Harry in love. Christina Masch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Masch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991300625
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ganz bestimmt einmal darauf zurückkommen“, erwiderte Lindsay mit einem Lächeln.

      „Darf ich mitkommen?“, fragte Isabel sogleich.

      „Aber natürlich, mein Kind!“

      „Was haltet ihr von nächsten Sonntag?“, warf Harry erneut spontan ein. Sogleich lächelten ihn Lindsay und Isabel an. „Also, abgemacht, nächsten Sonntag besuchen wir Alice.“

      Isabel hauchte ihrem Freund daraufhin einen dicken Kuss auf die Wange und wisperte: „Danke.“ Anschließend wandte sie sich wieder ihrer Mutter zu: „Mummy? Du hast gesagt, dass Du die ganze Zeit allein warst. Einmal davon abgesehen, dass Du an was Schönes gedacht hast, der Schmerz war doch aber trotzdem da: Wie hast Du es geschafft, die Trauer zu überwinden?“

      „Nachdem meine Tränen versiegt waren, stürzte ich mich in meine Arbeit als Krankenschwester. Auch wenn die Anfangszeit wirklich hart war! Jeden Tag große und kleine Kinder um sich herum zu haben, geht schon ganz schön an die Psyche; und dass es Dir da nicht anders ergeht, zeigt mir Dein Körper, Isabel. Aber ich bin dankbar, dass Du in der Zwischenzeit wieder ein wenig zu Kräften gekommen bist. Das haben wir sicherlich auch unter anderem Deinem Freund zu verdanken?!“ Während Harry eindringlich nickte, wurde Isabel rot. Lindsay lächelte selig. „Aber zurück zum Thema: Auch wenn es komisch klingen mag, aber mit jedem Kinderlachen kam auch meine eigene Kraft wieder zurück. Es baute auf, zu sehen, wenn die Kindertränen vergessen waren, wenn ein gebrochener Arm geschient war oder die Eltern die Kinder nach der Genesung wieder aus dem Krankenhaus abholten. Sie gaben mir Halt, denn sie gaben mir die Bestätigung, dass ich gebraucht wurde. Und wenn ich dann den Kindern wieder eine Märchengeschichte vorlas, dann strahlten mich tausend Kinderaugen dankend an. Sie gaben mir ihre Liebe, weil ich für sie da war, wenn ihre Eltern nicht bei ihnen sein konnten, und ich schenkte ihnen meine. Ich kam somit wieder in Einklang mit mir und meiner Umwelt. Tja, und bei einer Routineuntersuchung im Spätsommer 1984 erfuhr ich dann, dass ich erneut schwanger sei – mit Dir …“, eröffnete Lindsay.

      „Hast Du Dich da gefreut oder hattest Du Angst?“, war sogleich Isabels nächste Frage.

      Lindsay sah unweigerlich zu Harry herüber. Sie konnte ihm im Gesicht ansehen, dass er sich auf das Kind mit Isabel gefreut hätte.

      Lindsay ergriff Isabels linke Hand und strich ihr sanft über den Handrücken. „Zuerst einmal schlug die Information ein wie eine Bombe und ich war am Boden zerstört: Um ehrlich zu sein, kam durch diese Botschaft alles wieder hoch und ich hatte eine wahnsinnige Angst! Nicht, dass ich mir Sorgen darüber machte, ob ich Dich eventuell aufgrund der Vorgeschichte wieder verlieren könnte. Nein, mir machte vielmehr Sorge, was Dein Vater dazu sagen würde. Da ich nicht wusste, zu wem ich hätte gehen können, um mir meine Sorgen von der Seele zu reden, bin ich nach Highgate zu Alice gefahren. Als ich vor ihrem Grab stand und ihr von Dir erzählte, blendete mich plötzlich heftig die Sonne, obwohl der Himmel sonst wolkenverhangen war. Da wusste ich, dass alles gut werden würde! Ich fuhr überglücklich mit dem Bus wieder zurück nach Hause. Wir wohnten zu diesem Zeitpunkt noch über einem Blumenladen. Als ich an dessen Schaufenster vorbeilief, sah ich dort einen Geige spielenden Engel in der Fensterecke sitzen …“

      „Der Engel an Deiner Schreibmaschine!“, unterbrach Harry Lindsays Erzählung und sah dabei zu Isabel herüber.

      „Genau. Er ist Isabels persönlicher Schutzengel hier auf Erden!“, erklärte Lindsay. „Ich kaufte also diesen Engel und stellte ihn sogleich auf mein Nachtschränkchen neben meinem Bett. Er sollte Dich, liebe Isabel, ab sofort beschützen. Aber es gab noch jemand anderen: Denn in genau dieser Nacht kam Dein Vater unverhofft zurück von seiner Tour. Ich hatte ihn eigentlich erst drei Tage später zurückerwartet. Er erzählte mir damals, dass er gerade im Depot angekommen war, um dort die Ladung für die nächste Station umzuladen, als ihn plötzlich die Sonne heftig blendete, obwohl es ein wolkenverhangener Tag war. Er ließ sogleich alles stehen und liegen und fuhr direkt nach Hause. Als er dann den Engel auf meinem Nachttisch erblickte, wusste er sofort Bescheid. Er beantragte umgehend am nächsten Morgen Sonderurlaub und ließ mich die nächsten sechs Monate nicht mehr aus den Augen. Er wachte mit Argusaugen über Dich und mich. Ich glaube, er war auch einer der ersten Männer im Kreissaal, obwohl dies zu der damaligen Zeit den Männern noch untersagt war; vor allem, da wir ja noch nicht einmal verheiratet waren?!“ Harry und Isabel lächelten gerührt. Lindsay tat es ihnen gleich.

      „Ich sollte Dir vielleicht noch etwas erzählen: Die gesamten sechs Monate bis zu Deiner Geburt haben wir nicht ein einziges Mal darüber gesprochen, wie Du heißen solltest. Dein Name stand bereits fest, als Dein Vater in der einen besagten Nacht nach Hause kam. Ich erfuhr ihn jedoch auch erst nach Deiner Geburt.“

      „Aber woher wusste denn Dad, dass ich ein Mädchen werde?“

      Lindsay lachte. „Ich habe keine Ahnung; er wusste es einfach!“

      Mit den Worten „Danke, Mum“ ging Isabel zu ihrer Mutter herüber und nahm sie in den Arm. „Mir geht es jetzt besser. Ich hab Dich lieb.“

      „Ich Dich auch, mein Engel!“

      „Na, habt ihr Kaffeedurst bekommen?“, fragte Lindsay mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen, als gegen halb fünf am Nachmittag Harry die Treppe von Isabels Zimmer herunter ging und zu Lindsay in die Küche kam. Harry schüttelte den Kopf. Besorgt blickte Lindsay dem Freund ihrer Tochter ins Gesicht. „Was ist mit Isabel?!“

      „Sie schläft. Ich glaube, das waren ein wenig viel Informationen auf einmal für sie, die sie da zu verarbeiten hat“, erwiderte Harry matt, der auch ein wenig geschafft wirkte. Lindsay bat Harry sich zu setzen und schob ihm sogleich eine Tasse Kaffee herüber.

      „Danke.“

      „Und wie geht es Dir?“, fragte Lindsay direkt.

      „Ich muss gestehen, dass diese ganzen Informationen auch für mich ein ganz schöner Schock waren und ich möchte nochmals meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen. Ein Kind auf natürliche Weise zu verlieren ist ja schon schwer, aber das, was …“

      „Reden wir nicht mehr darüber“, unterbrach Lindsay Harry. „Ich weiß Deine Anteilnahme zu schätzen, aber viel wichtiger ist, dass ihr jetzt an Euch denkt!“

      „Das ist auch der Grund, warum ich heruntergekommen bin. Ich habe nämlich darüber nachgedacht, was man machen könnte, um Isabel auf andere Gedanken zu bringen und wie ich vielleicht wieder ein glückliches Lächeln auf ihr Gesicht zaubern könnte“, erklärte Harry.

      „Das ist eine sehr schöne Idee und an was hast Du dabei gedacht?“, fragte Lindsay.

      „Ich dachte daran, mit ihr vielleicht zu verreisen. Möglichst weit weg von hier; irgendwohin, wo es schön warm ist und es viel Sonne gibt! In die Karibik oder so?! Aber ich weiß nicht, ob Isabel da mitmachen würde; schon allein wegen ihrem Vater und der Sache mit dem Kindergarten; eine Vertretung für zwei Tage ist ja kein Problem, aber bei zwei Wochen sieht es sicherlich schon ein wenig anders aus …“, offenbarte Harry.

      „Ja, da gibt es einiges zuvor noch abzuklären. Aber ich finde den Gedanken an einen Urlaub nicht schlecht. Harry, um ehrlich zu sein, war Isabel noch nicht ein einziges Mal außer Landes. Es gibt Tage, da beneidet sie ihre Freundin Anabel, denn die reist regelmäßig in der Weltgeschichte umher; zuletzt war sie auf Teneriffa. Wenn wir als Familie Urlaub gemacht haben, dann immer nur in England. Der Einzige von uns, der wenigstens Teile von Europa gesehen hat, oder besser gesagt regelmäßig sieht, ist mein Mann aufgrund seiner Arbeit.“

      Harry nickte.

      „Ich selbst möchte einmal im Leben nach Frankreich, nach Paris, und den Eiffelturm sehen!“, offenbarte Lindsay schwärmerisch. „Isabel dagegen ist, glaube ich, mehr für die Natur und das Meer zu haben. Deshalb finde ich die Karibik als Urlaubsziel wunderbar; nur, wir haben nicht so viel Geld …“

      „Das steht ja wohl außer Frage, dass ich für die Kosten aufkomme!“, unterbrach Harry Lindsay sofort. „Ich würde auch alles andere veranlassen und regeln. Wenn Du für die Zeit, in der Isabel nicht daheim ist, eine Haushälterin benötigen solltest, würde ich sie Dir zur Verfügung stellen.