Dazu gehörten ziemliche Klopse: Ich sollte mich zu absoluter Verschwiegenheit verpflichten, durch eine zweite Unterschrift übrigens, auch gegenüber „Betriebsgeheimnissen“, die mit dem Gesetzbuch im Widerspruch stehen könnten. Im Klartext: ich soll Verbrechen decken, und möglicherweise auch als Mittäter aktiv werden. Ich hatte das schon damals durchaus so verstanden, mein IQ ist schließlich über dem Durchschnitt, aber ich hatte es trotzdem verdrängt, bzw. hierbei zunächst nur Schlüpfriges im Sinn. Und damit lag ich ebenfalls durchaus richtig.
Es waren noch weitere heikle Klauseln in dem nochmals gewachsenen Vertragswerk, auf die ich hier nicht näher eingehen werde, nur zu einer noch etwas, die sich als Falle erwies, in die ich sehenden Auges hineinschritt. Seltsamerweise kam mir nicht in den Sinn, an dem Vertrag etwas zu ändern, oder nachzuverhandeln. Dieser Gedanke kam mir gar nicht, muß ich gestehen. Das hätte ich sicher versuchen sollen. Die Klausel, mit der er mich aufs Kreuz gelegt hat, sowohl im übertragenen Sinne als auch buchstäblich, war der kleine Passus:
„Während der Dienstzeit trägt die Arbeitnehmerin ausschließlich Dienstkleidung. Die Dienstkleidung wird vom Arbeitgeber gestellt. Die Reinigung bzw. Reinigungskosten werden vom Arbeitgeber übernommen. Die Umsetzung dieser Regelung hinsichtlich der Reinigung bzw. Reinigungskosten werden entsprechend der Bedürfnisse des praktischen Arbeitsalltags geregelt. Ein pauschaler Reinigungskosten-Zuschuß zur Abgeltung der Reinigungskosten ist möglich.“
Ich hab das natürlich so verstanden, wie jede Frau es verstehen würde: Der Boß spendet nicht nur die Klamotten, sondern zahlt auch noch für die Reinigung. Was will Frau mehr? Das war natürlich etwas blauäugig. Die Konsequenzen sollte ich in den nächsten Tagen erfahren.
Ich war also am Montag pünktlich um acht Uhr da. Wieder empfing mich die Haushälterin, die mir bei dieser Begrüßung noch freundlicher erschien. Sie kam mir die Treppe hinunter entgegen, um mich an der Hand nach oben zu begleiten und sagte, wir wären nun ja gleichsam Kolleginnen, und sie freue sich sehr, daß ich die Stelle angenommen habe. Ich würde es bestimmt nicht bereuen. Sie führte mich in ein kleines Zimmer, wo wir an einem antiken Tisch Platz nahmen. Sie bat mich um den von mir gegengezeichneten Arbeitsvertrag. Kurz irritierte mich, daß sie ihn sogleich durchblätterte und prüfte, ob ich auch beide Unterschriften geleistet hatte. Ich dachte dann, gut, Herr Lukas hat sie wohl damit beauftragt, weil er sonst vielleicht niemanden hatte. Seine Sekretärin sollte ich ja erst noch werden. Die Haushälterin, sie nannte mir jetzt ihren Namen, Michaela, einen Nachnamen nannte sie nicht (und ich fragte auch nicht danach), erklärte, Herr Lukas wäre ab zehn Uhr für mich da, würde mir dann meinen Arbeitsplatz zeigen und mir erste Aufgaben geben. Ob er einen Termin habe? Nein er fängt immer zwischen 9:30 und 11:00 Uhr an. Michaela sagte dann, ich bräuchte mir keine Sorgen machen, die zwei Stunden würden schnell vergehen. Und es ist doch sowieso bezahlte Arbeitszeit.
Nun ja, dachte ich mir, länger Schlafen würde meinem Teint auch gut tun. Als ob sie meine Gedanken erraten hätte, sagte die Haushälterin Michaela, ich könnte ausgiebig das Bad nutzen, das ich ja schon kenne, für Handtücher und alles andere würde sie schon sorgen, aber vorher habe sie noch kurz etwas mit mir zu besprechen. Sie holte einen DIN-A4-Hefter hervor und entnahm wieder Formulare. Sie spielte sozusagen auch die Rolle der Personalabteilung. Das eine betraf solche Dinge wie Kontoverbindung für die Gehaltsüberweisung, Rentenversicherungsnummer, Krankenkasse, Steuerklasse, etc. Beim zweiten mußte ich schlucken. Das waren Gesundheitsfragen, darunter auch sehr intime Fragen, inklusive der Klausel, die ich unterschreiben mußte, daß ich bereit war, mich von einem Betriebsarzt untersuchen zu lassen. Das war eine Ärztin, eine Frauenärztin genauer gesagt, und die Untersuchung fand dann auch knapp zwei Wochen später direkt vor Ort statt. Was sagt man dazu?! Aber darüber will ich später erzählen.
Dann kam ein Blatt für mein Konfektionsgrößen. Ich guckte wieder irritiert, aber Michaela klärte mich auf: Ich hätte doch sicher die Regelung über die Dienstkleidung gelesen. Ja, in der Tat. Etwas verschwörerisch sagte sie dann zu mir, ich müsse das unbedingt ernst nehmen, Herr Lukas sei da sehr eigen und sehr streng. Was anderes als Business-Kleidung komme ihm nicht über die Türschwelle. wenn ich in der Probezeit die Kündigung wollte, bräuchte ich ihm nur mal in Jeans unter die Augen zu treten. Aber sie würde schon Acht geben, daß das nicht passiert.
Dann erzählte sie mir eine kleine Anekdote: Sie wohne ja in dem Haus und sie darf selbstredend auch Besuch empfangen – natürlich nur in ihrer Freizeit. Aber auch in ihrer Freizeit darf sie nicht herumlaufen wie sie will, wenn Herr Lukas anwesend ist. Das komme zum Glück nicht oft vor, weil sie praktisch immer dann mal frei hat, wenn Herr Lukas auf Reisen ist, und das ist er häufig. Dafür muß sie, wenn er hier ist, auch nachts um Elf in ihrer Haushälter-Uniform herumlaufen. Einmal habe sie mit Freunden eine Radtour unternehmen wollen, und war entsprechend sportlich gekleidet, da wäre er regelrecht ausgeflippt, als er sie so durchs Haus gehen gesehen hatte. Er sei rot angelaufen und habe gebrüllt, das die Wände wackeln. Sie habe ihn selten so erlebt – für einen völlig nichtigen Anlaß. Das sei, meinte sie, nicht normal. Aber wenn man sich an seine geschriebenen und ungeschriebenen Regeln halte, könnte man sich in der Villa Gabelstein ein schönes Leben machen.
Jetzt wußte ich auch, wie dieses Anwesen heißt. Und das ich es wohl mit einem cholerischen Pedanten zu tun hatte, eine Eigenschaft, die mich irgendwie an meinen Ex-Freund erinnerte. Das Unbewußte scheint einen manchmal wirklich zu steuern und einen beispielsweise immer wieder die Nähe zu Menschen ähnlicher Charakter-Deformationen zu suchen.
Nachdem wir den Papierkram durch hatten, war auch schon viel Zeit vergangen, so daß wir den Rest der Zeit mit Kaffeetrinken und Plaudereien verbrachten. Herr Lukas kam dann, zeigte mir meinen Arbeitsraum, ein ziemlich großes Zimmer, das mit ein paar alten und vielen neuen Stücken möbliert war. Ich sollte an einem großen Schreibtisch sitzen, mit modernstem Computer, Telefonanlage und eben allem, was man so als Sekretärin braucht. Sein Büro war nebenan und nicht wirklich größer, nur war es deutlich geschmackvoller eingerichtet, weil das Zimmer ganz mit Holzmöbeln gleichen Stils eingerichtet war. Obwohl auch mein Arbeitsplatz wirklich perfekt war, denn die Büromöbel waren auf Arbeitseffektivität angelegt. Ich fühlte mich wohl, in meinem Sessel. Denn auch ich hatte eher einen Chefsessel, denn einen Schreibtischstuhl. Mit dem konnte man auch eine Menge anstellen.
Beide Büros waren groß genug, um nicht nur Tische, Schränke und anderes typisches Büroinventar unterzubringen, sondern jeweils auch eine kleine Sitzecke, mit Tischchen, Zweisitzer und Einzelsessel. Nur wurden sie selten genutzt. Gäste und Besucher wurden in der Regel im Salon empfangen, manchmal im Speisezimmer oder, seltener, im Musikzimmer. Herr Lukas lud manchmal Musiker zu kleinen Kammerkonzerten ein. Es gab allerdings häufiger andere Arten von Festlichkeiten oder Feiern, bei denen ich eine zunehmend wichtigere Rolle spielen würde. Und das hat er mir damals auch schon so gesagt, ohne das ich im Geringsten geahnt hätte, was mich noch erwarten würde.
Ansonsten passierte diesen Montag nicht viel.
Kapitel 2 – Anfang der Probezeit
Am Dienstag gab es schon gleich eine Überraschung. Ich war Punkt Acht da, und die Haushälterin empfing mich genauso freundlich wie am Vortag. Sie ging mir wieder entgegen. Diesmal fragte ich, warum sie das tue, und sie sagte, oh, das mache sie immer so, das ist ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Jetzt aber führte sie mich direkt ins Bad. Wieder stand ich mitten im Raum und zögerte, was jetzt passieren würde. Diesmal machte sie keine Anstalten zu gehen. Im Gegenteil, sie forderte mich auf, ich solle mich doch schon mal ausziehen, sie würde das Wasser in die Wanne lassen. Während sie zur Wanne ging, die übrigens goldene