„Du wirst schon nicht zu kurz kommen, Alter”, tätschelte Michael dessen Schulter.
„Aber wie machen wir es mit unseren Namen”, warf Konstantin ein. „Wir können doch nicht mit unseren echten Namen auftreten, oder?”
„Natürlich nicht”, stimmte Michael ihm zu. Er überlegte kurz. „Hm, wie nennst Du mich immer, Kon?”
„Cheval. Das weißt Du doch.”
„Eben. Also bin ich künftig der ‚Chevalier’, Du, Kon, bist der ‚Rittmeister’, Du, Alex, der ‚Großfürst’ und Du, Freckles, bist der ‚Pirat’. Einverstanden?”
„Könnte ich nicht ‚Long John Silver’ sein”, maulte Damian ein wenig.
„Pirat wirkt aber abenteuerlicher, das klingt mehr nach wildem Eroberer. Daß Du einen tollen Schwanz hast, werden die Ladies schnell genug spitz haben.”
„Und es wird sie spitz machen”, lachte Damian. Plötzlich gefiel es ihm gut, der „Pirat” zu sein. Seine roten Haare paßten dazu.
„Und welche Taxe nehmen wir?” Michael wollte auch das gleich geklärt haben. Er sah nur Achselzucken und schlug dann vor:
„Ich denke, für einen Abend und die ganze Nacht sind tausend €uro als Spende nicht zuviel. Für eine ganze Woche Begleitung ohne Sex dreitausend, mit täglichem Sex und Verwöhnprogramm fünftausend und nach zehn Buchungen ein und desselben Begleiters gibt es eine Nacht oder einen Nachmittag umsonst. Dazu Spesen. Was haltet Ihr davon? Und natürlich wird Vorkasse in bar genommen, versteht sich.”
„Einverstanden”, nickte Konstantin zustimmend. Damian und Alexander hielten beide den Daumen hoch.
„Und was bekomme ich?” Lou sollte alles organisieren und wollte ihren Anteil.
„Du bekommst zehn Prozent von unseren Buchungen, Süße. Einverstanden, Jungs?” Michael sah seine Freunde Zustimmung heischend an.
„Klar.” „Immer.” „Selbstverständlich.” Damit war es beschlossene Sache.
„Und das wollen wir jetzt begießen, Leute”, bestimmte Michael.
„Hast Du denn gekühlten Champagner im Haus”, fragte Lou den neben ihr stehenden Konstantin.
„Nein, aber das machen wir anders”, verkündete er grinsend.
Im nächsten Moment hatte Konstantin Lou auf den Arm genommen, die sogleich ahnte, was ihr bevorstand und Widerstand spielte.
„Du wirst es doch wohl nicht wagen, Du unverschämter Kerl”, und dabei boxte sie ihn was sie nur konnte. Aber es nützte ihr nichts. Konstantin strebte mit ihr ungerührt dem Swimmingpool zu, gefolgt von den lachenden Freunden. „Aaah, Du wirst das lassen, Du unmöglicher Mensch”, kreischte sie noch, ehe sie, unter dem herzlichen Gelächter der jungen Männer im hohen Bogen in das kühle Wasser rauschte und untertauchte. Im nächsten Moment sprangen alle Vier hinter ihr her und umringten sie, als sie prustend an die Oberfläche kam.
„Ihr verflixte Bande”, schimpfte sie, mußte aber selber lachen, wobei sie in typisch weiblicher Weise um sich knuffte und boxte, nur, um von Michael erneut untergetaucht zu werden.
Die jungen Männer gaben sich bestens gelaunt der Reihe nach die „hohe Fünf”. Nun würden sie besseren Zeiten entgegengehen und sich von der Abhängigkeit der Geldbörsen ihrer Eltern lösen können. Für Michael würde es schlicht und endlich die Freiheit bedeuten.
*
Bevor sie aus ihrem Porsche Carrera ausstiegen, den sie zuvor auf Hochglanz poliert hatten, instruierte Lou Damian noch einmal, sie reden zu lassen. Er könne mit den Augen flirten, aber im übrigen auf geheimnisvollen Schweiger machen. Sie würde schon die richtige Kandidatin für ihn aussuchen. Damian hatte bewußt drei Tage lang nicht Hand an sich gelegt, um unter Vollspannung zu stehen. Er würde einen Probefick setzen können − und der müsse „sitzen”.
Er hatte sich weiße Leinenhosen herausgesucht, ein hellblaues Seidenhemd, und seine nackten Füße steckten in hellblauen Leinenschuhen. Drunter trug er nichts. Er wollte Monsieur Bouchon sofort und ungehindert zum Einsatz kommen lassen können. Seine Hose war eng genug, um seine Qualitäten optisch gut zur Geltung zu bringen. Die Blicke der Damen würden ohne Zweifel dorthin gelenkt werden, wohin zu blicken es erwünscht war. Um seinen angenehmen Eigenduft nicht zu „erschlagen”, hatte er nur ganz dezent Moschus genommen.
Lou sah an jenem Tag besonders entzückend aus. Man hätte meinen können, sie wolle ausschließlich auf sich aufmerksam machen.
Sie trug ein dekolletiertes blaues Bustier, einen blauen Wickelrock, blieb bauchfrei und hatte ein blaugerändertes weißes Bolero-Jäckchen angelegt. Ihre nackten Füße steckten in hellblauen, schmalriemigen Sandalen.
Als einzigen Schmuck hatte sie neben dem Siegelring den Saphirring ihrer Großmutter auf den linken Ringfinger gezogen. Die drei Steine waren Mehrkaräter. Ihre sorgfältig durchgekämmte Haarflut trug sie offen.
Als sie das große Clubhaus betraten, wurde Damian sogleich von einem Freund seines Vaters begrüßt, der mit wohlgefälligem Blick Louisiana musterte und vorgestellt werden wollte.
„Lou, meine Liebe, das ist Oberst a.D. von Gaylwitz, ein langjähriger Freund meiner Familie. − Herr Oberst, ich darf Ihnen die Baroness Louisiana Tantzow-Lerchenbach vorstellen.”
Lou reichte dem Grauhaarigen die Hand, der sie ergriff, ohne sie zu küssen. Der Handkuß für eine unverheiratete junge Dame verbot sich in der Öffentlichkeit. Lou deutete einen leichten Knicks an.
„Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Baroness. Ich glaube, ich kannte Ihren Herrn Papà, Brigadegeneral Hans-Christian Tantzow …”
„Das war mein Großvater”, korrigierte sie ihn umgehend, mein Vater ist Christian Ludwig Tantzow, Major der Reserve und in der freien Wirtschaft sehr erfolgreich tätig.”
Der alte Oberst räusperte sich. Lou hatte ihm seine Altersklasse verdeutlicht und mit einem freundlichen Lächeln zu verstehen gegeben, daß er mit irgendwelchen Charmeattacken bei ihr nicht würde landen können.
„Ist mein Vater da?” Damian versuchte abzulenken.
Mit einem nochmaligen Räuspern erklärte Gaylwitz ihm, Pintowitz senior an jenem Tag noch nicht gesehen zu haben. Damian heuchelte Bedauern.
„Wie schade. − Tja, meine Liebe, dann muß ich Dir die Anlage ohne Vaters Begleitung zeigen”, womit er Lou bei der Hand nahm. „Wir dürfen uns empfehlen, Herr Oberst.”
Damian und er gaben sich die Hand, Gaylwitz nickte Lou mit einem etwas verunglückten Lächeln zu und ging an die Bar, um seine Niederlage zu bedauern und die dazu passende Laune in einem fünfzigjährigen Whiskey zu ertränken.
Weitere männliche Clubmitglieder vermied Damian geschickt. Er suchte den Sammelpunkt der vernachlässigten Damen; zum Park hinaus fand er ihn. Das Auftreten der Beiden löste augenblicklich Aufmerksamkeit aus. Ein Köpfezuneigen und kurzes Tuscheln setzte ein, als sie sich auf einen Tisch mit vier cocktailversorgten Damen zubewegten.
„Sag mal, Clarissa, ist das nicht der junge Pintowitz?” Dagmar Müller-Gantermann neigte sich flüsternd ihrer Freundin, der Gattin des Staatssekretärs Schastikow zu.
„Ganz ohne Zweifel. Die Ähnlichkeit mit seinem Vater ist unverkennbar, aber wie jung der noch ist.” Die ganz bewußte Bewunderung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Ihre Augen wurden das Ausrufungszeichen dazu.
„Man möchte sich glatt noch ein paar Jahre hinweglügen, um so etwas ins Bett zu kriegen, nicht wahr?”
„Ganz meine Meinung. Und sieh Dir an, wie er seinen Schwanz zur Schau stellt. Ich fange gleich an, in meinem Paß zu radieren.” Aufgeregt saugte sie am Strohhalm, der in ihrem Cocktail steckte.
„Wer sagt Euch denn, daß er nicht auf wirkliche