Der Fluch des Todes. Christian Bass. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Bass
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750205673
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Jedoch kam er nicht umhin, dem alten Mann einen kurzen, ungläubigen Blick zuzuwerfen. Dabei realisierte er, dass dieser ihm einen Schlüßel hinhielt.

      Erst jetzt bemerkte er, dass die Vitrine verschlossen war, daher nahm er den Schlüßel entgegen und schloss vorsichtig – damit er ja keine verwertbaren Abdrücke auf der Staubschicht hinterließ, auch wenn es kaum umgänglich war – die Vitrine auf. Sobald der Schlüßel sich knackend im Schloß herumdrehte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er bereute für einen kurzen Moment diesen Schritt. Doch zur Umkehr war es nun zu spät.

      Obwohl die ganze Vitrine mit Staub bedeckt war, die beiden Teddybären waren es nicht. Im Gegenteil, sie wirkten richtig sauber und gepflegt, so als würden sie erst seit wenigen Minuten in diesem Ding eingesperrt sein.

      Der Graf musste ihn belogen haben, nach Strich und Faden belogen haben, schoss es dem Killer durch den Kopf. Wieder und wieder immer der gleiche Gedanke. Flucht. Weg hier. Flucht. Doch diese Blöße wollte Sam sich nicht geben. Nein, er hatte diesen Auftrag angenommen und solange es keine klaren Anzeichen – abgesehen von den Hirngespinsten eines alten Mannes – einer Gefahr gab, würde er diesen auch zu Ende bringen. Egal, was es mit dieser eigentümlichen Teddygeschichte auf sich hatte.

      Er musste sich beruhigen. Verdammt. Das war doch nicht mehr normal. Zweifach Verdammt. Sam hielt inne und atmete einmal tief durch. So etwas war ihm bisher noch nie passiert; er hatte es nicht einmal für möglich gehalten, dass ihm so etwas wiederfahren konnte. Was war nur auf einmal mit ihm los?

      Er verstand seine Angst nicht. Eine Gefahr schien hier nicht auf ihn zu warten, ganz gewiss nicht. Konnte es einfach sein, dass Jobmüde wurde? Vermutlich, was anderes konnte es nicht sein. Er schloss seine Augen, nahm sich fest vor, dass dies sein letzter Mord werden würde, dann öffnete er sie wieder.

      Der Killer verbannte seine Angst in die hinterste Ecke seines Kopfes und zog die Glastür der Vitrine auf. Er musste einfach einen dieser Stoffwesen wenigstens einmal berühren, bevor er sich erneut an Sir Henry wandte, um die letzten Details des Mordes zu klären.

      Er nahm einen der beiden Teddybären heraus. In dem Moment als er ihn berührte, brach ihm der kalte Angstschweiß aus und lief sturzbachartig seinen Rücken hinab. Sein Herz erhöhte die verdoppelte die Schlagzahl und seine Finger begannen zu zittern. Von diesen Kuscheltieren ging eine gewaltige Aura aus; die Aura des Bösens. Die Aura des Todes, des Teufels.

      Aber dies war noch nicht einmal das Schlimmste, obwohl sie ihn bereits um seinen Verstand fürchten, sondern die Art, wie sie sich anfühlten. Eigenartig. Genauer konnte er es noch nicht definieren. Sofort ließ er den Teddy wieder los.

      „Sir Henry, hatten sie diese beiden Teddys jemals in der Hand?“, presste Sam Hohlbein geschockt hervor.

      „Nein“, antwortete dieser, „aber ich weiß, was Sie meinen Sam. Niles, mein Butler, hat mir kurz vor seinem schlimmen ‚Unfall‘ erzählt, dass sich die beiden nicht wie Teddys anfühlten, sondern wie ...“

      „... zwei reale Lebewesen.“ vollendete er den Satz. Und genauso fühlten sie sich tatsächlich an. Aber das konnte doch nicht sein; das war einfach unmöglich. Sam hielt kein kuscheliges Stofftier in seiner Hand, sondern ein eigenständiges Lebewesen. Das Fell war nicht kuschelig weich, sondern rauh und struppig. Und er konnte spüren, wie etwas in dem kleinen Körper pulsierte, dennoch ließ nichts darauf schließen, dass der Bär atmete, lebte.

      Geschockt starrt der Killer das vermeintliche Stofftier an, nicht in der Lage, diese Erkenntnis zu verarbeiten. So etwas hatte er noch nie erlebt. Das durfte es einfach nicht geben.

      Angewiedert wollte er den Bär wieder zurück in die Vitrine stellen, dabei rutschte er ihm aus der Hand und fiel hinab auf den Boden. Sofort konnte er eine kleine, hohe Stimme vernehmen, die sich über den Aufprall beschwerte.

      Sam warf einen verwunderten, fragenden Blick auf Sir Henry, suchte nach einer Bestätigung, dass er sich dieses ‚Geräusch‘ nicht nur eingebildetet hatte und fand sie auch in dessem aschfahl gewordenem Gesicht.

      Er hatte es sich also nicht eingebildet.

      Noch bevor einer von ihnen etwas sagen konnte, stand der kleine Teddy auf und torkelte mit seinen kurzen Beinen auf Sam zu. Instinktiv zog er seine Smith & Wesson und wich ein paar Schritte zurück, um eine bessere Schussbahn zu bekommen.

      Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Das lebendige Kuscheltier war schneller, als er vermutete, erreichte sein Hosenbein und kletterte behändig daran hinauf.

      Geistesgegenwärtig schüttelte Sam Hohlbein sein Bein so stark wie er konnte. Das Wesen, welches nicht darauf vorbereitet war, verlor seinen Halt und wurde wuchtig in die Zimmerecke geschleudert. Dort blieb es erst einmal regungslos liegen.

      Für einen kurzen Moment flammte in Sam die Hoffnung auf, dass er den Teddy damit erledigt hatte.

      Geschockt starrten die beiden unterschiedlichen Männer auf den Teddybären, unfähig das Erlebte zu verarbeiten. Sam erholte sich am Schnellsten aus seiner Starre, schüttelte diese ab, hob seine Waffe an, zielte auf den Kopf des Teddys und drückte ab.

      Laut krachte der Schuss durch den kleinen Raum.

      Kaum hatte der Killer abgedrückt, kullerte der Bär sich zur Seite und entging so der Kugel. Erneut rappelte er sich auf und torkelte auf Sam zu.

      Dieser zielte erneut, drückte hastig ab und wieder wich der Teddy im letzten Moment der Kugel aus.

      Sam grinste breit. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Schuss traf, sondern genau mit dieser Reaktion. Nun ahnte er, dass er das Wessen mit einem Schuss erledigen konnte und mehr wollte er nicht wissen.

      Hastig wich er ein paar Schritte zurück, hielt dabei aber den Lauf der Smith & Wessen auf den Bären gerichtet und wartete. Wartete auf die richtige Gelegenheit. Eine eisige Ruhe befiel ihn, als er die Bewegungen des unnatürlichen Lebewesens studierte.

      Der Teddy hatte bereits die Hälfte der Distanz zurückgelegt, also Sam hastig seinen Finger krümmte und der nächste Schuss die Stille im Haus zerriss. Diesmal wurde dieser davon überrascht und ließ sich instinktiv zu Boden fallen, aber damit hatte Sam gerechnet.

      Die Kugel striff ihn an der Schulter, Fellklumpen flogen davon und eine schwarze Flüssigkeit trat aus. Er schrie auf, ein Schrei, der den beiden Männern durch Mark und Bein ging.

      Trotzdem musste Sam Hohlbein lachen. Dieser Gegner gefiel ihm. Er war stark, er war geschickt, aber definitiv nicht stärker als er. So einen Gegner hatte er sich schon immer gewünscht. Ein folgenschwerer Irrtum, wie er im Verlauf der Nacht erfahren sollte.

      Sam zielte erneute. Der Schuss. Noch bevor der Teddy überhaupt wusste, wie im geschah, wurde ihm der kleine Kopf vom Rumpf getrennt und flog ein ganzes Stück nach hinten, prallte gegen die Wand, wo er einen feuchten, schwarzen Fleck hinterließ und blieb am Boden davor liegen.

      Der Killer hatte bewusst auf den Hals gezielt, hatte erkannt, dass er diesen mit einem einzigen Schuss vernichten konnte. Triumphierend grinsend jagte er auch noch die letzten beiden Schuss seines Magazins in den nun leblosen Körper und verursachte damit eine ziemliche Sauerei. Zerstückelt blieb der Teddy auf dem Wohnzimmerboden in einer schwarzen Lache liegen, die einen bestialischen Gestank absonderte.

      Sam Hohlbein atmete einmal tief durch, lud seine Smith & Wesson nach. Auch wenn er es noch immer nicht fassen konnte, so langsam war er überzeugt davon, dass diese beiden Kuscheltiere sein Auftrag waren. So verrückt es war, die Geschichte von Sir Henry schien wahr zu sein. Obwohl er es nun mit eigenen Augen erlebte, wollte ein Teil seines Verstands es noch immer nicht wahr haben. So etwas konnte es einfach nicht geben. So etwas war einfach unmöglich. Und doch, es existierte, wenn er nicht gänzlich seinen Verstand verloren hatte.

      Vorsichtig hob er den zweiten Teddy aus der Vitrine und schleuderte ihn mit Wucht gegen die Wand. Augenblicklich kreischte das Stofftier auf, sackte benommen an der weißen Tapete hinab und blieb auf dem Boden liegen. Sam ließ ihn gar nicht erst wieder zu sich kommen, sondern jagte ihm sofort zwei Schüsse hinterher.

      Der erste Schuss verfehlte sein Ziel, traf gegen die