Doch nicht nur in Bezug auf die Krönungen, was gleichzeitig auch Vergöttlichungen sein sollten, hatte der Isched-Baum seinen Platz. Der Isched-Baum hatte auch kosmische Züge und spiegelte die Welt der Dualität, d. h. des Lichtes und des Schattens, ähnlich wie Sephiroth und Qlippoth.
So erkennt man, dass die damaligen Hochkulturen sehr deutliche Beteiligungen an dem hatten, was man heute den Sephiroth nennt. Doch man darf nie vergessen, dass letztlich der Sephiroth ein Symbol ist, welches die Illusion eines Prinzips darstellt. Man kann mit dem Symbol arbeiten, es aber auf keinen Fall mit dem Prinzip gleich setzen.
Das Symbol des Sephiroth hilft dem Menschen etwas Greifbares zu haben, etwas, dass die Ratio anfassen kann und so erkennen kann, dass selbst sie hinter das Symbol schauen kann, um einen Blick auf das Prinzip zu bekommen. Ein Schlüssel-Schloss-Prinzip wird hier gegeben. Erschließe die Sphären, um dich zu erkennen und zu öffnen. So heißt es z. B. in kabbalistischen Texten, dass der Geist des Herrn sich auf den Menschen niederlässt, sodass der Geist der Weisheit (Chokmah) und der Einsicht (Binah), der Geist des Rates (Chesed) und der Stärke (Geburah), der Geist der Erkenntnis und der Ehrfurcht (Tiphereth) den Menschen beseelt.
Weiter heißt es, dass Gott die Größe (Chesed) und die Kraft (Geburah), der Ruhm (Tiphereth) und der Glanz (Nezach) und die Hoheit (Hod) ist, welche in den Himmeln der Fundamente (Yesod) das Königreich (Malkuth) schafft, auf dass sich der Gott hinaus über die Krone (Kether) hebt, um alles zu sein. Denn Gott hat die Erde (Malkuth) mit Weisheit (Chokmah) gegründet und mit Einsicht (Binah) in den Himmeln gesichert, sodass durch das All-Wissen (Daath) die tiefen Quellen hervor treten und als sanfter Regen von den Wolken herab fallen.
Durch diese Bildsprache wird einfach der Sephiroth erklärt. Es ist eine kurze und anscheinende Reise durch die einzelnen Sephiroth, sodass man die Attribute der Sephiroth lesen kann. Ein „lesen“ ist jedoch kein „verstehen“ bzw. „verinnerlichen“.
Hier einmal kurz aufgenommen:
Kether (Krone)
Chokmah (Weisheit, Klugheit, Geschicklichkeit)
Binah (Einsicht, Verstand; analytische Intelligenz)
Chesed (Liebe, Gnade, Gunst) bzw. Gedulah (Langmut, Geduld).
Geburah (Stärke, Macht, Sieg, Gerechtigkeit)
Tiphereth (Verherrlichung, Ruhm, Pracht, Schönheit)
Nezach (Dauer, Beständigkeit, Sieg; Ruhm, Glanz, Blut, Saft)
Hod (Pracht, Glanz, Majestät)
Yesod (Gründung, Grund, Grundstein, Grundlage)
Malkuth (Königreich, Herrschaft, königliche Würde, Regierung).
Daath (Wissen, Abyss, Abgrund, Begegnung, die innere Stimme)
Die Übersetzungen der einzelnen Sephiroth zeigen sehr deutlich, dass es sich um „Urbilder“, also um Archetypen handelt. Es sind alles Eigenschaften, die man in sich selbst ausbilden muss, um sich selbst zu vergöttlichen. Durch den Aspekt der Archetypen kommt man sehr schnell darauf, dass jede Sephirah einen eigenen Sephiroth hat, d. h. erst wenn ich den Sephiroth der Sephirah Malkuth erkannt, bereist und verinnerlich habe, kann ich wirklich sagen, dass ich zu der Sephirah Yesod vorstoße. Somit muss also eine Selbsterkenntnis vorangehen, um überhaupt ernsthaft daran zu denken, mit Yesod zu arbeiten. Doch die einzelnen Archetypen sind alles nur Reflexionen, welche wieder nur Illusionen sind, Illusionen, die aus dem „Einen“ kommen, aus Kether. Es ist wieder das alte Spiel zwischen Symbol und Prinzip. Diese Illusionen sind nur Hilfsmittel, Krücken, die einem ein Beistand sein können. Erkennen, verstehen, verinnerlichen und auch leben, sind die Ziele der einzelnen Sephiroth. Denn neben den Archetypen sind diese Bezeichnungen auch göttliche Wesen. Chesed ist z. B. ein Gott der Gnade, der Fülle, des Glücks (bzw. Schicksals) und der Hilfsbereitschaft.
Man muss jedoch den Sephiroth als Einheit sehen, d. h., die einzelnen Sephiroth sind nicht Fragmente, die für sich selbst perfekt sind. Es sind einfach nur Fragmente, die aus einem höheren Zustand kommen und mit deren Hilfe man diesen höheren Zustand begreifen kann.
Man kann also die einzelne Sephirah analysieren, jedoch nur unter Berücksichtigung des gesamten Sephiroth verstehen.
Wenn man will, kann man jede einzelne Sephirah die Kraft einer „Idee“ bzw. einer „Energie“ zuordnen. Es sind die einzelnen Bestandteile, die Fragmente des Einen, sowie auch die ganzen Naturkräfte wieder Fragmente einer übergeordneten Energie sind. Die einzelnen Kräfte geben einen Eindruck des Gesamtbildes wieder. Wobei es „nicht nur“ ein Eindruck ist. Vielmehr sind es Teilgebiete, vergleichbar mit der elektromagnetischen Schwingung. Ein Fragment davon ist das Licht, UKW, LW, Mikrowelle oder auch die Gammastrahlung. Alles zusammen ist das elektromagnetische Spektrum, man würde aber nicht auf die Idee kommen zu sagen, dass das Licht das elektromagnetische Spektrum ist. So verhält es sich auch mit dem Sephiroth und den einzelnen Sephiroth.
Wenn man mit dem einzelnen Sephiroth beginnt zu arbeiten, wird man ein besseres Verständnis des Ganzen bekommen. Man kann in das Symbol, und zum Teil auch hinter das Symbol, des Sephiroth schauen, immer darauf bedacht, sich daran zu erinnern, dass das Schauen auf das Symbol nicht das Prinzip des Symbols ist. Daher ist das Verständnis, der jeweiligen Struktur des Sephiroth, für den strebenden Kabbalisten essenziell, denn wenn man sich einmal den Sephiroth ansieht, wird man in sehr vielen Büchern auf sehr viele Erklärungen, Metaphern und Sinnbilder bzw. auf menschliche Darstellungsversuche, stoßen. Doch bevor man sich mit diesen Metaphern wirklich auseinandersetzen kann, sollte man die sich mit der Struktur des Sephiroth auseinandersetzen.
Die Struktur des Lebensbaums
Der Sephiroth, bzw. „ein“ Baum des Lebens, taucht in sehr vielen Kulturen auf, egal ob es nun in der sumerischen, ägyptischen, nordischen oder hebräischen Kultur ist. Da der Sephiroth ein sehr wichtiger Bestandteil der jüdischen Lehre ist, ist es wichtig noch einmal kurz zu rekapitulieren, wo und wann der Sephiroth, direkt oder indirekt, erwähnt wurde. Eine der ersten Erwähnungen findet man in der Tora, als „Gott“ im Garten Eden allerlei Bäume erschuf, u. a. den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis. Von beiden Bäumen durfte der Mensch (Adam Kadmon) nicht essen, da die Erkenntnisse, die daraus folgen würden, zu viel Macht bedeuten würde. Dass diese Aussage unsinnig ist, wie die ganze Verbotsgeschichte, möchte ich hier einfach unkommentiert lassen. Viel wichtiger ist der Hinweis der beiden Bäume in Bezug auf die Bezeichnung. So erlangt man durch den einen Baum das Leben und durch den anderen Baum die Erkenntnis. Hierdurch kann man einen ersten mystischen Blick auf die gesamte Schöpfung unserer Dimension werfen. Es wird durch die Kombination der beiden Bäume zu einem einzigen Baum (der Sephiroth) die Geheimnisse der Schöpfung aufgezeigt. Mit insgesamt zehn Kräften (jede Kraft ist eine Sephirah) wurde eine Welt, ein Dimensionsreich, erschaffen, in dem das Gesamtwesen „Mensch“ agieren kann. Mit dem Gesamtwesen „Mensch“ sind natürlich auch die energetischen Körper gemeint, da der Mensch mit seinem vollen Bewusstsein maximal die Sephirah Tiphereth erreichen kann, in welcher er sich mit seinem höheren Selbst vereint und letztlich das dreidimensionale Leben endlich aufgeben kann.
Die zehn grundsätzlichen Kräfte des Sephiroth halten alles, was der Mensch mit seinem Gesamtwesen erreichen kann, in Bewegung, d. h., es sind die Räder der Evolution. Sie fließen, sie rotieren, sie bewegen sich in alle Richtungen, sodass man sie kombinieren, mischen und nutzen kann, wodurch eine individuelle Anwendung des Sephiroth möglich ist. Dadurch, dass jede Sephirah ihren eigenen Sephiroth hat, kann der Mensch durch diese Erkenntnis sein ganzes Leben zum „Besseren“ ändert, wobei das „Bessere“ immer im Auge des Betrachters liegt, was letztlich auch wieder ein kosmischer Anteil ist. Eine oberflächliche