Antonia: Hahaha!
Nanna: Nach ihm traf das Los den Prälaten, der legte die Lanze ein und ritt und traf den Freund in dieselbe Stelle, wo dieser die Nonne getroffen hatte. So standen sie fest wie Grenzsteine zwischen zwei Äckern. Das dritte Los traf dann ein Nönnlein, und da sie keine Lanze von Kernholz hatte, nahm sie eine von Glas und jagte sie im ersten Anlauf dem General von hinten hinein, während sie, um auch selber nicht zu kurz zu kommen, die Schellen in ihrem Venustempel unterbrachte.
Antonia: Wohl bekomm's!
Nanna: Gleich darauf kam der zweite Mönch dran, weil er das nächste Los zog; der zielte gut und traf mit dem Pfeil sofort ins Schwarze, die zweite Nonne aber machte es wie ihre Kameradin und stieß die Lanze mit den beiden Kugeln in das Utriusque des Jünglings, der sich von dem Stoß krümmte wie ein Aal. Endlich kamen der letzte und die letzte dran, und da gab's viel zu lachen, denn sie begrub den gläsernen Zuckerstengel, den sie am Morgen beim Frühstück erwischt hatte, tief in den hinteren Schlund ihrer Schwester im Herrn; das Klosterbrüderchen aber, das ganz zuletzt übrigblieb, pflanzte ihr seinen Lanzenschaft zwischen die Hinterbacken. Und das Ganze sah aus wie ein Bratspieß voll verdammter Seelen, die Satanas zu Meister Luzifers Karneval sich fürs Höllenfeuer herrichten wollte.
Antonia: Hahaha! Das muß famos gewesen sein.
Nanna: Die Schieläugige war ein äußerst spaßhaftes Nönnchen und machte, während alle drückten und schoben, die reizendsten Witze von der Welt. Darüber mußte ich so fürchterlich lachen, daß man mich hörte, worauf ich es für geratener hielt, mich zurückzuziehen. Nach einiger Zeit hörte ich in der Nebenzelle jemanden schimpfen und ging wieder an meinen Beobachtungsposten, um zu sehen, wer es gewesen wäre. Aber da fand ich die Spalte mit einem Bettuch verhängt, und so konnte ich das Ende des Ringelstechens nicht mit ansehen und erfuhr auch nicht, wer den Preis davontrug.
Antonia: Du läßt mir ja das Beste weg!
Nanna: Ja freilich – aber nur, weil's mir selber weggelassen wurde. Es ärgerte mich ganz abscheulich, daß ich das Eichel- und Eierspiel nicht weiter mit ansehen konnte. Aber während ich mich noch selber ausschalt, daß ich mich mit meinem Gelächter um die erbauliche Predigt gebracht, hörte ich plötzlich etwas Neues.
Antonia: Was denn? Sag's doch schnell!
Nanna: Durch die Spalten in meiner Wand konnte ich drei Zellen überblicken.
Antonia: Da bestanden wohl die Mauern aus lauter Löchern. Ein Sieb ist ja gar nichts dagegen!
Nanna: Ich denke mir, sie haben sich mit dem Zustopfen der Löcher keine große Mühe gemacht, weil sie auf diese Weise gegenseitig ihr Vergnügen aneinander hatten. Genug – ich höre ein Stöhnen und Seufzen, ein Pusten und Schnaufen, wie wenn da zehn Personen wären, die im Traum der Alp drückte; ich spitze die Ohren und höre – es war an der Wand, die der anderen, hinter der das Lanzenbrechen stattfand, gegenüberlag – und höre in ganz gedämpftem Tone sprechen. Schnell hab ich das Auge an der Ritze, und da sehe ich dir, die Beine hoch in der Luft, zwei Nönnchen, fett und frisch, mit vier Schenkeln weiß und rund und hübsch quabbelig wie Schlickermilch. Jede hielt in der Hand ihre Glasrübe, und die eine hub an und sprach zur anderen: »Was für ein Blödsinn, sich einzubilden, für unseren Appetit genügten solche Schmutzdinger, die nicht küssen können, die keine Zunge haben und keine Finger, um unsere Klaviatur damit zu bearbeiten! Und selbst, wenn sie das alles hätten – ich bitte dich, da die Nachbildungen uns schon solche Wonnen bereiten, wieviel würden wir erst von den lebendigen haben! Ja, wir können wohl mit Recht von uns sagen ›Arme Dinger!‹, wenn wir unsere ganze Jugend hindurch auf diese gläsernen Notbehelfe angewiesen sind!« – »Weißt du was, Schwesterchen?« antwortete die andere, »ich will dir einen Rat geben: komm mit mir!« – »Und wohin gehst du?« fragte jene. »Ich? Sobald es Nacht ist, brenn ich durch und geh mit einem jungen Mann nach Neapel; sein bester Freund reist auch mit, und der wäre gerade dein Fall! Ja, heraus aus dieser Spelunke, aus diesem Grab, und genießen wir unsere Jugend, wie es allen Frauen zukommt!« – Sie hätte gar nicht soviel Worte zu machen brauchen, denn die andere war von leichtem Kaliber und erklärte sich sofort bereit. Sowie sie sich darüber einig waren, warfen sie beide gleichzeitig ihre Glasstengel gegen die Wand; um aber den Lärm zu verdecken, den das machte, schrien sie aus Leibeskräften: Katz! Katz! Katz!, als ob die Katzen ihre Nachttöpfe und was sonst noch an Geschirr da war, zerbrochen hätten. Dann sprangen sie aus dem Bett, packten ihre besten Sachen zusammen und verließen die Kammer. Ich war nun wieder allein, da hörte ich plötzlich ein Klatschen, wie wenn einer mit den flachen Händen auf ein paar nackte Schenkel schlüge, und ein ›Ach!‹ und ›O weh, ich Arme!‹ und ein Geräusch, wie wenn jemand sich mit den Nägeln das Gesicht zerkratzte, sich die Haare raufte und die Kleider zerrisse. Und so wahr ich hoffte, selig zu werden, ich glaubte, unser Glockenturm stände in Flammen! Schnell lege ich das Auge an eine Mauerritze, und da sehe ich, daß es unsere Ehrwürdige Mutter, die Frau Äbtissin, ist, die die Wehklagen des Apostels Jeremias anstimmt.
Antonia: Wie? Die Äbtissin?
Nanna: Die fromme Nonnenmutter, die Beschützerin unseres Klosters.
Antonia: Was fehlte ihr denn?
Nanna: Soweit ich das beurteilen kann, war sie von ihrem Beichtvater ermordet worden.
Antonia: Wieso denn?
Nanna: Mitten in der allerschönsten Arbeit hatte er den Stöpsel aus der Flasche gezogen und wollte ihn ins Moschustöpfchen stecken. Und da war nun die Ärmste ganz außer sich vor Erregung, ganz saft- und schweißüberströmt! Auf die Knie warf sie sich vor ihm und beschwor ihn bei den heiligen Wundenmalen, bei den Schmerzen, bei den Sieben Freuden, beim Paternoster von San Juliano, bei den Sieben Bußpsalmen, bei den Heiligen Drei Königen, beim Stern von Bethlehem und bei den Sancta sanctorum. Aber sie konnte diesen Nero, diesen Kain, diesen Judas nicht dahin bringen, seine Wurzel wieder in ihr Gärtchen zu pflanzen. Und mit einem Gesicht wie Marforio, ganz giftgeschwollen, zwang er sie mit Gebärden und Drohungen, sich umzudrehen und ihren Kopf auf einen kleinen Ofen zu stützen. Und schnaufend wie ein Otter, Schaum vor dem Munde wie ein Oger, pflanzte er ihr seinen Ast in ihre Freudengrotte.
Antonia: Der verflixte Kerl!
Nanna: Und mit einer wahren Henkerslust, für die er tausendmal den Galgen verdient hätte, schob er ihn rein und zog ihn raus und lachte dabei in kindlicher Freude über das Geräusch, das der Zapfen bei diesem Schieben machte. Er hörte sich nämlich an wie jenes Quitsch-quatsch, das die Pilger mit ihren Füßen machen, wenn sie auf einen so kotigen Weg geraten sind, daß manchmal sogar ihre Schuhe drin steckenbleiben.
Antonia: Er verdiente, dafür gevierteilt zu werden!
Nanna: Die untröstliche Äbtissin aber, mit dem Kopf auf dem Ofen, glich der Seele eines Sodomiters im Höllenrachen. Endlich erlaubte ihr der Pater, von ihrem Flehen gerührt, den Kopf wieder zu erheben, und ohne herauszuziehen, trug der Kerl von einem Mönch auf seinem Pflock die Äbtissin zu einem Schemel hin. Auf diesen stützte sich die Märtyrerin und begann nun mit solchem Eifer sich hin und her zu werfen, daß im Vergleich mit ihr der begeistertste Orgelspieler in der Kirche unbeholfen und langsam erscheint. Wie wenn sie gar keine Knochen im Leibe gehabt hätte, drehte sie sich vollkommen um sich selbst. Als wollte sie des Beichtigers Lippen trinken und seine Zunge essen, streckte sie ihre eigene Zunge ganz weit hinaus, und ich kann dir versichern, sie war von der Zunge einer Kuh nicht zu unterscheiden. Schließlich klemmte sie seine Hand zwischen die Ränder ihres Koffers, und der Mönch mußte sich drehen und winden, wie wenn ihn eine Zunge festhielte.
Antonia: O wie köstlich, wie erfrischend! Wie hüpft mir das Herz vor Freuden!
Nanna: Endlich zog der heilige Mann die Schleusen auf, damit die Mühle wieder Wasser aufs Werk bekäme, und vollendete damit seine Arbeit. Dann trocknete er seinen Schlauch mit einem parfümierten Tüchlein ab, die gute Dame aber wischte ihre Flöte aus, und nach einem kurzen Weilchen umarmten sie sich, und der Pater sagte: »O mein Fasänchen, meine Pfauhenne, meine Taube, Seele aller Seelen, Herz aller Herzen, Leben aller Leben, erscheint es dir nicht angemessen, daß dein Narziß, dein Ganymed, dein Engel auch einmal deine Hinterwohnung