Fürstin des Nordens - Trilogy. Juryk Barelhaven. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Juryk Barelhaven
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754189160
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begleiten?“

      Axel nickte. „Es ist nur der übliche Rundgang. Es könnte eher langweilig werden.“

      „Nein, schon gut.“

      „Wie Ihr wollt.“

      „Hast du denn keine Angst?“ fragte sie ihn, als sie durch die Düsternis des aufkommenden Abends durch die Gassen schlenderten.

      „Nein.“

      „Aber es könnten überall Schurken und Halunken auf der Lauer liegen.“

      „Oh, ja. Aber ich bin schon seit einer ganzen Weile nicht mehr belästigt worden.“

      „Fürchtet man vielleicht deine Uniform?“

      „Möglich“, räumte Axel ein.

      „Vermutlich haben die Leute gelernt, Respekt davor zu haben. Ich finde Gefallen an Männerhosen. Könnte ich mir ein paar Hosen von euch leihen?“

      „Nicht die von Gaver, oder?“

      Beide lachten ungezwungen. Claudile schüttelte den Kopf. „Wie lange bist du schon hier?“

      „Ich kam erst vor einem Jahr hier an.“

      „Vor einem Jahr verschwand auch Alexandra Häberlein“, erwiderte sie beiläufig und blickte interessiert in ein Schaufenster, das frischen Wolfspelz anbot.

      Er zuckte leicht zusammen.

      „Äh… entschuldigt bitte, aber… Ihr kamt mit einem Problem zu mir?“

      „Schön, dass du fragst“, sie lächelte knapp. „Ich bin der Spur des Barons gefolgt, so gut es ging. Sie verliert sich in einem alten Silberstollen. Nur, damit ihr von der Wache Bescheid wisst. Er wird seiner Strafe nicht entgehen.“

      „Das… ist gut zu wissen.“

      „Mir wurde heute gewahr, dass sich wohl eine kleine Religionsgemeinschaft gebildet haben könnte“, erklärte sie wie beiläufig. „Du weist nicht zufällig etwas darüber?“

      „Nein.“

      Sie forschte in seinem Blick und fand nichts anderes als Aufrichtigkeit. „Gut, dann belasse ich es dabei. Wo wohnst du?“

      „Ich wohne bei meinem Onkel“, sagte Axel.

      „Man braucht einen Ort, wo man sich selbst entfalten kann. Wie ist es da so?“

      „Ach, nicht sehr gemütlich. Mein Onkel ist Gerber und redet von nichts anderem. Vom Geld machen und so.“

      „Ich dachte, Menschen lieben Gold.“

      Axel verharrte kurz und suchte offensichtlich nach Worten. Dann erklärte er: „Nicht alle. Ruhe und Frieden sind auch sehr wichtig.“

      „Familie, möchte ich meinen.“ Sie lächelte kokett ihm zu. „Es muss schön sein, eine Familie zu haben. Aber es gibt bestimmt auch interessantere Themen wie Familie und Geld.“

      „Zum Beispiel?“ fragte er lauernd und blickte sich um. „Wo sind wir?“

      Sie standen beide am Scheideweg einer kleinen Kreuzung.

      Claudile hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt und blickte vielsagend zu einem Schild, das an der Mauer eines Hauses genagelt war.

       Tuchmüllenstraße.

      Axel starrte sie an und sagte kein Wort.

      „Wie tragisch. Es muss schlimm gewesen. Eine große Familie stirbt in den Flammen. Vor einem Jahr.“ Claudile schaute nach links und rechts und witterte kurz. Sie waren allein. Kein Zweifel. „Seltsam, dass ein Stadtwächter diese Straße nicht kennt“, bemerkte sie höflich. „Wir könnten auch über Frisuren reden. Oder Kleidung. Ver…kleidung.“

      Axel Gesicht gefror zu einer starren Maske. Langsam erschlafften seine Schultern.

      „Mich stört es nicht. Du beweist Einfallsreichtum.“

      „Das habt Ihr extra gemacht!“

      „Ja, das wollte ich geklärt wissen“, meinte sie jovial und trat näher heran. „Es liegt am Geruch, musst du wissen. Den Baron Mattes Lyren konntest du täuschen, wahrscheinlich weil er die meiste Zeit betrunken und seine feine Nase schon fast taub war von dem billigen Fusel.“

      Axel errötete und nahm seine Mütze ab. „Alexandra Häberlein, Euch zu Diensten.“

      Hauptmann Gaver starrte auf die Menge vor sich im Saal. Auf der Liste der Dinge, die er besonders gut konnte, kam Starren an zweiter Stelle, direkt nach reglosem Hocken. Er brachte immer die besten Leistungen, wenn es darum ging, nichts zu tun. Einfach wie erstarrt dasitzen – das war seine größte Stärke. Er war auf eine besondere Art Dumm, die eine gewisse Faulheit voraussetzte. Zu seinem Glück gab es unter den Leuten keine nennenswerten Verbrechen.

      Als die Menge sich nach und nach lichtete, und die meisten mit Säcken voller Geld verschwanden, trat er vor und versuchte sein Glück.

      Francesco sah ihn fragend an.

      Gaver nickte. Ganz in seinem Universum vertieft.

      „Du musst schon etwas sagen, wenn du etwas willst“, knurrte Francesco leise.

      „Ich komme von der Stadtwache, Herr.“ Er bearbeitete beim Sprechen eine Lücke im Zahn, hinter der sich etwas vom Mittagessen verkrümelt hatte. Er wartete geduldig, bis die Zunge das Stück loseisen konnte und nickte glücklich.

      „Und?“

      Gavers Handfläche tauchte auf. Er hatte wohlweislich etwas aufgeschrieben. „Nja, Ich bin Gaver“, las er tapfer ab. „Wir benötigen ein neues Sitzkissen.“

      Francesco starrte ihn an.

      „Was-?“

      „Die Sitzkissen sind ganz durchgescheuert, also besser zwei oder drei. Lavendel finde ich schön. Aber du solltest wissen, Herr, nja, dass wir nicht nur arbeiten!“

      „Ach?“

      „Wir brauchen eine neue Pfanne, Herr.“ Er schniefte leise. Etwas hatte sich in seinem linken Nasenloch gebildet. Starr vor Staunen beobachtete Francesco wie sich sein Finger hob. „Und der Winter naht, Herr. Ein neuer Ofen wäre nicht schlecht, nja. Etwas Kohle dazu, eine neue Pfanne und ich mache die besten Speckkartoffeln, die du dir vorstellen kannst. Ist kein Witz, Herr.“

      „Bitte benutz ein Taschentuch. Willst du Geld, Mann? Schulden wir euch Gehalt? Wenn ja, wieviel?“

      Gaver erstarrte, blickte Francesco aus großen Augen an und hob langsam die rechte Hand, um davon abzulesen. „Wir… haben… Gehalt von Juli bis August… und das kann ich nicht lesen!“

      „Gibt es eine Mama oder einen Papa, mit dem ich reden dürfte?“ half Francesco aus und spürte, wie sich sein Nacken verspannte. „Jetzt verstehe ich, warum du als Letzter kommst.“

      Das letzte Haus in der Tuchmüllenstraße war ein einsames, bis auf die Grundfesten niedergebranntes Gemäuer. Die Balken waren schief und krumm, aus der Asche sprossen vereinzelt Setzlinge. Nach über einem Jahr hatte niemand daran gedacht eine Neues zu bauen. Zum Glück der Stadt war es an der Mauer gelegen, so dass die Flammen kaum Chancen hatten, überzugreifen. Brände in Städten konnten alles zerstören – das war kein Geheimnis.

      Alexandra Häberlein setzte sich schweratmend auf einen Stein und starrte in die erkaltete Asche. Mehr und mehr sackte sie in sich zusammen, bis sie ihr Gesicht verbarg. Lautes Schluchzen ließ Claudile dazu herab, sich zu ihr zu setzen. „Er war so gemein“, schniefte sie leise und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. „Meine Brüder und meine Mutter! Wir haben versucht ihn festzuhalten, doch er war zu stark. Er hatte schon viel getrunken und dann…“

      Claudile stöhnte leise mitfühlend und tätschelte ihr die Schulter. „Es war bestimmt anstrengend, die