Harry in love. Christina Masch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christina Masch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783991300625
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Gesicht lachen: Er blickte zu ihr herüber, als hätte er sich gerade verhört oder bildete es sich nur ein, dass sie ihn doch tatsächlich eben allen Ernstes gefragt habe, ob er mit reinkommen wollte.

      „Und was ist mit Deinen Eltern?“, fragte er daher einmal sicherheitshalber nach.

      Isabel grinste. „Mein Dad ist auf Tour und meine Mum übernachtet heute ausnahmsweise bei einer Freundin, die ihren 50. Geburtstag feiert. Denn ihr war es nichts, nachts um drei heim zu kommen und keiner ist da. Denn eigentlich sollte ich die Nacht ja bei Anabel verbringen; zumindest war es so geplant“, erklärte Isabel und wurde anstandshalber rot.

      Auf Harrys Gesicht zeigte sich umgehend ein breites Lächeln. Irritiert davon sah Isabel Harry fragend an.

      „Ich glaube, Anabel fühlte sich in Williams und Janes Gegenwart ganz gut aufgehoben und ich verspreche Dir, dass sie von den beiden auch sicher wieder nach Hause gebracht wird“, erklärte Harry daraufhin.

      „Danke“, flüsterte Isabel kleinlaut und senkte den Blick.

      „Ach Bell“, seufzte Harry und strich ihr sanft über die rosa schimmernde Wange. Isabel sah erneut zu Harry auf und ihre Blicken trafen sich. „Ich komme gerne noch mit rauf; aber nur, wenn es Dir auch wirklich recht ist?! Wir müssen hier heute nichts übers Knie brechen; vor allem nicht um Mitternacht“, erwähnte Harry.

      Für Harry völlig unerwartet, küsste Isabel ihn einfach auf den Mund. Somit war die Frage, ob er nicht doch jetzt lieber fahren sollte, geklärt. Harry half Isabel aus dem Wagen und schon war auch Martin wieder zur Stelle. Ein Blick in Harrys Gesicht und Martin wusste, dass er sich auf eine Übernachtung im Wagen einstellen konnte.

      In Isabels Zimmer angelangt, war Harry erneut völlig überwältig von den kunstvoll gestalteten Wänden. Da Isabel lediglich die zwei Beistelltischlampen, die auf ihrer Sideboardreihe standen, angeschaltet hatte, wirkten die Efeuranken und die Elfe auf ihrem Seerosenblatt noch lebendiger als das letzte Mal bei voller Beleuchtung.

      „Hast Du diese Kunstwerke an die Wand gebracht?“, fragte Harry auch prompt. Isabel nickte. „Du hättest Innenraumgestalter oder Designerin werden sollen!“

      Isabel kicherte. „Nein, das wäre nichts für mich: Denn dort hätte ich nicht nur auf Abruf kreative Ideen haben müssen, sondern diese dann auch noch innerhalb eines bestimmten Zeitfensters fertigstellen sollen. Doch für so etwas brauchst Du Zeit und Muße: Ohne die richtige Stimmung kannst Du das Ganze auch gleich seinlassen! Meine Wandbemalung ist auch nicht von heute auf morgen entstanden. Zum Anfang gab es nur die zwei Sprüche auf gelbem Hintergrund. Irgendwann kamen dann die Efeuranken, welche eigentlich nur als Bordüre gedacht waren, hinzu. Aber irgendwie haben sie sich dann verselbstständigt.“

      „Sie sind also gewachsen“, scherzte Harry.

      Isabel schmunzelte. „So kann man es auch nennen.“

      „Und wann hast Du den Engel oder die Elfe gezeichnet?“, fragte Harry interessiert.

      „Den Engel habe ich nach dem Tod meiner Großmutter gezeichnet.“

      „Du hingst sehr an ihr, nicht wahr?“, unterbrach er Isabel erneut.

      Isabel sah nachdenklich zu Boden. „Es gibt Tage, da vermisse ich sie sehr. Wir waren irgendwie seelenverwandt: Ging es dem einen schlecht, wusste es der andere sofort, auch wenn wir kilometerweit voneinander entfernt waren. Seit sie nicht mehr da ist, fühle ich mich manchmal ziemlich einsam, hilflos und klein. Mein Vater trug natürlich auch einiges dazu bei. Tja, und an einem Tag, an dem es mir besonders schlecht ging, da entstand dann das Bild von der Elfe in meinem Kopf. Kurz darauf zierte es auch meine Wand.“

      Harry wollte gerade einen Schritt auf Isabel zugehen und sie in die Arme nehmen. Doch die Worte von ihr: „Setz Dich!“, hielten ihn davon ab und so kam er ihrer Aufforderung nach und setzte sich auf die Bettkante ihres Bettes, zu welchem sie gezeigt hatte. Isabel selbst öffnete derweil ihren Kleiderschrank und zog sich ihre graue, wadenlange Häkeljacke, die sie wie eine Art Kleid über ihrer schwarzen Jeans und ihrem weißen Rolli getragen hatte, aus.

      Das letzte Mal, als er dieses Outfit an ihr gesehen hatte, trug sie seine Kette mit der Katze …, ging es ihm durch den Kopf. Er schaute nachdenklich zu ihr herüber.

      Als sich ihre Blicken trafen, sagte Isabel: „Du kannst Dich ruhig richtig auf das Bett setzen und Dich an der Wand anlehnen. Ich komme gleich wieder.“ Anschließend verließ sie kurz den Raum.

      Harry zog die Beine an und wollte sich nunmehr bequem auf ihr breites weiches Bett setzen. Dabei piekte ihn etwas am Gesäß: Ein schmaler gefalteter Zettel, auf den er sich unbeabsichtigt gesetzt hatte. Er nahm das Blatt Papier in die Hände und faltete es, ohne weiter darüber nachzudenken, einfach auseinander und las die darauf festgehaltenen zwei Zeilen:

      „Wenn Dein Vater stirbt, verlierst Du Deine Vergangenheit. –

      Wenn Dein Kind stirbt, verlierst Du Deine Zukunft.“

      Harry bekam sofort eine eisige Gänsehaut, die sich noch verstärkte, als er plötzlich Isabel vor sich stehen sah. Isabel musste unweigerlich hart schlucken und atmete durch den Mund. Harry sah ihr an, dass sie mit den Tränen kämpfte. „Komm her!“, flüsterte er mit brüchiger Stimme und klopfte auf die Decke neben sich. Isabel kam Harrys Wunsch umgehend nach. Er nahm sie in seine Arme und strich ihr zärtlich durchs Haar. Isabel kämpfte noch immer um ihre Selbstbeherrschung. Sie atmete schwer.

      „Bell, Du musst nicht Stärke beweisen: Wenn Dir zum Heulen zumute ist, dann weine! Es ist doch nur verständlich“, sagte Harry mit sanfter Stimme und schon ließ Isabel ihren Tränen freien Lauf. „Ich bin für Dich da, wann immer Du mich brauchst! Ich hätte schon viel früher für Dich da sein sollen … Aber ich will Dir deswegen keine Vorwürfe machen, ich war ja selbst viel zu feige, mich gegen Deine Bitte aufzubäumen.“

      „Du warst nicht feige, Du hast wahre Größe gezeigt. Ich dagegen war einfach nur ignorant! Harry, es tut mir leid, dass ich Dir keine Möglichkeit gegeben habe, mit mir in Kontakt zu treten. Ich weiß von Anabel, dass Du mit der Information genauso überfordert warst wie ich“, erklärte Isabel unter Tränen.

      „Psssst, bitte belaste Dich nicht noch mit Selbstvorwürfen! Du hattest Deine Gründe, weshalb Du nichts gesagt hast. Jeder geht mit einem Schicksalsschlag anders um. Und Du bist nun einmal jemand, der alles eher in sich hineinfrisst als sich anderen anzuvertrauen. Aber leider ist dies ziemlich ungesund. Mensch, Isa, darf ich Dich etwas fragen? Wie viel wiegst Du im Moment?“, wagte sich Harry vorsichtig voran. Isabel biss sich auf die Unterlippe und sah betrübt nach unten. Harry hob mit der Hand Isabels Kinn wieder an, so dass sie ihm in die Augen sehen musste. „Kätzchen, ich mache mir arge Sorgen um Deine Gesundheit! Als wir uns das letzte Mal sahen, hattest Du schon drastisch abgenommen, aber jetzt … Isabel, Du musst unbedingt wieder etwas essen!“

      „Auch wenn Du es mir nicht glauben magst, aber das tue ich! Nur dass mir meist bereits der dritte Happen im Halse stecken bleibt“, erklärte Isabel kleinlaut. „Mein Körper reagiert leider schnell auf psychische Belastung: Nicht nur, dass ich Dein Kind verloren habe und Du Dich unbedingt mit meinem Vater anlegen musstest; obwohl Du wusstest, dass er Euch Royals nicht leiden kann! Nein, an genau diesem Abend erlitt meine Mutter auch noch einen Herzinfarkt.“

      „Oh mein Gott!“, rief Harry entsetzt aus. „Und wie geht es Lindsay jetzt? Ich gehe davon aus, wieder gut, sonst wäre sie wohl kaum auf einer Geburtstagsfeier?!“, überlegte Harry laut.

      Isabel nickte. „Ja, es geht ihr wieder gut und sie hat auch, Gott sei Dank, keine bleibenden Schäden erlitten. Sie ist quasi ganz die Alte. Aber all das hier, innerhalb so kurzer Zeit, war einfach zu viel für mich!“

      „Und dann noch allein mit einem gewalttätigen Vater unter einem Dach …“, kam es Harry in den Sinn; nur dass er aus Versehen diesen Gedanken ebenfalls laut ausgesprochen hatte. Prompt wurde er knallrot. „Bitte verzeih, so war das nicht gemeint …“

      „Doch, genau so war es gemeint! Und Du hast ja damit auch noch nicht einmal Unrecht: Mein Dad war über neun Jahre lang jemand völlig Fremdes für mich. Er