetalle.
Hinweis: Helle und dunkle Nichtmetalle haben bei Zimmertemperatur (hier beträgt die Wellenlänge des Strahlungsmaximums nach dem Wienschen Verschiebungsgesetz λ = 10 µm) und noch tieferen Temperaturen fast gleiche Emissionsgrade. So ist z.B. Schnee bei 0°C (>10 µm) ein guter Strahler (ε >0,9).
Metalle haben dagegen im Allgemeinen - von den ganz kurzen Wellenlängen abgesehen - im infraroten Wellenlängenbereich ausgesprochen niedrige, mit anwachsender Wellenlänge fast stetig abnehmende Emissionsgrade, die noch dazu stark von der Oberflächenbeschaffenheit (Rauigkeit) abhängen.
Abb. 34: typische Emissionsgrade realer Strahler in Abhängigkeit von der Wellenlänge (kategorisiert)
Als Untermauerung der obigen Kategorisierung folgen nunmehr einige häufige Materialien und derer spektraler Emissionsgrade. Die folgende Darstellung zeigt die Wellenlängenabhängigkeit der Emissionsgrade von Nichtmetallen.
Abb. 35: spektrale Emissionsgrade einiger Nichtmetalle (mit freundlicher Unterstützung der InfraTec GmbH, www.InfraTec.de [A12], editiert durch Autor)
Abb. 36: spektrale Emissionsgrade einiger Metalle (mit freundlicher Unterstützung der InfraTec GmbH, www.InfraTec.de [A13], editiert durch Autor)
In der Praxis ist die Übernahme von Emissionsgraden aus der Fachliteratur im Falle von Metallen sehr schwierig, schon alleine deswegen, da durch die atmosphärische Einwirkung viele Metalloberflächen sofort oxidieren und damit als oberste Schicht die nichtmetallischen strahlungsphysikalischen Eigenschaften der Oxidschicht ebenfalls Einfluss üben. Es ist also fast ausgeschlossen, Emissionsgrade in der Literatur zu finden, die sich genau auf die gerade zu messende Metalloberfläche und die aktuellen Messbedingungen (Spektralbereich, Oberflächenrauigkeit, Oxidation) beziehen. Es ist daher sinnvoller und genauer, den Emissionsgrad experimentell selbst zu bestimmen.
Abb. 37: spektrale Emissionsgrade verschiedener Aluminiumoberflächen (unterschiedliche Legierungen, Bearbeitungszustände und Oberflächenbehandlungen) (erstellt in Anlehnung an die Darstellung der Reflexion von Aluminium in [T167])
Abhängigkeit des Emissionsgrades von der Oberflächenrauigkeit
Je rauer die Oberfläche des Messobjektes ist, desto größer ist dessen Emissionsgrad. Dieser Effekt ist bei Nichtmetallen (auf Grund derer ohnehin hoher Emissionsgrade) relativ unbedeutend, bei Metallen dagegen ist dieser ausschlaggebend für den tatsächlichen Emissionsgrad. Erklärt werden kann der Einfluss der Rauigkeit dadurch, dass bei glatten (spiegelnden) Oberflächen eine gerichtete Spiegelung der Strahlung auftritt. Raue Oberflächen weisen nur eine diffuse Reflexion auf, während die strahlungsabgebende (bzw. aufnehmende) Fläche um Größenordnungen größer ist als bei glatten Oberflächen. Noch dazu tritt bei rauen Oberflächen der bereits im Kapitel des schwarzen Strahlers beschriebene Vorgang der Mehrfachreflexion und Aufsummierung in den Mikroriefen und -grübchen auf, welcher den Emissionsgrad (und natürlich den Absorptionsgrad gleichermaßen ebenfalls) erhöht.
Abb. 38: Arten der Reflexion
Abb. 39: Erhöhung der Absorption (links) und der Emission (rechts) bei rauen Oberflächen
Abhängigkeit des Emissionsgrades von der Körpertemperatur
Auch die Temperatur hat Einfluss auf den Emissionsgrad einer Körperoberfläche, was auf die Änderung der Materialeigenschaften (z.B. Kristallstruktur) zurückzuführen ist. Selbstverständlich führt auch der Übergang in einen anderen Aggregatzustandes zur Änderung des Emissionsgrades. Im Allgemeinen ist gültig, dass der Emissionsgrad (innerhalb eines Aggregatzustandes) mit der Temperatur ansteigt.
Abb. 40: Abhängigkeit des Emissionsgrades