White Moon. Leni Anderson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leni Anderson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754146408
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Tisch abstellt.

      „Tut mir aufrichtig leid, Miss. Ich bringe Ihnen die Sahne sofort.“ Und schon eilt er davon.

      Chris prustet los.

      „Mist, hab ich das etwa laut gesagt?“

      „Hmmm“, murmelt Chris zustimmend, „unser Kellner scheint neu hier zu sein und dementsprechend wohl etwas, na sagen wir überbemüht.“ Grinsend schiebt er sich eine Erdbeere in den Mund.

      „Bist du öfter hier?“, frage ich und suche mir eins der Brötchen aus.

      „Eigentlich nicht. Vampire gehen nicht so oft Essen, weißt du.“

      Neugierig schaue ich von meinem Brötchen auf.

      „Nun, versteh mich nicht falsch“, fährt er fort. „Unser Hunger wird nur auf eine Weise gestillt, aber ein kleiner Snack gegen den Appetit hat noch keinem geschadet.“ Er zwinkert mir zu und nimmt sich eine weitere Erdbeere.

      Ich träufle etwas Honig auf mein Brötchen. „Woher weißt du dann, dass der Kellner neu hier ist?“ Ich beiße vorsichtig ab und könnte vor Genuss dahinschmelzen. Himmel, war das lecker. Das Letzte, was ich gegessen hatte, war gestern Abend ein Rest der Fettuccine, die ich zum Mittagessen hatte. Erst jetzt bemerke ich, wie hungrig ich bin.

      „Nur beobachtet. Er huscht wie ein nervöses Wiesel durch die Gegend und der Chef hat ihn schon mehrfach angefahren. Ergo: neu hier.“

      Wie auf sein Stichwort erscheint der Kellner mit einer Schale Sahne.

      „Danke.“ Ich lächle ihn freundlich an und habe ein wenig Mitleid mit ihm. Mit Stress auf der Arbeit kenne ich mich schließlich auch aus.

      Nachdem ich mein Honigbrötchen verspeist und eine weitere Tasse Kaffee getrunken habe, kann ich meine Neugier und Nervosität nicht länger zurückhalten.

      „Chris?“, setze ich vorsichtig an. „Ich glaube, du schuldest mir noch eine Erklärung.“

      Nun ist es an ihm, von seinem Brötchen aufzublicken und mir in die Augen zu sehen. Langsam schluckt er seinen letzten Bissen herunter und wischt sich den Mund mit einer Serviette ab.

      „Ich weiß, dass das alles mit Worten nur schwer zu fassen ist“, fängt er zögerlich an. „Darum bitte ich dich, hör auf dein Summen.“

      Das Summen.

      „Ich weiß, dass du Angst hast. Aber das brauchst du nicht. Es ist alles okay. Hör einfach hin.“ Chris bedeckt mich mit einem sanften Blick.

      Ich horche in mich hinein. Das Summen war allgegenwärtig. Zugegebenermaßen hatte ich schon versucht, es zu ignorieren. Aber es ließ sich nicht abstellen. Es war in meinen Zellen verankert. Und es sagte mir mit jeder Schwingung, dass Chris und auch Angel und Liam die Wahrheit gesagt hatten. Aber das auch zu akzeptieren, fällt mir nicht leicht.

      Ich atme seufzend aus und nehme einen Schluck Orangensaft. Nachdem ich das Glas wieder abgestellt habe, versuche ich meine Gefühle in Worte zu fassen.

      „Okay. Es gibt also Vampire. Hier bei uns und überall. Und du bist einer von ihnen. Der Szeneclub der Stadt wird in Wirklichkeit von deinesgleichen betrieben, was ihn zu einer Art Vampirtreffpunkt macht, den aber auch Menschen besuchen, deren Gedächtnis nach ihrem Besuch mittels eines Serums gelöscht wird. Hab ich es soweit zusammen?“ Ich sehe ihn fragend an.

      Er nickt zustimmend, schaut aber betreten in seine Tasse. Ich hatte wohl etwas vergessen. Oder übersehen.

      Und dann dämmerte es mir.

      „Oh mein Gott, ihr trinkt von uns.“ Wie Schuppen fällt es mir von den Augen. „Ihr holt uns jede Woche in euren Club, um von uns zu trinken, oder?“

      Chris schaut von seiner Tasse auf. „Ja, das stimmt.“ Ein Lächeln legt sich auf seine Lippen. Hatte er gar kein schlechtes Gewissen?

      „Doch, ein wenig schon.“ Er grinst mich an.

      „Bist du etwa schon wieder in meinem Kopf?“ Ich fasse es nicht!

      „Du bist gerade etwas aufgebracht und das kommt einer außerordentlichen Situation ziemlich nahe. Und in solchen Momenten kann ich ...“

      „Lass das!“, fauche ich ihn an. „Das ist unfair! Ich komme nicht in deinen Kopf. Oder?“

      Vielleicht konnte ich ja auch ...

      Abwehrend hebt er die Hände. „Schon gut. Bin schon raus. Und: Nein, kommst du nicht.“ Er zwinkert mir zu.

      Empörung macht sich in mir breit.

      Chris grins weiter vor sich hin.

      „Okay“, versuche ich mich soweit zu beruhigen. „Wir Menschen sind also euer“, ich zögere, „Abendessen. Oder, vermutlich der Dramaturgie geschuldet, eher euer Mitternachtssnack. Du unterbrichst mich, wenn ich falsch liege?“

      Er nickt zustimmend und gießt sich ebenfalls einen Orangensaft ein.

      „Du sagtest, ich käme seit zehn Wochen ins All in, ohne dass ich mich daran erinnern kann. Das bedeutet, ich lasse mich seit zehn Wochen von irgendjemanden dort aussaugen, ohne dass ich es weiß?“

      Er setzt sein Glas ab. „Nicht von irgendwem.“ Sein Blick wird ernst.

      Fuck.

      Ich verschlucke mich fast an der Erdbeere, die ich mir gerade mit etwas Sahne in den Mund gesteckt habe.

      Chris lehnt sich über den Tisch und flüstert mir ins Ohr: „Und ohne angeben zu wollen: Du schmeckst köstlich.“ Er lehnt sich wieder zurück und prostet mir mit dem Rest seines Orangensaftes zu.

      Ich bin sprachlos. Ich schwanke zwischen Ekel und Erregung. Chris hatte gerade nicht nur zugegeben, dass er von mir getrunken hatte, nein, er hatte auch noch gesagt, ich sei ... köstlich.

      Fuck.

      Das war irgendwie ... heiß. Ein Kribbeln macht sich zwischen meinen Beinen breit.

      Himmel ...

      In aller Ruhe tupfe ich mir mit einer Serviette den Mund ab und starre ihn provokativ an. Ich verschränke mit hart erkämpfter Gelassenheit die Arme vor der Brust und versuche, etwas Empörtes herauszubringen. Ich öffne den Mund, kann ihn aber nur schnappatmend wieder schließen.

      Chris grinst. Ohne den Blick von mir zu wenden gießt er uns ein Glas Champagner ein. Er reicht mir ein Glas.

      „Cheers!“

      Wir stoßen an.

      Ja, Champagner schien mir in dieser Situation doch genau das Richtige sein.

      Ich wende den Blick von ihm ab. Nachdenklich lasse ich meine Gedanken durch das Café schweifen und bleibe schließlich an einem kleinen Bild an der Wand nahe des Eingangs hängen. Es zeigt eine alte typisch englische Landschaft mit einem kleinen Cottage.

      „Hannah?“

      Ich schaue zu ihm zurück. „Warum mussten wir das All in gestern so schnell verlassen?“

      Dieses Mal lässt er mit seiner Antwort nicht so lange auf sich warten. „Weil Eric da war.“

      „Und wer ist Eric?“

      „Er ist einer unserer Anführer und der Besitzer des All in. Wenn Eric anwesend ist, wird unser Mitternachtssnack, wie du es so treffenderweise formuliert hast, meist ziemlich blutig. Ich wollte nicht, dass du dabei bist.“

      „Anführer? Heißt das, ihr seid Eric unterstellt?“

      „In gewisser Hinsicht schon. Jede Gruppe, ob groß oder klein, braucht jemanden, der sie führt und die Richtung vorgibt. Eric ist eben unser Anführer. Und er hat seinen Job viele Jahre gut gemacht.“

      Chris wirkt nachdenklich. „Aber in den letzten Jahren ist er stark vom Weg abgekommen.“

      „Wie das?“, frage ich nach. „Hat das mit euren