Das Blei der Bosse: Zwei Kriminalromane. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Серия: Extra Spannung
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742794529
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hinüber.

      Die Kollegen würden sich seiner annehmen. Er war entwaffnet, und mit dem verletzten Arm würde er ansonsten sowieso keine Gefahr mehr darstellen. Außerdem wusste er, dass ihn die Scharfschützen im Visier hatten. Weit konnte er jedenfalls nicht kommen, falls er trotz allem zu fliehen versuchte.

      Milo lief zum Restaurant zurück. Alles war jetzt hier taghell beleuchtet.

      Milo orientierte sich kurz. Er durchquerte das Restaurant und trat die breite Tür zum Kabinendurchgang auf. Gleichzeitig warf er sich in Deckung. Aber es wurde nicht auf ihn geschossen.

      Milo sprang hindurch und duckte sich nieder.

      Nein, hier befand sich niemand.

      Milo lief um die halbrunde Trennwand zur Küche herum und fand den hinteren Eingang.

      Vorsichtig fasste er nach dem Drehgriff, drehte ihn, bis das Schloss schnappte, und zog die Tür auf.

      5

      Ich sah, dass sich der Griff drehte, und wischte mit einer einzigen Bewegung die Töpfe vom Küchenblock, die sich vor mir auftürmten.

      Das machte einen Höllenlärm, der alles andere übertönte. Auch das Öffnen der Tür.

      Der eindringen wollte, blieb nicht in Deckung. Der Gangster musste direkt vor ihm liegen.

      Milo kam herein.

      Ich war erleichtert, denn ich hatte nicht sicher sein können, dass er es war.

      Der Killer hörte etwas und warf sich herum. Zu spät für ihn: Er schaute genau in die Mündung von Milos Waffe.

      Ich rannte um den Küchenblock und erreichte Milo.

      Der Killer lag vor uns am Boden. Er ließ die Waffe fallen und hob die Hände zum Zeichen des Aufgebens.

      Sein Gesicht war hasserfüllt, aber er hatte eingesehen, dass er keine Chance mehr hatte.

      "Wie viele sind noch an Bord?", fragte ich ihn.

      "Finde es heraus, G-man!", antwortete er und spuckte zu Boden. "Vielleicht ist es aber auch tödlich für dich?"

      "Ihr gebt wohl nicht so schnell auf, was?"

      "Der Boss mag das eben nicht. Ihm ist ein toter Kämpfer immer noch lieber als ein festgenommener."

      "Dann wird er diesmal genug Gelegenheit haben, sich fürchterlich aufzuregen", bemerkte Milo sarkastisch. "Nach Lage der Dinge gab es nur wenige Tote und dafür viele Festgenommene - bis jetzt."

      "Nur vorübergehend", versprach der Gangster. "Wir wissen, dass der Boss letzten Endes gewinnen wird. New York ist so gut wie sein. Dann sind wir wieder frei."

      Ich hatte den Mann noch nie zuvor gesehen. Genauso wenig wie die Blondine. Dessen war ich sicher. Und es gab noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie sprachen den unverkennbaren Akzent von der Westküste. Ein Zufall?

      Ich fesselte den Kerl mit Handschellen an den Küchenblock und sagte über Funk Bescheid, wo die Kollegen ihn finden konnten.

      Gerade wollten wir uns zum Gehen wenden, um das Schiff weiter zu durchsuchen, als ein Zittern durch das Schiff ging.

      Uns stockte unwillkürlich der Atem: Da hatte jemand die schweren Turbinen angeworfen. Das Zittern verstärkte sich. Die Turbinen brauchten Minuten, um ihre volle Kraft zu entfalten. Es war offensichtlich, dass die restlichen Gangster mitsamt dem Schiff fliehen wollten.

      Absolut hoffnungslos, denn notfalls würde man sie von den Schnellbooten aus mit leichten Schiffskanonen zur Aufgabe zwingen. Außerdem kamen schon die Kollegen die Passagierrampe herauf. Verhindern konnten die Gangster das nicht, denn schon beim Anlaufen der Turbinen nahmen die Scharfschützen die Kommandobrücke wieder unter Beschuss.

      Allerdings, einen Vorteil hatte diese Verzweiflungstat der Gangster durchaus: Wir wussten definitiv, wo sie zu finden waren. Nämlich auf der Brücke. Nur von dort aus konnten die Turbinen gestartet und das Schiff geführt werden.

      Wir liefen auf den Gang zu den Passagierkabinen hinaus. Ein paar Schritte weiter gab es einen Aufgang.

      Von draußen auf die Kommandobrücke zu steigen, war ein unnötiges Risiko. Aber auch von hier drinnen war es nicht gerade ungefährlich.

      Wir stiegen hinauf.

      Ein deutliches Rucken ging durch den Schiffsleib. Die Gangster wollten nicht warten, bis die Turbinen heiß genug waren. Sie gingen das Risiko ein, schon vorher mit dem ganzen Schiff die Flucht zu wagen.

      Damit würden sie im Moment sehr beschäftigt sein, zumal sie immer noch unter dem Feuer der Scharfschützen lagen.

      "Das sind alles Verrückte", zischelte Milo neben mir. "Und ihr Boss ist der Oberverrückte. Die ganze Zeit über hatten wir es mit gewieften Waffenschmugglern großen Stils zu tun. Und jetzt scheint bei denen der helle Wahnsinn zu regieren."

      "Es mag daran liegen, dass der Boss gewechselt hat?", vermutete ich.

      Ich dachte wieder daran, dass zumindest zwei der Gangster den Slang von der Westküste sprachen. Ein wichtiger Hinweis?

      Wir waren oben.

      Ich trat die Tür zur Kommandobrücke auf und ging in Deckung neben die Türöffnung.

      Von drinnen wurde prompt geschossen.

      Milo war auf der anderen Seite. Er gab mir ein Zeichen, sobald die Gangster drinnen eine Feuerpause machten, und sprang geduckt vor die offene Tür. Dabei gab er in das Innere der Kommandobrücke mehrere Schüsse ab.

      Ich sprang an ihm vorbei hinein.

      Sie waren zu dritt. Einer war vollauf mit dem Ruder beschäftigt. Er drehte daran wie ein Verrückter. Der zweite stand an den Kontrollen für die Turbinen. Der dritte wurde von den Schüssen aus Milos Waffe in Deckung gezwungen.

      Als ich mich weiter vorwagte, legte er auf mich an.

      Ich war schneller und schoss ihn kampfunfähig.

      Er schrie auf und verlor seine Waffe. Mit verzerrtem Gesicht griff er sich an die Schulterwunde.

      Der am Ruder ließ sich nicht beirren. Er wollte mit dem Schiff ablegen. Das hatte er sich in den Kopf gesetzt, und das Kämpfen wollte er den anderen beiden überlassen.

      Der an den Kontrollen für die Turbinen ließ von der verwirrenden Anordnung von Schaltern und Hebeln ab und warf sich herum. Dabei brachte er seine Waffe in Anschlag.

      Er wollte nicht aufgeben, auch jetzt noch nicht.

      Meine Kugel traf seinen Oberarm. Er ließ die Waffe fallen. Der Treffer trieb ihn halb über die Kontrollen. Dabei verstellte er ungewollt einige Schalter und Hebel. Das Schiff schüttelte sich, als wäre es darüber unwillig.

      Der Mann am Ruder brüllte außer sich: "Verdammter Mist!" Und: "Ihr verfluchten Schweine!"

      Milo und ich mussten ihn mit Gewalt vom Ruder wegzerren.

      "Wie ich schon sagte", meinte Milo: "Alles Verrückte."

      Ich machte über Funk Meldung.

      Offenbar hatten wir alle restlichen Gangster vom Schiff. Um ganz sicher zu sein, schwärmten die Kollegen aus, um jeden Winkel zu durchsuchen.

      6

      Es wurde niemand sonst mehr gefunden.

      Wir forderten Krankenwagen an für die Verletzten - und auch für die Toten.

      Als wir uns vor dem Abtransport mit den Überlebenden der dramatischen Aktion näher beschäftigten, gaben sie sich überwiegend verstockt. Das hieß, unsere Fragen beantworteten sie höchstens mit Beschimpfungen. Nein, die würden jegliche Aussage verweigern. Sie schienen vor ihrem Boss eine gehörige Angst zu haben. Die hätten lieber ihr Leben gelassen, als ihn zu verraten.

      Aber eines fanden