Lust für Sadisten. Anne Pallas. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anne Pallas
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750216495
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kannte ihn nur wenig, habe ihn im Queens Club getroffen, als er einem Studenten auf der Herrentoilette den Schwanz gelutscht hat. Ihr Mann war ein super Bläser.“

      „Äh. Bläser?“

      „Sie sollten mit Ihrer Tochter darüber sprechen, die sicher auch eine prima Bläserin ist.“

      „Meine Tochter spielt kein Instrument!“, sagte die Frau energisch und wandte sich ab.

      Jetzt musste er seine Rolle weiterspielen. Also begab er sich zum Sarg und betrachtete den Toten. Der Mann war blass und etwa fünfzig Jahre alt geworden.

      Nachdem er eine Minute neben dem Toten ausgehaart hatte, wandte er sich vom Sarg ab und zum Eingang. Die Sache würde nicht einfach sein. Ganz und gar nicht.

      Er blickte unauffällig auf seine Uhr. Es war bereits kurz vor elf Uhr. Er brauchte dringend ein Versteck. Als er aufatmend aus dem Raum trat, fand er den Korridor leer vor. Vielleicht konnte er sich in einem der anderen Abteile verbergen.

      Aber eine kurze Inspektion zeigte, dass in den drei Räumen Besucher waren, während drei weitere leer und stockdunkel vor ihm lagen. Er beschloss, es in einem der leeren Räume zu versuchen. Dann schlüpfte er mit pochendem Herzen in den nächstbesten und verbarg sich in den weiten Falten des zurückgezogenen Vorhangs. Gerade noch rechtzeitig, denn gegenüber von seinem Versteck, auf der anderen Seite des Korridors, hatte sich eine Türe langsam geöffnet, und nun waren mindestens zwei Leute im Korridor, obwohl nur einer von ihnen sprach. Es war die weiche, dumpfe Stimme des langen, ausgemergelten Bestattungsunternehmers. Die Person, zu der er sprach, ließ außer einem tiefen Grunzen nichts hören.

      Schritte näherten sich seinem Versteck. Es gab ein kaum hörbares Klicken, und zwei Leuchtstoffröhren an der Decke flackerten auf, badeten den Raum in helles Licht. Jemand ging an seinem Versteck vorbei in den Raum. Der Schritt war ungleichmäßig und schleifend, wie wenn der Betreffende ein Bein nachzöge.

      Karakil begriff, dass er in den Falten des Vorhangs ziemlich sicher war, solange er sich nicht bewegte. Aber plötzlich wurde er von Neugierde überwältigt und verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein, schob vorsichtig seinen Kopf zur Seite und spähte hinter dem Vorhang hervor.

      Er sah einen Mann, der weiße Kerzen aus den Ständern nahm, und in einen Sack warf. In seinen Gedanken hatte er das Wort »Mann« gebraucht, aber das war nicht passend. Von hinten sah die hünenhafte, bucklige Gestalt zwar entschieden männlich, aber mehr wie ein deformierter Affe aus. Vornübergebeugt wie er war, konnte man nicht schätzen, wie groß er aufgerichtet und mit geradem Rücken gewesen wäre, aber die Länge der Arme gab einen Hinweis, weil die Fingerspitzen fast den Teppichboden erreichten.

      Er konnte das Gesicht des Mannes nicht erkennen, auch nicht viel vom Kopf, der bis auf eine wirre schwarze Haarmähne zwischen den mächtigsten Schultern vergraben war, die er je gesehen hatte. Während der Bucklige die Kerzen einsammelte, ließ er ab und zu ein leises Grunzen oder Knurren hören. Schließlich begann er sich schwerfällig umzudrehen, und Karakil zog seinen Kopf zurück und verharrte reglos hinter dem Vorhang.

      Das Schlurfen der Füße näherte sich dem Durchgang, dann wurde das Licht gelöscht. Zwei weitere lange Sekunden, und die schleppenden, schlurfenden Schritte entfernten sich im Korridor.

      Karakil rührte sich nicht. Er hörte, wie die Tür gegenüber geöffnet und wieder geschlossen wurde. Gleich darauf wiederholten sich die Türgeräusche. Neues Geschlurfe, dann andere Schritte und die Stimme des Inhabers. Beide entfernten sich durch den Korridor.

      Nun hieß es warten. Er hörte, wie die Eingangstüre von außen verriegelt wurde. Das gesamte Personal schien das Gebäude verlassen zu haben. Er hoffte, endlich allein zu sein.

      Er schlich durch den Korridor und öffnete vorsichtig eine Tür nach der anderen, bis er fand, wonach er suchte: Der schwarze Sarg, an deren Hülle das Siegel des Königs angebracht war, stand verdeckt an der Rückwand des Zimmers.

      Er hatte die Information erhalten, dass in diesem Sarg Sidonia von Borcke während ihrer Aufenthalte in Bukarest die Nächte verbrachte.

      Karakil war neugierig auf die Hexe, die vor vierhundert Jahren verbrannt worden war. Wegen angeblicher Unzucht. Er kannte die Geschichte der attraktiven Adligen, die nach ihrem Tod den Weg in die Hölle des Ostens gegangen war. Dort wurde sie schnell zu einer Ehefrau von König Baal. Und jede Gemahlin erhielt ein Amulett, dass sie als jemand Wichtiges auswies und ihr Schutz gewährte. Dieses Amulett war das Ziel der Schlange. Wenn er es besaß, könnte er sein neugefundenes Nest effektiv schützen.

      Nach dem Diebstahl des Amuletts musste die Hexe beseitigt werden, und einem Unschuldigen die Tat in die Schuhe geschoben werden. Niemand sollte von seiner Existenz erfahren.

      Vorsichtig näherte er sich dem schwarzen Sarg. Er legte den Kopf auf den Kasten und horchte. Ruhe. Die Hexe schien zu schlafen. Das war seine Hoffnung gewesen.

      Er hob den Deckel an und blickte in die entstandene Öffnung. In der Dunkelheit konnte er nur die Umrisse eines Körpers erkennen. Nun spannte er seine Oberarmmuskulatur an und hob den Sargdeckel komplett in die Höhe, der in einer senkrechten Position einrastete.

      Da lag sie vor ihm: Sidonia von Borcke.

      Die Hexe schien tief zu schlafen, die Atmung war flach. Karakil wusste, dass er schnell zu handeln hatte. Ein so hochentwickeltes magisches Wesen besaß einen siebten Sinn, verfügte über Vorahnungen und ein inneres Warnsystem.

      Er beugte sich über ihren Kopf und ließ seine Spucke auf ihre Lippen tropfen. Die Frau öffnete die Lippen und leckte den fremden Speichel ab. Sofort ließ er weitere Spucke in den offenen Mund fließen.

      Karakil, die geflügelte dämonische Schlange, hatte Gift in seinem Speichel, mit dem er sowohl Menschen als auch magische Wesen sowohl körperlich als auch geistig lähmen konnte. Seine Opfer fielen in eine Art Starre und waren dem Angreifer wehrlos ausgeliefert.

      Und die Hexe schluckte unbewusst, während sie tief schlief, das Schlangengift. Es würde nicht lange dauern, und die Frau wäre absolut wehrlos und ihm hilflos ausgeliefert. Seine sadistischen Fantasien drehten Purzelbäumen.

      Als nächstes löste er das Amulett, dass an einer Kette um ihren Hals hing. Dieses magische Artefakt zeigte das Abbild von Baal, dem König der Hölle des Ostens. Kein Dämon würde es wagen, jemanden anzugreifen, der unter dem persönlichen Schutz eines Herrschers der Hölle stand. Er verstaute das Amulett in seiner Jacke.

      Die Mission war erfüllt.

      Nun konnte er seine sadistische Lust befriedigen!

      3

      Sidonia wachte benommen auf, versuchte sich umzudrehen, die Beine und Arme zu sich heranzuziehen, um sich zuzudecken. Die Kälte schien von unten zu kommen.

      Was war passiert, wo war die weiche Unterlage im Sarg geblieben?

      Außerdem brummte der Kopf. Dabei hatte sie keinen Alkohol getrunken. Ihre Arme und ihre Beine schienen ihr nicht zu gehorchen. Die Muskulatur war gelähmt. Eine bleierne Müdigkeit nahm sie gefangen. Sie versuchte, die Finger zu bewegen, den Arm zu heben, oder das Bein auszustrecken, aber nichts gelang ihr. Der Körper war absolut bewegungsunfähig, hilflos, als wäre der Leib betäubt, jedoch der Geist wach.

      Dieser Zustand bereitete ihr Angst. Sie war es gewohnt zu handeln. War sie noch in einem Traum gefangen? In einem Alptraum?

      Fast nackt lag sie bäuchlings auf dem Boden. Jemand hatte sie aus dem Sarg gehoben. Eine ganze Weile passierte gar nichts, bis sie beschloss aufzuwachen. Das war normalerweise kein Problem, da sie als hochentwickelte Hexe ihre Träume ganz gut steuern und immer, wenn sie es wollte, beenden konnte.

      Als nichts passierte, versuchte sie erneut die Finger zu bewegen, aber es gelang nicht. Sie wollte den Mund öffnen, etwas sagen oder knurren, auch damit hatte sie keinen Erfolg. Sie konnte keinen Zauberspruch murmeln, da die Zunge nur ein lebloses Stück Fleisch war. Das ist ein verflucht realistischer Traum, stellte sie fest und überlegte,