Rebeccas Schüler. Tira Beige. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tira Beige
Издательство: Bookwire
Серия: Rebeccas Schüler
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752924428
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an­nä­hernd so glimpf­lich ab­ge­lau­fen wäre …

      Doch schon, als sie sich den Kunst­räu­men nä­her­te, hör­te sie den Lärm auf dem Flur, der für ihre Oh­ren zur Be­las­tungs­pro­be wur­de. Andy und Mar­tin strit­ten sich laut­stark, wa­r­fen sich üble Be­lei­di­gun­gen an den Kopf, vul­gä­re Aus­drü­cke fie­len. Eine Mas­se an Schü­lern stand da­ne­ben und schau­te dem Trei­ben be­lus­tigt zu. Nie­mand griff ein, um die Streithäh­ne zu be­ru­hi­gen.

      Als Re­bec­ca ihre Klas­se er­reich­te, nahm kein Schü­ler No­tiz von ihr. Sie wur­de we­der be­grüßt noch dar­um ge­be­ten, die Aus­ein­an­der­set­zung zu schlich­ten. Die Ju­gend­li­chen wa­ren sich wohl der Er­folg­lo­sig­keit schon vor­her be­wusst.

      Statt­des­sen ging Re­bec­ca in der brei­ten Mas­se ih­rer Schü­ler un­ter. Als sie die Tür zum Kuns­t­raum auf­schloss, wa­ren Mar­tin und Andy die ein­zi­gen Schü­ler, die nicht nach drin­nen gin­gen, son­dern auf dem Gang ver­weil­ten.

      Mitt­ler­wei­le hat­te die Stun­de be­gon­nen, aber die Jun­gen stan­den noch im­mer vor der Tür und wa­r­fen sich Sät­ze in der Ju­gend­spra­che an den Kopf. »Al­ter, was willst’e von mir?«, schrie Andy.

      »Du sollst auf­hö­ren, bei El­len so schei­ße über mich zu la­bern, Al­ter! Checks doch end­lich, dass die nicht auf dich steht!«, gab Mar­tin über­le­gen zu­rück.

      »Boah, du bist ein Idi­ot!«, ent­fuhr es Andy.

      Re­bec­ca woll­te ein­mal Stär­ke be­wei­sen und rief ih­nen vom Kuns­t­raum aus zu: »Andy, Mar­tin. Die Stun­de hat be­gon­nen. Kommt rein!« Wie zu er­war­ten war, re­a­gier­te kei­ner der bei­den auf ihre Wor­te.

      »Die Alte will doch von dir ge­nau­so we­nig was. Die ist doch mit dem Ty­pen aus der 10c zu­sam­men. Bist du blind, Al­ter? Die ge­hen doch schon seit An­fang Ja­nu­ar mit­ein­an­der.«

      Andy war hoch­rot im Ge­sicht und auch Mar­tin sah aus, als wäre er je­den Au­gen­blick auf sei­nen Kon­tra­hen­ten los­ge­gan­gen. Eine Prü­ge­lei bahn­te sich an.

      Re­bec­ca sah den Klas­sen­spre­cher mit ei­nem Mäd­chen am vor­de­ren Tisch ste­hen. Sie wink­te ihn zu sich und bat ihn, die Jun­gen ins Zim­mer zu ho­len. Nach we­ni­gen Wor­ten be­ga­ben sich Mar­tin und Andy in den Raum, wür­dig­ten sich aber kei­nes Bli­ckes mehr. Re­bec­ca nutz­te die Auf­merk­sam­keit, die die Mit­schü­ler den bei­den Jungs wid­me­ten, um aus­zu­pa­cken.

      Da je­der der Acht­kläss­ler dar­auf war­te­te, wer als Ers­ter los­pol­tern wür­de, war es re­la­tiv ru­hig und Re­bec­ca konn­te zü­gig zur Be­grü­ßung der Klas­se schrei­ten. »Gu­ten Mor­gen.«

      »Mor­gen«, mur­mel­ten ihr ei­ni­ge Schü­ler ge­lang­weilt ent­ge­gen.

      »Ihr habt euch in den letz­ten Stun­den mit den Ta­ges­zei­ten in der Kunst aus­ein­an­der­ge­setzt, in­dem ihr selbst das The­ma künst­le­risch be­a­r­bei­tet habt. Heu­te ist un­se­re letz­te Stun­de vor Os­tern. Das heißt, dass wir das Pro­jekt ab­schlie­ßen wer­den. Ihr wer­det dazu eine neue Zei­chen­me­tho­de ken­nen­ler­nen.«

      Re­bec­ca über­leg­te, ob sie ih­ren Feh­ler zu­ge­ben soll­te oder nicht, be­schloss aber, die Wahr­heit zu sa­gen: »Lei­der habe ich das Me­tho­den­blatt zu Hau­se ver­ges­sen. Wir müs­sen im­pro­vi­sie­ren. Das dürf­te aber kein Pro­blem dar­stel­len.«

      Jule gei­fer­te: »Frau Pe­ters, bei uns tra­gen Sie sich feh­len­de Ma­te­ri­a­li­en so­fort ein. Wo ist die Spal­te im Klas­sen­buch, in der wir Ihre feh­len­den Un­ter­richts­mit­tel ein­tra­gen kön­nen?« Re­bec­cas Kie­fer mahl­te, wäh­rend die Klas­se johl­te.

      El­len trat nach. »In wel­ches Heft dür­fen wir ein­tra­gen, wenn Sie mal was nicht rich­tig ma­chen? Bei uns wird ja al­les gleich brüh­warm den El­tern er­zählt.«

      Es wur­de im­mer lau­ter. »Ge­nau!«, er­ho­ben sich be­ja­hen­de Stim­men. Die Si­tua­ti­on glitt Re­bec­ca aus den Hän­den und es­ka­lier­te in dem Mo­ment, als sie dar­über nach­dach­te, was zu tun war. Hilf­los schau­te sie in die Mas­se und es schien kei­nen Schü­ler mehr zu ge­ben, der sich für sie in die Bre­sche schla­gen woll­te.

      Jetzt räch­te sich, wie acht­los sie mit Schü­lern um­ging. Wie sehr sie den Be­ruf als blo­ßen Job, den es zu er­le­di­gen galt, an­sah. Ihre Ge­dan­ken ha­l­fen Re­bec­ca in dem Mo­ment nicht wei­ter und ihr »Pst« oder »Sch« brach­te kei­ne Bes­se­rung, weil es zu laut war, als dass sie noch Ge­hör fand. »Ruhe!«, schrie sie laut und hilf­los durch den Raum. Ver­geb­lich.

      »Hey!« Es half nichts. Je­der Schü­ler hat­te auf ein­mal et­was zu sa­gen, so­gar die ru­hi­gen Acht­kläss­ler schie­nen kein Hal­ten mehr zu ken­nen. Am liebs­ten wäre Re­bec­ca aus dem Klas­sen­zim­mer ge­rannt und an­ge­sichts der sie zer­flei­schen­den Klas­se nie­mals wie­der­ge­kom­men.

      Wenn jetzt nicht ein Wun­der ein­trat, war sie ge­lie­fert, so­viel stand fest. So­gar der Ver­such, den Klas­sen­spre­cher um Hil­fe zu bit­ten, schei­ter­te, denn un­ter der sich hoch­schrau­ben­den Laut­stär­ke ver­stand nie­mand mehr sein ei­ge­nes Wort.

      Auf ein­mal öff­ne­te sich mit ei­nem Hieb die Tür und Jan Kö­nig, ein Kol­le­ge, der un­ter den Leh­rern und Schü­lern als be­son­ders laut­stark ver­schri­en, aber als durch­set­zungs­star­ker Mann auf­zu­tre­ten ge­wohnt war, trat ener­gi­schen Schrit­tes in den Raum hin­ein. »Was ist denn hier los?«, pol­ter­te er auf­ge­regt und laut.

      Ne­be­n­an wa­ren die Wer­ken­räu­me, in de­nen der Leh­rer be­vor­zugt Un­ter­richt er­teil­te.

      Die Schü­ler er­starr­ten vor Schreck und mach­ten gro­ße Au­gen.

      »Es ist Stun­de!«, schrie er. Sein Ge­sicht war ab­so­lut ernst und kon­zen­triert. Die Ju­gend­li­chen kusch­ten über die al­les ein­neh­men­de Er­schei­nung Kö­nigs.

      Je­mand be­gann zu tu­scheln. »Was gibt’s denn da schon wie­der zu re­den? Es hat vor zehn Mi­nu­ten zum Un­ter­richt ge­klin­gelt und ihr lärmt hier her­um! Wie heißt du?«, frag­te er den Schü­ler, der sich ein kur­z­es Ge­mur­mel er­laubt hat­te.

      »Si­mon«, raun­te ei­ner der Acht­kläss­ler.

      »Si­mon. Aha. Wer­de mir den Na­men mer­ken. Wehe, du fällst mir un­an­ge­nehm in der Pau­se auf, Si­mon«, sag­te Kö­nig streng zu dem ei­gent­lich sonst stil­len Ju­gend­li­chen.

      »Wo ist ei­gent­lich euer Leh­rer?«, frag­te er su­chend in die Klas­se. »Wenn kein Leh­rer da ist, müsst ihr ins Se­kre­ta­ri­at ge­hen und das mel­den. Das schreibt die Haus­ord­nung vor.«

      Erst jetzt nahm der Kol­le­ge die am Lehrer­tisch ste­hen­de, ver­un­si­cher­te Re­bec­ca wahr. »Ah, Frau Pe­ters. Sie sind wohl eben erst ge­kom­men, wie?«, frag­te er sie. Vor Schreck, aber glü­ck­lich vor Er­leich­te­rung, dass er ihr ge­ra­de den Arsch ge­ret­tet hat­te, nick­te sie. »Gut«, gab er nun ge­las­se­ner zu­rück und ließ die Tür kra­chend ins Schloss fal­len.

      Die Schü­ler stan­den, wohl noch im­mer ein­ge­schüch­tert von der Er­schei­nung des Kol­le­gen, ge­wis­sen­haft an ih­rem Platz. Die schre­ck­e­r­füll­te At­mo­sphä­re hielt ei­ni­ge Mi­nu­ten an. Das lei­ses­te Quat­schen fiel auf, so­dass Re­bec­ca so­fort re­a­gie­ren konn­te.

      Auf