„Wir?“ Mike sah seinen Kumpel ungläubig an. „Vertrau mir, kein Scheiß, versprochen!“ Rocky stand auf und nickte Mike zu, dann ging er zur Tür.
Mike begleitete Rocky zur Tür um ihn mit einem Handschlag zu verabschieden. Dann sagte er: „18.30 Uhr geht in Ordnung.“ Anschließend schloss er die Tür, drehte sich um und da stand Gabi wieder hinter ihm.
„Ist er weg?“ fragte sie.
„Ja, komm her Süße.“ Gabi ging zwei Schritte auf Mike zu, blieb kurz stehen bevor sie den letzten Schritt auf ihn zutat. Er griff ihr mit der linken Hand an den Hinterkopf. „Ich hab einige Dinge zu erledigen. Tu mir einen Gefallen, in der schwarzen Vase im Wohnzimmer sind ein paar Euros, besorg ein bisschen was für den Kühlschrank. Dann mach dir einen schönen Tag. Morgen Abend um 21.00 Uhr bist du wieder hier, in Strapsen, String und BH, auf meinem Bett. Ich geb unten Bescheid, verstanden!“
„Verstanden!“ gab Gabi mit leuchten Augen wieder. Dann küsste er sie fest und innig. Seine Zunge schmeckte noch nach Kaffee, Milch und Zucker. Gabi genoss diesen tiefen Kuss. Sie fühlte sich wohl so nah bei ihm, obwohl oder gerade, weil er sie öfter hart anfasste.
Nachdem er nocheinmal geduscht hatte, zog Mike sich an und fuhr mit dem Aufzug in die Lobby. Unten angekommen stellte er fest dass heute Sebastian genannt „Peppi“ Dienst hatte. Peppi war ein Prospect der seit fast einem halben Jahr beim MC war. Der kleine war kaum größer als Gabi, hatte kurze braune Haare und eine kleine spitze Nase. Er wirkte wie ein Schüler, und es war im auch bewusst. Um als Badboy durchzugehen ließ er sich seine Arme tätowieren, weil er glaubte so wirkte er böse. Doch um wirklich als böse zu gelten bräuchte der kleine Kerl mehr als Tattoos, z.B.: ein paar Muskeln. „Hey Peppi!“ rief Mike als er den Aufzug verlies „Gabi die Schnecke von gestern ist noch oben in meiner Wohnung. Ich hab sie einkaufen geschickt. Wenn sie zurück kommt lässt du sie wieder rein, und morgen Abend auch, kapiert?“
„Ja, Mike. Kein Problem.“ war die prompte Antwort des Kleinen.
Mike nickte, Peppi war im eigentlich scheiß egal, er war ihm auch nicht böse das er Rocky einfach so zu ihm rauf ließ, obwohl dies
er kein Mitglied des Clubs war. Er wusste das Rocky durchaus auch dem ein oder anderen Outlawbiker Respekt abnötigte. Auch wenn diese es nicht zugeben würden.
Draußen vor der großen Glastür, des im modernen Stil gehaltenen Wohnhauses, setzte Mike sich auf seine Harley, eine Fat Boy, und fuhr Richtung Clubhaus.
Bruderschaft 3
Am Gelände des Clubs, ein ehemaliger Industriekomplex, angekommen drückte Mike am Tor den Knopf der Sprechanlage. Das Stahlgittertor, das mit S-Draht gesichert war, schob sich mit einem Summen langsam nach rechts auf. Mike fuhr mit seiner Harley, die durch den verlängerten Schalthebel und nach vorne verlegte Fußbremse seiner Größe angepasst war, die lange gerade Straße Richtung Clubhaus. Sein Auspuff dröhnte, sein Sitz vibrierte, die Sonne schien ihm ins Gesicht und nach der Party und dem vielen Sex, seit gestern und heute fühlte er sich in diesem Moment richtig gut. Der MC kaufte einen Teil des ehemaligen Industriegeländes, und eröffnete darauf ein Wellnessbordell mit angeschlossenem Laufhaus, sowie eines seiner Fitnessstudios.
Das Clubhaus des MC war eine ausgemusterte Industriehalle für Spediteure. Die großen Rolltore waren alle, bis auf eins, zugemauert worden. Die Laderampe wurde so verlängert und verbreitert, dass sie ihnen, durch das letzte verbliebene Rolltor, mit der Harley, locker als Einfahrt dienen konnte. Als Sergeant at Arms hatte Mike einen Schlüssel für jede Tür des Clubhaus. Er fuhr wie gewohnt die Auffahrt rauf, griff kurz in seine Hosentasche wo er den automatischen Öffner fürs Rolltor betätigte, um dann direkt mit der Maschine ins Clubhaus zu fahren. Das erste Drittel der Halle war als Parkplatz vorgesehen. Mike lenkte seine Fat Boy auf einen der hinteren Plätze. Dann ging er die gut fünf Meter zum eigentlichen Haupteingang. Eine gemauerte Wand mit einer schlichten grünen Metalltür trennte den Barraum des Clubhauses vom Parkplatz. Mike drückte die Klinke nach unten und zog die Tür auf.
Einige seiner Brüder waren entweder schon wieder da oder teilweise immer noch da von der gestrigen Party. Das Chapter des MC Gladius, hieß Southeast Crew, war das erste in Bayern und eines der ersten des Clubs überhaupt. Es bestand aus 41 Fullmembern und 12 Prospects sowie einigen Hangarounds. Von denen die meisten sich trotz erkennbarer Müdigkeit große Mühe gaben die Spuren der letzten Nacht zu beseitigen. Wolfgang „Gang“ der Road Captain lag, in den gleichen Klamotten wie gestern, alleine auf einer Couch in der hinteren rechten Ecke des Raums.
Die Bar selbst war zwölf Meter lang und aus mit Klarlack lackierter Eiche. Sie dominierte den an sich großen Raum. Die Zapfanlage bestand komplett aus Edelstahl und war mit 12 Fässern bestückbar. Dahinter holte sich sein Bruder Karl, genannt „Semmel“ gerade ein frisches Pils. „Hi, Mike alles klar bei dir?“ grinste Semmel ihn an, wobei er seine gelb grauen Zähne zeigte. Semmel war „nur“ Fullmember, klein und schmächtig von der Statur, er hatte kein spezielles Amt im Club inne. Allerdings war er eines der Gründungsmitglieder dieses Clubs, und schon weit über 50 Jahre alt. Er kam vor acht Monaten ins Chapter nachdem er seinem Presi in seinem eigentlich angestammten Chapter auf die Schuhe kotzte. Da das anscheinend nicht seine erste Entgleisung war stand er kurz vor einer Suspendierung durch den Club. Als Semmel davon Wind bekam nahm er Kontakt zu Mikes Presi auf, der den Wechsel dann klar machte. Mike war sich sicher dass Semmel damals nur Member wurde um sich trotz Arbeitslosigkeit regelmäßig in der Clubbar ein paar Bier genehmigen zu können. Mike hob die Hand zum Gruß und erwiderte: „Immer!“
An den Wänden des Barraums hingen diverse Bilder von Harley Davidson Motorrädern und nackten Frauen. Einige aus dem Playboy, andere aus „härteren Magazinen“.
Mario „Nudel“ stand im Clubraum ganz hinten, der wiederum mit einer weiteren Metalltür vom Barraum getrennt war. Dieser Raum stand nur den Fullmembern zur Verfügung, sollte für alle anderen, auch für die Prospects und Hangarounds, heißen ihr habt hier drin nichts verloren. Der Clubraum war genau so lang wie der Barraum, aber etwas schmaler. Das einzige was sich darin befand war ein langer Tisch, der trotz Freundschaftspreis eines befreundeten Schreiners, etliche Tausendeuro kostete. Der Tisch bestand aus Massivholz und war so lang das alle Member bequem daran Platz nehmen konnten. Mario „Nudel“ war der Presi des Clubs. Ein 42jähriger Mann, mit einem leichten Hang zum Sadismus. Er war körperlich nicht sehr fit aber wie Mike über 1,90 groß und mit ordentlichem Bauch gut 110 Kg schwer. Ansonsten fielen seine kurzen stark nachhinten gegelten Haare, und seine beiden schwarzen Tunnelohrringe, sowie sein bis unters Kinn tätowierter Hals auf. Seine Führungsqualitäten waren alles andere als hochwertig, aber er schreckte vor fast nichts zurück. Was ihn für den Club zu einem wertvollen Member machte. Bei ihm im Clubraum stand Tom „Euro“ der Master of Treasury, also der Schatzmeiser des Clubs. Tom war kein typischer Biker. Er war zwar gut 1,83 groß sportlich und Ex-Boxer, doch er hatte auch in BWL und Psychologie promoviert. Der Mann war schlicht und einfach ein Genie, vor allem im Finanzbereich. Tom war es, der aus einem mittelmäßigen MC eine finanzstarke Organisation machte, und er war es, dem der Club seinen Wohlstand verdankte. Natürlich fiel das andern Clubs und Konkurrenten auf. Was der Grund war warum „Euro“ schon die ein oder andere Morddrohung erhielt. Daher hatte „Nudel“ seinen Bodyguard Mike oft dazu abgestellt bei Treffen oder Veranstaltung auf Tom aufzupassen. Diese Zeit die die zwei Männer dadurch miteinander verbrachten führte dazu, dass sie sich sehr gut kennenlernten, und obwohl Mike den Banker, wie er Tom bei seinem Eintritt in den MC nannte, am Anfang nicht zutraute ein Fullmember zu werden, letztendlich doch zu schätzen lernte. Tom kam auf Mike zu und lächelte, Mike erwiderte das freundliche Gesicht seines Bruders und reichte ihm die Hand zum Gruß. Tom schlug ein, Mike zog ihn an sich heran und die beiden umarmten sich. In der Umarmung der beiden klingelte Toms Handy. Normalerweise schalteten die Biker ihre Handys aus im Clubhaus, aber da Tom alle Finanzgeschäfte des Clubs regelte, galt für ihn hier eine Sonderregelung. Doch dieses Mal war es keine Bank oder der Steuerberater der Tom sprechen wollte.
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