Er bekam keine Antwort, was sehr schlecht war! Er trat auf seinen Adjutant zu und schaute ihn scharf an. Dann ergriff er dessen Hand und drückte die Finger nach hinten. Sein Gegenüber ging in die Knie . 'My Lord' schmetterte die schmerzende Hand zu Boden und trat mit seinen eisenbeschlagenen Springerstiefel auf seine Finger. Das war eine Bewegungsabfolge, die nur er so perfekt beherrschte. Noch hatte er nicht sein ganzes Gewicht auf die Hand seines Gegners gestellt, der sich räusperte, um eine Bemerkung zu machen: „De-e-e-r Mo-o-o-t-o-o-o-r wird gewa-a-a-rtet!“
„Warum macht ihr das nicht Nachts?“
„Zu we-e-en-i-i-g Li-i-i-cht!“
Jetzt trat er voll auf die Finger und der Adjutant jaulte auf. Lakencourt machte keine Anstalten, ihn frei zu lassen. Er schien es zu genießen, seinem Gegenüber Schmerzen zu bereiten und grinste diabolisch.
„Beeilt euch, ihr faules Pack!“ brüllte der Boss: „Ich will in 10 Minuten abfahren.“ Er schaute auf seine goldene Breitling und stampfte noch einmal auf die Hand unter seinen Stiefeln. Da war inzwischen alles rot von Blut. Der Besitzer der Hand wimmerte nur noch. Danach drückte er seine brennende Zigarette auf dem Handrücken aus. Die Glut zischte auf der Haut.
Er ging ins Haus und lies sich von seinem Butler einen Whiskey servieren. Alle wussten, wenn er wütend war und dann auch noch trank, war alles zu spät.
Auf die Sekunde genau nach 10 Minuten stand der 'Leo' ab fahrbereit. Die Schornsteine der Holzvergaser stießen schwarze Rauchschwaden aus. Lakencourt schwang sich auf seinen Thron und befahl: „Nach Weilheim, italienisches Viertel!“ Die Menschen, die dort wohnten, taten der Panzer-Besatzung schon jetzt leid.
Dieser fuhr Richtung Westen. Dort trafen sie die alte A95, die lediglich eine Schneise durch den Wald darstellte. Der Asphalt war verbrannt. Dem 'Leo' machte es nichts aus, auf dem darunterliegenden Schotter zu fahren. Im Gegenteil es war wenig holprig als Querfeld ein. Bei St. Heinrich trafen sie auf den See und fuhren um das Südufer.
Zuvor im Café 'Hirn' lies er halten und trank eine Halbe, natürlich aufs Haus! Dort war er der anerkannte 'King of Upperbavaria' und alle zollten ihm demütig Tribut, wie ehemals dem Kini, nachdem er ihnen brutal auf die Hand getreten war. Manchmal musste er auch die zweite Hand foltern, selten aber andere Extremitäten. Das Café schloss im Jahre 2004, erstand allerdings kurz vor der Katastrophe wieder neu. Irgendeiner erinnerte sich an den alten, interessanten Namen für eine Traditions-Wirtschaft nahe am See.
Aus den Gesichtern der alten Seeshaupter war zu lesen: Wohin fährt er? Wer ist jetzt auf seiner Liste und wird von ihm beehrt? Geht er Richtung Penzberg oder Weilheim? Kann man noch jemand warnen? Nachdem dritten Glas Bier schwang der 'Lord' sich wieder auf seinen Sitz, der Leo brüllte auf und fuhr los. Mitten über den ehemaligen Sportplatz. Den übrig gebliebenen Pfosten eines Fußballtores mähte er mühelos um.
Dann überquerten sie die Schienen der Bahn, die einmal nach Kochel gefahren war.
Alle sahen es. Es ging über die alte kaputte Staatsstraße in Richtung Magnetsried. Das Vorwarnsystem des Widerstandes setzte sich in Bewegung und versuchte alle in diesem Areal wohnende Menschen zu warnen.
An einem Apfelbaum, der sehr geschützt in einer kleinen Senke stand. Vielleicht waren es sogar ein Gewürzluiken, die normaler weise nur in Württemberg und Baden vor Urzeiten angepflanzt und gezüchtet worden waren. Am Stamm dieses Baumes hing eine Art Plakat mit der Aufschrift:
Darunter war eine entsprechende Karikatur mit einem Steckbrief-Gesicht, das zweifelsohne gut erkennbar war. Darüber hinaus sah man ein Panzer mit einem angeschweißten Thron. Es war ein Holzschnitt und künstlerisch durch aus als hochwertig zu bezeichnen. Die Angst vor dem Ungeheuer wurde durch eine dunkle Wolke und die Gegenwehr durch eine sehr dünne weiße Rauchfahne angedeutet. In der linken oberen Ecke sah man eine sehr kleine Signatur 'Wassy'. Dummerweise war sie lesbar. Wie unvorsichtig von dem Künstler!
Lakencourt sah von weitem diesen Zettel am Baum und ließ den Leo dort anhalten. Einer seiner Schergen holte das Blatt und überreichte es ihm. Er wurde rasend, stieß den Überbringer vom Panzer, obwohl dieser völlig unschuldig war! Krachend viel er in eine Brennnesselhecke, schrie laut auf und blieb liegen. Es musste ihm sicher einige Rippen gebrochen haben.
Lakencourt brüllte wie ein Löwe: „Wenn ich den erwische! Zwergenaufstand in meinem Revier! Ich werde sie alle zermalmen! Gebt mir etwas zu trinken!“ Schon holte ein anderer seiner Lakaien eine Flasche Rum und übergab sie demütig. Der Boss nahm die Flasche und stieß auch diesen vom Turm zu den Brennnesseln. Dann setzte er die Flasche an, um seinen Jähzorn zu besänftigen. Er trank sie in wenigen Zügen vollständig aus und warf sie ins hohe Gebüsch. Dort schrie plötzlich jemand auf; offensichtlich hatte die Flasche wohl einen der beiden Lakaien an den Kopf getroffen, obwohl man niemand in dem Gebüsch ausmachen konnte.
„Weiterfahren!“ brüllte er dann. Aber es passierte nichts. „Warum geht es nicht weiter?“ Seine Stimme schwoll immer mehr an. Dann krabbelte einer aus der Panzerturmluke. Er hatte einen Stahlhelm auf und versuchte sich mit seinen Armen vor einem vermeintlichen Angriff des Chefs zu wehren, wobei er großen Abstand hielt! Mit dünner Stimme teilte er mit: „Die beiden Fahrer liegen da unten in den Brennnesseln! Sie sind die Einzigen, die das Gefährt steuern können!“
Lakencourt fluchte und suchte ein Wurfgeschoss in seiner Reichweite, fand aber nichts.
„Scheißladen!“
Dieser, sein Schrei, war sicher bis auf der Zugspitze zu hören. Dann stand er auf, hangelte sich um den Geschützturm, um in die Luke hinab zusteigen. Sein Lakai mit dem Stahlhelm und der dünnen Stimme war inzwischen von dem Turm gesprungen und rannte durch die Brennnesseln davon.
Daraufhin hörte man den Porsche-Motor aufjaulen und der Panzer fuhr ruckartig rückwärts und legte den schönen Gewürzluiken-Baum um.
Eine Schneise der Verwüstung, genau so breit wie ein Leopard II, war von Seeshaupt bis nach Wolfratshausen zu sehen.
Offensichtlich hatte der Warlord für heute die Nase voll!
Anitra versucht Bilder in Schwabing zu verkaufen
Am Elisabethplatz, Mitten in Schwabing gab es einen privaten Kunstmarkt. Dorthin machte sie sich ab und zu auf, um Bilder von Marcsi und Wassy zu verkaufen. Das Geschäft mit Kunst war alles andere als boomend. Wer hatte schon übrige Kompensationseinheiten in Zeiten, wo das nackte Überleben im Vordergrund stand.
Sie wollte auch etwas beitragen und deshalb machte sie sich auf die mühsame Reise, die jedoch jetzt etwas einfacher war, nachdem die Gleise der Werdenfelsbahn wieder repariert werden konnten und selten, aber immerhin überhaupt, eine Bahn in die bayerische Hauptstadt fuhr.
Sie war nie ohne ihr Rad unterwegs, es sei denn sie ritt mit Ajax aus. Ihr altes schwarzes Herrenfahrrad. Mayr hatte es ihr für viele Kompensationseinheiten verkauft. Das Rad als Zeichen der Unabhängigkeit der Frau. Schon deswegen hatte sie es immer bei ihr. Diesmal hatte sie auch einen kleinen Anhänger angeklickt auf dem Klappstuhl und -tisch sowie einige eingepackte Bilder mit Stricken fest gesurrt waren.
Am Starnberger Kopfbahnhof spannte sie den Anhänger hinter das Rad und trat in die Pedale.
Am Elisabethplatz angekommen, baute sie ihren Stand auf. Heute war sie irgendwie etwas lethargisch und strotzte nicht gerade vor Energie. Dennoch war sie immer auf der Hut und horchte, ob nicht ein besonders dröhnendes Motorengeräusch zu hören war. Alle, die dort verkauften hatten Angst, der Warlord würde auftauchen, um sie zu Abgaben zu zwingen. Was noch die harmloseste Formulierung darstellt. Es gab ausreichend Berichte über die Foltermethoden, wenn diejenigen, die Umsätze erzielten nicht von sich aus kamen, um ihre Abgaben ordnungsgemäß 'anzumelden'.
Sie packte die Bilder aus und war innerlich schon wieder erbost: Städteansichten von Moskau nicht von München. Bilder aus denen die klirrende Kälte des russischen